Es sind bereits
2162
Stellungnahmen eingegangen. Bei einigen haben uns die Autor:innen erlaubt, sie hier zu veröffentlichen:
Name Stellungnahme an die Staatsanwaltschaft
nur für die StA sichtbar
ich bin Teil der Zivilbevölkerung und möchte meine Irritation und auch meinen Unmut über die beabsichtigte Anklage mitteilen.
Zwar haben die Personen, gegen die ermittelt wird, Maßnahmen des zivilen Ungehorsams ergriffen und werden dies auch in Zukunft erwägen.Sie stehen mit diesen Maßnahmen doch für konkrete Forderungen ein, die in einem großen Teil unserer Gesellschaft Zustimmung genießen, die Interessen der uns folgenden Generationen stärker in den Blick nehmen als die gegenwärtigen Entscheidungsträger:innen und damit auch mit dem Urteil aus Karlsruhe übereinstimmen. Die Angklagten vertreten nicht Eigeninteressen, sondern setzen sich für das Wohl der Bevölkerung ein.
Einen solchen Einsatz mit einer Anklage nach Paragraf 129 StGB halte ich deswegen nicht für verhältnismäßig und sehe darin eine Beschränkung oder Einschüchterung notwendiger politischer Beteiligung. Insbesondere auch die Achtung von Grenzen, wie die Vermeidung körperlicher und emotionaler Schädigung der Betroffenen solcher Proteste, sprechen gegen die Erhebung einer Anklage.
Ich hoffe, dass Ihre Entscheidung ein Signal für eine lebendige demokratische Beteiligung ist und sie von der Erhebung der Klage absehen.
Fiona Mahlberg Meines Wissens dürfen im deutschen Recht alle Normen nur so interpretiert werden, wie sie bei ihrer Verfassung gemeint waren. Die Möglichkeit, Organisationen wegen Verdacht auf Terrorismus schärfer zu überwachen, wurde geschaffen, um konkrete Gefahren für Menschenleben abzuwenden. Diese Möglichkeit nun für die Überwachung der letzten Generation zu nutzen, stellt nach meiner Auffassung daher einen klaren Missbrauch des Paragraphen dar. Die letzte Generation bedroht keine Menschenleben, sondern den Autoverkehr. Sie lässt dabei sogar Raum für eine Rettungsgasse und handelt stets gewaltfrei. Auf sie Gesetze anzuwenden, die für die Abwehr von Terror existieren, stellt einen Missbrauch des deutschen Rechtes dar, setzt Menschenleben in ihrer Wertigkeit mit fließendem Autoverkehr gleich und schwächt unsere Demokratie. Ich halte diesen Schritt für unmöglich zu rechtfertigen. Ich kenne Journalist*innen, die sich wegen der Überwachung Sorgen gemacht haben, für ihre Berichterstattung Kontakt mit der letzten Generation aufzunehmen. Hier ist also auch die Pressefreiheit in Gefahr.
Jule Albrecht Ich halte die Anklage für hochgradig anfechtbar. Die Staatsanwaltschaft beruft sich auf §129 StGB. Dieser Artikel wird von Expert:innen wie Michael Forst, dem UN-Sonderberichterstatter als verfassungswidrig eingestuft. Wie in diesem Fall ermöglicht er die Kriminalisierung beliebiger Vereinigungen und ist in höchstem Maße undemokratisch. Indem dieser Paragraph instrumentalisiert wird, kann jeder Protest verboten werden und schützt damit nicht die Demokratie, sondern schadet ihr. In diesem Fall findet eine Täter-Opfer-Umkehr statt. Die Menschen, die sich für den Erhalt unserer Lebensgrundlage und Demokratie einsetzen werden bestraft und als Täter:innen dargestellt. Die Menschen und Unternehmen (Fossile Lobby, Superreiche, etc.), die für die Klimakrise und den damit verbundenen sozialen und demokratischen Kollaps verantwortlich sind, werden durch dieses Gesetz geschützt. Der Paragraph auf den sich berufen wird, ist für terroristische Organisationen gedacht. Wie kann man diese mit gewaltfrei protestierenden Umweltschützer:innen gleichsetzen? Es schockiert mich zu sehen, wie sich Deutschland entwickelt, ein Land, dass sich Demokratie und Gerechtigkeit auf die Fahne schreibt. Ungerecht ist nicht nur die potentielle Gefängnisstrafe für Menschen, die sich für eine gerechte Welt einsetzen. Es geht um etwas viel Grundlegenderes. Die Verhaftung von Klimaaktivist:innen steht symbolisch für die Entfernung unseres sogenannten Rechtstaates von der Gerechtigkeit. Es zeigt, dass lieber die Menschen die auf das Unrecht aufmerksam machen mundtot gemacht werden, als dass wirksame Maßnahmen ergriffen werden. Auch wir haben uns dem Pariser Klimaabkommen verpflichtet. Dieses Ziel ist lange verfehlt. Wenn wir jetzt nicht handeln und den Kurs ändern, rasen wir weiter in diesem bahnbrechenden Tempo auf das Ende der Welt, wie wir sie jetzt kennen, zu. Wenn wir jetzt handeln, werden wir es zwar nicht verbessern, aber immerhin Schadensbegrenzung betreiben können. Das können wir aber nur, wenn wir uns der Wahrheit stellen und den Menschen zuhören, die die Wahrheit erzählen. Natürlich ist sie unbequem, aber es hätte nicht so weit kommen müssen, wenn vor 50 Jahren schon eine Wende von fossilen zu erneuerbaren Energien eingeleitet worden wäre. Was hier passiert ist ganz nach dem Motto "Shoot the Messenger". Auch wenn alle Klimaaktivist:innen eingesperrt sind, ändert das nichts an der Zukunft oder Wahrheit. Das ist keine Meinung, das ist Fakt. Es gibt genug Belege und wissenschaftliche Arbeiten und Forschungen, die zeigen, dass der menschengemachte Klimawandel Realität ist und jedes Jahr schlimmer wird. Nur weil wir das Privileg haben im globalen Norden, in einem reichen Land zu leben, bedeutet das nicht, dass wir verschont bleiben. Schon jetzt erleben wir Starkwetterereignisse und ich frage mich, wann die Politik und Justiz endlich handelt. Denn wenn das Handeln der Justiz und Politik nur beinhaltet wichtige Ressourcen mit der Verurteilung von Umweltschützer:innen zu verschwenden, anstatt sich auf das wesentliche Problem zu fokussieren, frage ich mich, inwiefern Deutschland eine Demokratie ist. Und das Argument, dass es in anderen Ländern viel schlimmer wäre, gilt nicht, das ist eine Problemverschiebung und Relativierung. Zum Schluss finde ich es wirklich bedenklich, dass Deutschland verfassungswidrig handelt, da es durchs Grundgesetz dazu verpflichtet ist unsere Lebensgrundlage zu schützen. Anstatt darüber zu reden und Verantwortung zu übernehmen aber die Menschen verantwortlich gemacht werden, die sich als einzige für die dringend notwendige klimapolitische Wende einsetzen. Also anstatt Aktivist:innen wie Kriminelle vorzuführen wäre es angebrachter, die Regierung vor Gericht zu ziehen und für ihr Versagen zu belangen.
nur für die StA sichtbar Einigermaßen fassungslos und enttäuscht von der Justiz unserer Demokratie sehe ich, wie junge Leute, die nicht um eines persönlichen Vorteils Willen, sondern aus idealistischen Motiven und erklärt friedfertig sich für eine gute Zukunft des Landes und der Welt engagieren, völlig unnötig kriminalisiert werden. Sogar der Begriff "Terrorismus" wurde in diesem Zusammenhang benutzt, doch konnte man sich in den letzten Wochen wieder an Zeiten erinnern, als das nicht demagogisch dahergeredet sondern schlimme Realität war.
Man muss nicht alle Aktionen der letzten Generation gut finden, und das tue ich auch nicht. Dennoch sollte man anerkennen, dass das Ziel eine gute Welt für alle und der Weg zur Erreichung des Ziels ein friedfertiger ist. Indem sich die Mitglieder der letzten Generation der Wut erboster Autofahrer ausgesetzt haben, haben sie hierfür sogar ihre körperliche Unversehrtheit aufs Spiel gesetzt. Vor diesem Mut habe ich großen Respekt. Von Staat und Justiz wünsche ich mir wenigstens mehr Gelassenheit.