Es sind bereits
2162
Stellungnahmen eingegangen.
Bei einigen haben uns die Autor:innen erlaubt, sie hier zu veröffentlichen:Name | Stellungnahme an die Staatsanwaltschaft |
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Ute Zender-Haas | Bitte bedenken Sie bei Ihrer Entscheidung über eine Anklage, dass die Aktivist*innen der letzten Generation nicht etwa für sich selbst, aus Motiven wie Gier, Neid oder blinder Zerstörungswut gehandelt haben! Nein, sie haben sich für das Wohl eines jeden Einzelnen von uns, vor allem aber für die, die jetzt geboren werden eingesetzt, damit unsere Lebensgrundlage nicht noch weiter und unwiederbringlich zerstört wird. Über die Folgen des Klimawandels muss ich Sie hier sicher nicht aufklären, diese sind allgemein bekannt. Was aus den Aktionen der letzten Generation spricht ist die Angst und Verzweiflung und die Hilflosigkeit, die sich bei all denen ausbreitet, die ihre Augen nicht vor der traurigen Wahrheit verschließen. Kriminalisieren Sie das bitte auf gar keinen Fall! Ich will nicht den Glauben an unseren Gemeinschaftssinn und unsere Vernunft verlieren! |
Christian Geiselmann | Die Verfolgung von Klimaschutz-Aktivisten ("Letzte Generation", etc.) als "kriminelle Vereinigung" nach § 129 StGB bedeutet eine überzogene und letztlich politisch motivierte Überdehnung des § 129 StGB. Geht man bei bestimmten Aktivisten-Gruppen überhaupt von einer "Vereinigung" aus, so wäre doch der Zweck der Vereinigung, wie auch ihre Tätigkeit, eben nicht "auf die Begehung von Straftaten gerichtet", wie § 129 StGB den Straftatbestand definiert. Zweck und Tätigkeit der hier unterstellten Vereinigung von Klimaschutz-Aktivisten sind darauf gerichtet a) Staat und Gesellschaft zu mehr Klimaschutz zu bewegen b) konkrete, leicht durchführbare Maßnahmen zur Senkung des CO2-Ausstoßes durchzusetzen c) die Bundesrepublik Deutschland, vertreten durch ihre Regierung, öffentlichkeitswirksam dazu zu ermahnen, ihre internationalenen vertraglichen Verpflichtungen sowie ihre von der Verfassung vorgegebenen und vom BVerfG bestätigten Verpflichtungen zum Schutz der menschlichen Lebensgrundlagen einzuhalten. Dieser Zweck und diese Tätigkeit können keine Straftat darstellen sondern sind ein wertvoller, aktiver zivilgesellschaftlicher Beitrag zur Rechtstaatlichkeit. Mit dem zeitweiligen Inanspruchnehmen von Straßenraum (Sitzen auf Fahrbahnen) nehmen die Aktivisten ihr verfassungsmäßiges Versammlungs- und Kundgebungsrecht wahr. Sie leisten beim Eingreifen der Polizei keinen Widerstand. Eine Straftat kann hier nicht gesehen werden, zumal das Versammlungs- und Kundgebungsrecht jedenfalls über dem Recht von Automobilverkehrsteilnehmenden auf möglichst hindernisfreies Fahren steht und die Inanspruchnahme des Straßenraums zum Zwecke einer politischen Kundgebung jeweils nur eine kurze Zeit (typischerweise 30-45 Minuten) dauert. Weiter: Selbst wenn man annähme, dass im Einzelfall das Sitzen auf einer Kfz-Fahrbahn als Straftat eingeordnet werden könnte, und wenn man darüberhinaus annähme, dass der Zweck der "Vereinigung" nicht die politische Kundgebung sondern ausschließlich das Stoppen des Automobilverkehrs als Selbstzweck sei, so fehlt es immer noch am Kriterium des $ 129 StGB, dass die Tätigkeit der Vereinigung auf Straftaten gerichtet sei, die im Höchstmaß mit Freizeitsstrafen von mindestens (!) zwei Jahren belegt ist. Weiter: Selbst wenn man das Sitzen auf Fahrbahnen als Straftat einstufte, und wenn man die Verabredung zu solchem Sitzen als eine "Vereinigung" einstufte, gälte immer noch StGB § 129 Abs. 3. Satz 2, demzufolge die Anwendung des § 129 entfällt "wenn die Begehung von Straftaten nur ein Zweck oder eine Tätigkeit von untergeordneter Bedeutung ist", denn der eigentliche Zweck der Vereinigung ist eben nicht das Aufhalten automobilen Verkehrs sondern die öffentlichkeitswirksame Einflussnahme auf die Bundesregierung im Sinne des Klimaschutzes und der Einhaltung internationaler Verträge. Weiter: Dem Vorwurf an die Klimaschutz-Aktivisten, eine kriminelle Vereinigung gebildet zu haben, ist auch der Umgang der Behörden, Ordnungsorgane und Justiz mit Tätigkeiten von Aktivisten aus der landwirtschaftlichen und rechtsextremen Szene in letzter Zeit vergleichend entgegenzuhalten. Trotz offenkundig gemeinschaftlich organisierter, vorab verabredeter Aktivitäten mit Sperrung von Autobahnen, Autobahnzufahrten und Bundesstraßen durch Barrikaden (Dung, Schnittholz, etc.), teils nachts und unter Inkaufnahme von Verkehrsunfällen, und selbstverständlich ohne vorherige Information der Behörden, und dabei immer wieder mit Gewalttätigkeiten und Behinderungen gegen Rettungskräfte und Polizei, wird solchen Aktivisten der Vorwurf der Bildung einer kriminellen Vereinigung bisher nach allem, was öffentlich bekannt ist, nicht gemacht. Ganz offensichtlich ist also der Vorwurf der "kriminellen Vereinigung", gegen die Klimaschutz-Aktivisten gerichtet, politisch motiviert und unverhältnismäßig. Die Strafverfolgung nach $ 129 StGB ist einzustellen. |
Gerald Rintisch | die Anwendung des §129 StGB erscheint nicht nur mir sondern bekanntermaßen auch zahlreichen Expert:innen auf dem Gebiet als nicht angemessen. Die Anwendung dieses Paragraphens ist ein unangemessener Vorgang und eine Gefahr für die Demokratie. Hiermit werden Menschen abgeschreckt, die sich für eine lebendige Zivilgesellschaft einsetzen. Bei der Letzten Generation gibt es keine Gewalt und damit keine Verletzten. Auch sind die Ziele keine Zerstörung oder Gefährdung der Gesellschaft oder des Staates. Im Gegenteil, die Aktionen sollen aufrütteln und dem Erhalt unserer Zivilisation dienen. Haben Sie sich schon mal die Ziele der Letzten Generation durchgelesen und die Aktionen unter diesen Gesichtspunkten, also frei von nun sicher schon existierenden Vorbehalten, angeschaut? Möchten Sie verantwortlich sein für eine Schwächung der Demokratie in Zeiten, wo tatsächlich staatsgefährdende Kräfte so stark sind sie es seit der Nazizeit nicht waren? Ich appeliere an Sie das Verfahren nicht zu eröffnen und die Kraft stattdessen auf tatsächlich extremistische Kräfte zu konzentrieren. Freundliche Grüße Gerald Rintisch |
Luise Reif | Ich finde es skandalös, dass Menschen, die sich engagiert, mutig und selbstlos für den Erhalt unserer Erde einsetzen, als Kriminelle behandelt und verurteilt werden. Über die Wahl der Methoden des Protest s kann man streiten. Doch um eine kriminelle Vereinigung handelt es sich keinesfalls. Kriminell sind eher die, die Luft verschmutzen oder die Emissionen nicht eindämmen, obwohl sie die politische Entscheidungsfreiheit hätten . |