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Stellungnahmen eingegangen. Bei einigen haben uns die Autor:innen erlaubt, sie hier zu veröffentlichen:
Name Stellungnahme an die Staatsanwaltschaft
Sonja Manderbach Mit Fassungslosigkeit und Sprachlosigkeit hat mich die im Raum stehende Anklage nach § 129 StGB gegen Bürger*innen im zivilen Widerstand gegen die Zerstörung von Lebensgrundlagen unter dem Namen "Letzte Generation vor den KippPunkten" erfüllt.

Es kann doch nicht wahr sein, dass friedfertig Protestierende, die unignorierbar wie ein Feueralarm den fossilen Alltag stören, um darauf aufmerksam zu machen, dass die Welt wirklich brennt, was Fachleute fortwährend bestätigen, mit organisierten Kriminellen, die vor Morden zugunsten von persönlichem Profit nicht zurück schrecken, gleichgesetzt werden!

Zunächst zu den Bestätigungen: Am 11. April 2023 hat mich nach einem Vortrag von mir über die Dringlichkeit der Klimakatastrophe und die Gefahr von KlimaKippPunkten und über Forschungsergebnisse zu gesellschaftlichen Transformationsprozessen in der Geschichte der Menschheit ein Mann aus dem Publikum angesprochen, der meinte: "Ich bin Förster. Im Harz. Und ich weiß, dass es brennt. Danke, dass Letzte Generation ein so starker Feueralarm ist."

Der Weltklimabericht (IPCC-Bericht), Scientists for Future, Scientist Rebellion, namhafte Klimaforscher*innen wie Prof. Schellnhuber, Prof. Rahmstorf, Prof. Latif und tausende weitere appellieren seit 1972. (Club of Rome. Die Grenzen des Wachstums) Und mit jedem IPCC-Bericht, wie auch mit dem alljährlichen Weltrisikobericht wird nur immer deutlicher, dass die früheren Prognosen eher zu optimistisch als zu pessimistisch waren.

Der UN-Generalsekretär der Vereinten Nationen wird häufig mit seiner Aussage zitiert, dass Klima-Aktivist*innen immer wieder kriminalisiert und als gefährliche Radikale bezeichnet werden, dass die wirklichen Kriminellen und gefährlichen Radikalen aber die Regierungen und Konzerne sind, die am fossilen Weiter-so festhalten und damit die Lebensgrundlagen aller Kinder, aller zukünftigen Generationen, aller Menschen im globalen Süden und letztendlich auch aller anderen Arten zerstören. Wir sprechen im Kontext KlimaKatastrophe von der größten Herausforderung der Menschheit, weil die Klimakrise alle anderen globalen Multikrisen verstärkt und zum Teil untrennbar mit ihnen zusammenhängt: Vom Artensterben / Massensterben bzw. Biodiversitätskrise, Ökozid bzw. Zerstörung von Lebensräumen und Lebensgrundlagen wie Nahrung und Trinkwasser über globale und nationale soziale Ungerechtigkeit durch das Auseinanderziehen der Schere zwischen Superreich und Extremarm bis hin zum Pflegenotstand, Bildungsnotstand und der Demokratiekrise, die durch Rechtsruck, Faschismus, Rechtsextremismus bedroht wird.

Deshalb wurden ja die 17 Ziele der Nachhaltigkeit vereinbart. Deshalb gibt es ja das völkerrechtlich bindende Pariser Klima-Abkommen. Und darauf basierend das deutsche Klimagesetz, das wissenschaftlich nachgewiesen nicht hinreichend ist und zudem noch gebrochen wird, was das Bundesverfassungsgericht bestätigt hat!

Basierend auf der Tatsache, dass demokratische Grundrechte historisch größtenteils mit friedfertigem zivilem Widerstand erkämpft wurden - vom Frauenwahlrecht und den demokratischen Rechten für Afroamerikaner*innen über das Ende von Apartheitspolitik und Kolonialherrschaft bis zum Ende der DDR-Diktatur und der sicherheits- und gesundheitsgefährdenden Atomkraft - macht es doch wirklich überhaupt gar keinen Sinn, friedlich protestierende Bürger*innen, die sich zurecht auf das Grundgesetz berufen - Artikel 8, Artikel 20a, Artikel 20.4 - und die gemeinnützige Forderungen stellen, mit Kriminellen und Terroristen zu vergleichen.

Überdies in einem Jahr, dessen Nachrichten von Bauernprotesten, die brennende Barrikaden erstellen, durch welche keine Rettungsgasse mehr hindurch führen kann, die nachts Mist auf die Autobahn kippen, wodurch de facto Menschen zu Schaden kommen, die Forderungen zu ihrem persönlichen Vorteil stellen, die Galgen erstellen und mit Rechtspopulismus Stimmung in der Bevölkerung machen - neben streikenden Lokführern, die für ein im gesamtgesellschaftlichen Vergleich mit Altenpfleger*innen, Hebammen, Krankenschwestern usw. relativ hohes Einkommen noch bessere Arbeitsbedingungen und weniger Arbeitsstunden haben möchten und dafür immer mal wieder die halbe Republik lahm legen.

Alle drei Gruppen wenden dieselbe Methode an: Verkehrswege blockieren.

Bei den beiden, die für ihren eigenen Vorteil kämpfen und dabei Nachteile für andere billigend in Kauf nehmen, scheint das völlig in Ordnung zu sein. Mir ist nicht bekannt, dass der Bauernverband mit Razzien, Hausdurchsuchungen, Hass, Hetze, Kriminalisierung bedacht wurde. Ebenso wenig weiß ich von Hausdurchsuchungen bei Gewerkschaftsführer Klaus Weselsky der GDL. Mir kann aber niemand weismachen, dass diese methodisch sehr ähnlichen Proteste nicht auch geplant und organisiert und vorbereitet werden.

Es gibt einen gravierenden Unterschied zwischen Zivilem Widerstand / Zivilem Ungehorsam und Terror / Demagogie oder organisierter Kriminalität. Dieser Unterschied ist sowohl im Auftreten und Verhalten der Protestierenden als auch in ihrem Vokabular und ihrer Methodik - keine Gewalt gegen Menschen und andere Lebewesen! - als auch in ihren (gemeinnützigen ODER egoistischen) Forderungen zu erkennen!

Um neben Antonio Guterres, dem Generalsekretär der vereinten Nationen und oben genanntem Förster noch zwei andere Männer zu zitieren, komme ich noch auf Prof. Rahmstorf und Prof. Quaschning zu sprechen.

Prof. Rahmstorf fragte schon 2022, ob in der Politik eigentlich irgendjemand ernsthaft darüber nachdenkt, die Straßenblockaden durch effektive Klimapolitik zu beenden, anstatt nach dem To-Kill-The-Messenger-Prinzip friedfertige Bürger*innen zu kriminalisieren.

Prof. Quaschning erklärte in seinem Video "Quaschning erklärt Klimakleber" - https://www.klimareporter.de/protest/quaschning-erklaert-klimakleber - dass er zuerst auch sehr skeptisch im Bezug auf die Wirksamkeit der Protestform von Letzte Generation war, weil er dachte, dass man so keine Mehrheiten bilden könne. (Auch hier zeigt sich übrigens: Bauern die aggressiv FÜR fossile Subventionen, die der Allgemeinheit und den zukünftigen Generationen schaden, aber ihnen persönlich kurzfristig nutzen, können sehr effektiv mithilfe von Straßenblockaden ihre egoistischen Forderungen durchdrücken. Bürger*innen, die fordern, dass es verboten wird, genießbare Lebensmittel aus Profitgier zu vernichten, während Menschen bereits hungern, und während der CO2-Abdruck des Lebensmittelmülls 4% anteilig an der Zerstörung der Lebensgrundlagen künftiger Generationen ausmacht, werden kriminalisiert und als Kriminelle, Terroristen, "Klima-RAF", "Klima-Taliban" etc. bezeichnet, was die Bevölkerung gegen sie aufhetzt und der Bevölkerung fälschlicherweise vormacht, die Proteste seien sachlich nicht gerechtfertigt. Sie sind es!)

Volker Quaschning kommt in seinem Video zu dem Schluss, dass die "Klimakleber" der Gesellschaft einen Spiegel vorhalten. Und was darin zum Vorschein kommt, ist richtig hässlich. Da wird mit Kanonen auf Spatzen geschossen. Da gibt es Polizeigewalt und viel zu hohe Repressionen, Hass und Hetze. Sogar Spitzenpolitiker*innen und Regierungsmitglieder, die sich dazu als Vorbilder nicht hinreißen lassen sollten, beteiligen sich daran.

Hier muss die Justiz die Ordnung wieder herstellen! Indem sie unmissverständlich für die gesamte Bevölkerung klarstellt:
Ziviler Widerstand gegen die de facto stattfindende Zerstörung von Lebensgrundlagen und zur Erhaltung der Demokratie, die durch den immer stärker werdenden Rechtsdruck im Kontext Klimakatastrophe bedroht ist, ist NICHT kriminell!

Buchtitel dazu:

Demokratie im Feuer
https://www.penguin.de/Buch/Demokratie-im-Feuer/Jonas-Schaible/DVA-Sachbuch/e612161.rhd

Klimarassismus
https://www.piper.de/buecher/klimarassismus-isbn-978-3-492-06399-9

Die Klimaschmutzlobby
https://www.piper.de/buecher/die-klimaschmutzlobby-isbn-978-3-492-31502-9

Wenn die Justiz sogar das Gegenteil dessen macht, was ihre Aufgabe ist - den Rechtsstaat zu erhalten, zu sichern, zu wahren, zu pflegen - dann mache ich mir 2024 noch größere Sorgen um die Zukunft meiner Tochter als Ende 2021. Das beunruhigt mich und sehr viele andere Menschen zutiefst. Hier ist ein klares Signal der Judikative gefragt! Hier muss Entwarnung im Bezug auf friedfertige Bürger*innen gegeben werden und inhaltlich bestätigt werden, dass sie sachlich recht haben: Die Welt brennt. Wir müssen dringend löschen, also sofort effektive Maßnahmen ergreifen. Nichts anderes will die Letzte Generation vor den KlimaKippPunkten erreichen.

Hier stehen Menschen gegen Öl.
Auch ich bin ein Mensch gegen Öl.
Katharina Mühlich Ich grüße Sie in Ihrer Funktion als Anwältin, als Anwalt meines unseres Staates, eingebettet in die europäische Union und Teil der Weltengemeinschaft. Wir sind alle in Verantwortung, wir müssen Antworten geben auf die aktuellen Fragen und als Teil eines demokratischen Miteinanders. Unsere Antworten fallen nicht immer gleich aus, das muss ein demokratisches Systems bedingt aushalten können, sonst ist es keines mehr. Unsere Gesetzgebung die dritte Säule unserer demokratischen Gemeinschaft soll hier das richtige Mass beurteilen.
Sie sollen beurteilen, ob die Tat der Beschuldigten nach §129a zur Anklage kommt, eine Tat, die deutlich machen soll, dass nach einhelliger wissenschaftlicher Meinung jegliche zukünftige Nutzung fossiler Brennstoffe zu globalen Veränderungen führen wird, die unsere Demokratie unseren Staat nachhaltig stören können. Eine Tat, bei der es nicht um eine persönliche Bereicherung geht, im Gegenteil, eine Tat, die relevante persönliche Folgen haben kann, nicht nur juristischer Art. Eine Tat, die kurzfristig das Gut aller über das Gut weniger erhebt, deren Ziele von persönlichen Profite geleitet werden.
Ich bitte Sie eindringlich, sorgen Sie dafür, dass unsere Gerichtsbarkeit sich ihrer Verantwortung für den Wandel bewußt bleibt und
verwerfen Sie die Idee eines terroristischen Aktes!
Mit solidarischen Grüssen
Katharina Mühlich
Felix Turian in der Klimafrage ist drastischer Protest legitim, weil der demokratische Entscheidungsprozess in dieser Frage nur schlecht funktionieren kann. Würden wir Betroffene aus anderen Regionen der Welt und zukünftige Generationen mit uns gemeinsam abstimmen lassen, wäre das Ergebnis eindeutig. Wir würden Gesetze erlassen, die unser aktuelles Leben, unseren Verbrauch unsere Verschwendung einschränken, zugunsten derer, die auch noch eine Lebensgrundlage erwarten und ein Recht darauf haben.
Eine Protestform die diesen Umstand ernst nimmt, muss drastisch sein, um dem beschriebenen Ungleichgewicht im demokratischen Prozess etwas entgegenzusetzen.
Ich bin überzeugt davon, dass es in unserem Rechtsstaat nicht zu einer Anklage wegen der Bildung einer kriminellen Vereinigung gegen die letzte Generation kommen wird.
Joscha Thorn Wenn es wirklich der Fall sein sollte, dass die Organisation von politischem Protest - nicht zur eigenen Bereicherung, nicht zum Machtausbau, nicht um Angst zu verbreiten - als kriminell gebranntmarkt wird, steht der Diktatur Tür und Tor offen. Machen Sie das bitte nicht.