Es sind bereits
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Stellungnahmen eingegangen. Bei einigen haben uns die Autor:innen erlaubt, sie hier zu veröffentlichen:
Name Stellungnahme an die Staatsanwaltschaft
Noah Tiaden Ich finde Protest gehört zu einem sinnvollen öffentlichen Diskurs absolut dazu. Dieser darf natürlich auch provozieren oder den öffentlichen Raum politisch besetzen.

Ich persönlich teile viele Meinungen und Vorgehensweisen der letzten Generation zwar nicht. Doch sie für ihre provokante demokratische Teilhabe anzuklagen ist eine Gefahr für die Demokratie - insbesondere, wenn ihre Forderung wissenschaftlich gedeckt sein sollte, stellt sich hier die Frage: War der Staat der progressive, auf Gewalt verzichtende Aktivisten (Frauenrechtler o. AntiRassismus-Bewegung) bestraft nicht geschichtlich immer auf der falschen Seite?

Bitte klagen Sie gewalttätige Nazis/Islamisten/Vergewaltiger an und nicht Klimakleber. Danke.
Gabriele Marga Schubert-Moraz Es befremdet mich zutiefst, dass Menschen die für eine lebenswerte Zukunft eintreten, auf dringend wahrzunehmende Missstände aufmerksam machen und sich mit hohem Einsatz für Gerechtigkeit einsetzen, kriminalisiert werden.
Wir brauchen diesen Einsatz, denn offensichtlich sind unsere Politiker:innen (noch) nicht in der Lage, entsprechende Entscheidungen zu treffen, die unseren Kindern und Enkeln eine intakte Umwelt garantieren.
Es erhöht meine Zuversicht, dass es Menschen gibt, die sich vehement für Gerechtigkeit und die Umsetzung notwendiger Maßnahmen einsetzten. Es geht um unser Überleben als Menschheit. Wenn wir uns das bewusst machen, müssen wir anerkennen, dass Menschen, die mutige, gewagte Aktionen umsetzen, das aus tiefster Sorge tun und in keinster Weise kriminell sind.
Johannes Mayer Klimaschutz ist kein Verbrechen: Ich bin zutiefst schockiert über die Art und Weise, wie mit Menschen umgegangen wird, die sich für meine und unsere aller Zukunft einsetzen. Ihr Protest ist legitim und angesichts des Versäumnisses der Regierenden absolut notwendig. Anstatt die Menschen, die zivilen Ungehorsam ausüben, weil zuvor alle anderen Protestformen erschöpft wurden und die Protestforschung klar zeigt, dass ziviler Ungehorsam am effektivsten ist, auf die größte Krise der Menschheit hinzuweisen und zu versuchen, sie zu verstehen oder Kompromisse zu finden, werden sie politisch motiviert kriminalisiert und eingeschüchtert. Spätestens bei der deutlich unterschiedlichen juristischen Behandlung der Bauernproteste sollte jedem klar werden, dass hier mit zweierlei Maß gemessen wird. Das ist nicht rechtsstaatlich.

Alle Aktivisten und Aktivistinnen der jüngsten Generation greifen aus purer Verzweiflung und Angst auf friedlichen zivilen Ungehorsam zurück. Anstatt angemessen darauf zu reagieren, indem Gesetzesverstöße fair beurteilt werden, werden diese Proteste immer stärker kriminalisiert, und jetzt wird sogar das Anti-Mafia-Gesetz verwendet, um solche Proteste zu delegitimieren. Mit dieser Vorgehensweise gegen solche Menschen werden wir das Problem nie lösen, geschweige denn akzeptieren, dass wir uns gerade einer Katastrophe gegenübersehen.

Die Klimakatastrophe wird kommen, und ihr bekämpft die Menschen, die das einfordern, was dringend benötigt und unerlässlich ist: eine angemessene Klimapolitik. Letztes Jahr habe ich mich übrigens auch an den Protesten der letzten Generation beteiligt, da sowohl die Klimawissenschaft als auch die Protestforschung uns unterstützen. Diese Anklage zeigt meiner Meinung nach nur, dass ihr wissenschaftliche Tatsachen nicht akzeptieren wollt. Also ändert das und hört auf mit der irrsinnigen Kriminalisierung der Bewegungen für Klimagerechtigkeit.
Anne Margarian Ein Staat, der den Vorwurf der Bildung einer kriminellen Vereinigung nutzt, um friedliche Proteste gegen die eigene, widerrechtliche Politik zu unterdrücken und Protestierende einzuschüchtern, entlarvt sich selbst. Die Beschuldigten tun was sie tun nicht zum persönlichen Vorteil. Sie tun es für unser Überleben als menschliche Gesellschaft - und vor allem für künftige Generationen.
Es ist offensichtlich, dass der Geltungsbereich des Paragraphen 129 hier bewusst weit ausgelegt und überdehnt wird, um Menschen von ihrem Engagement für eine lebenswerte Zukunft abzuschrecken. Alle Menschen in diesem Land, die sich auch in diesem Sinne engagieren, müssen sich einer solchen "Rechtsauslegung" widersetzen. Zumal diese Auslegung offensichtlich nur sehr selektiv angewendet wird. Ich bin keine Juristin. Entscheidend aber ist, dass es mir als Bürgerin dieses Landes das Gefühl gibt, willkürlichen rechtlichen Entscheidungen ausgeliefert zu sein. Ich fühle mich deshalb schon durch den noch nicht gerichtlich verhandelten Vorwurf in meinen bürgerlichen Freiheiten und Rechten beschnitten.
Auf der anderen Seite sehe ich, dass mächtige Akteure mit vielen Ressourcen unbeschadet die öffentliche Meinung manipulieren dürfen. Sie töten dadurch Menschen zum eigenen Vorteil. Ich spreche zum Beispiel von den großen Mineralölkonzernen. Diese in diesem Sinne kriminellen Vereinigungen werden aber nicht angeklagt. Sie bekommen stattdessen einen Platz an den Tischen der Regierungen. Es sind solche Beobachtungen, die Menschen sich fragen lassen, wie gerecht es eigentlich zugeht in diesem Staat.
Ist dessen Versprechen nicht, dass wir alle partizipieren dürfen an der politischen Meinungsbildung? Was ist dieses Recht auf dem Papier noch wert, wenn die Ressourcen dafür nicht nur extrem ungleich verteilt sind, sondern auch noch die bescheidenen Mittel derer mit wenigen Ressourcen rechtlich ausgehebelt werden? Daraus resultieren Gefühle der Ohnmacht. Diese Ohnmachtsgefühle führen zur Entfremdung von der Gesellschaft. Im schlimmsten Fall führen sie dazu, dass Menschen den populistischen Versprechen skrupelloser Politiker demokratiefeindlicher Parteien Glauben schenken. Und damit wieder Menschen, die bereit sind, das Wohlergehen ihrere Mitmenschen zum eigenen Vorteil zu opfern. Angeklagt werden aber nicht sie. Angeklagt werden die, die ihre eigen Bequemlichkeit, ihr ziviles Leben und wie es aussieht jetzt auch ihre Freiheit aufs Spiel setzen, um auf eine lebenswerte Gesellschaft hinzuwirken.
Stoppen sie diese Anklage! Sie ist zutiefst ungerecht und bereitet den Pfad für weitere willkürliche Rechtsauslegungen zur Einschränkung bürgerlicher Freiheiten. Ich weiß nicht, ob das juristisch gesehen ein Argument ist. Es ist aber das, was bleibt. In den Köpfen der Menschen. Und die Angst in den Köpfen der Menschen vor Repression gegen friedlichen Protest, die hier bewusst erzeugt werden soll, verändert die Gesellschaft. Sie ist es, die letztlich repressiven Systemen den Weg ebnet.