Es sind bereits
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Stellungnahmen eingegangen. Bei einigen haben uns die Autor:innen erlaubt, sie hier zu veröffentlichen:
Name Stellungnahme an die Staatsanwaltschaft
Christine Fuchs Möchten Sie, dass die Menschen alles tun, was man ihnen sagt, egal, was das Richtige ist oder das Richtige tun, egal was man ihnen sagt?
Ich erlebe in meiner Arbeit mit Jugendlichen zunehmend desillusionierte Personen, die sich vom Staat und Politik im Stich gelassen fühlen. Die zusehen müssen, wie Lobbyinteressen über ihre Zukunft und Existenz gestellt werden. Wir sehen einen Anstieg an psychischen Erkrankungen, der unter der Klimakrise noch weiter zunehmen wird. Die Jugendlichen fühlen sich machtlos, unwichtig, verzweifelt, resigniert. Erkenntnisse der Wissenschaft werden nicht beachtet, die Auswirkungen sind nicht überschaubar. Und die Politik entscheidet sich, anstatt Maßnahmen gegen ein Massensterben, Zunahme von Pandemien etc. Zu entwickeln, Hass zu schüren gegen eine Generation, die friedlich auf sich aufmerksam machen möchte. Die einfach nur mitteilen möchte, dass es sie gibt und dass sie es wert sind, eine Zukunft zu haben. Manche Menschen beschweren sich über Einschränkungen ihrer Freiheit, wenn Klimaschutzmaßnahmen eingeführt werden, die Jugendlichen bangen um ihre Überlebensbedingungen. Und sie werden nicht gehört. Sie werden ignoriert. Dabei zahlen sie die Renten derer, die nicht auf ihre Privatjets verzichten oder 200km/h fahren möchten. Es ist ihr gutes Recht, friedlich für sich einzustehen und zu demonstrieren und das darf in einer Demokratie nicht eingeschränkt werden.
Doris Dinkelmann Ich bitte Sie dringend und aus ganzem Herzen darum, von einer Anklage der Beschuldigten abzusehen. Ich bitte Sie darum, Recht und Gerechtigkeit walten zu lassen.

Dass ‚Gesetzmäßigkeit‘ und ‚Rechtmäßigkeit‘ nicht immer dasselbe sein müssen, hat die Geschichte ja vielfach gezeigt, etwa mit der Legalität des Sklavenhandels oder der gesetzlichen Benachteiligung von Frauen. Hier sehe ich ein weiteres Beispiel dafür, wenn es ‚legal‘ ist, mit der profitgetriebenen Vermarktung fossiler Brennstoffe wissentlich die Erdüberhitzung weiter anzuheizen, es aber ‚kriminell‘ sein soll, auf die auf uns zukommenden Bedrohungen aufmerksam zu machen, in Formen, die aus Verzweiflung entstanden sind, weil die ‚legalen‘ Aktionsformen wie Demonstrationen und Petitionen zwar Aufmerksamkeit erregt, aber nicht zur dringend erforderlichen Geschwindigkeit der Klimaschutzmaßnahmen geführt haben.

Die jungen Menschen, um die es hier geht, werden den nach derzeitigem Kenntnisstand zu erwartenden Temperaturanstieg von 3 % mit all seinen katastrophalen Folgen am eigenen Leib erleben, für die Lebensspanne ihrer Kinder müssen sie mit weiter erhöhtem Anstieg rechnen. Wie möchten Sie ihnen verdenken, dass sie sich unmöglich zufrieden geben können mit den aktuellen Entwicklungen in der Klimapolitik, bei denen die Beharrungskräfte der Unternehmen der fossilen Industrie im Verein mit konservativen politischen und gesellschaftlichen Kräften nach wie vor die nötige Geschwindigkeit der Veränderungs-Umsetzung beeinträchtigen bzw. verhindern?

‚Richtig‘ und ‚gerecht‘ wäre es in meinen Augen, die Unternehmen und Verantwortlichen, die die Klimaerwärmung anheizen, zu ‚kriminalisieren‘, zur Rechenschaft zu ziehen und ihr Verhalten zu unterbinden. Den jungen Menschen, die nichts anderes tun, als sich hingebungsvoll für den Schutz der Erde und der Lebewesen auf ihr einzusetzen, gebührt in meinen Augen höchste Wertschätzung und größter Dank.

(Ich bin 70 Jahre alt und habe zwei Kinder, keine Enkel – so sehr ich Letzteres einerseits bedauere, so sehr wäre ich andererseits, hätte ich Enkel, in Kummer und Sorge um ihre Zukunft)
Otto Philipp Diese Gesellschaft, wie soll ich sie von ihren ökonomischen Grundsätzen her bezeichnen, zwingt Menschen, die notwendige Änderungen erwarten, dazu, zu Protestmethoden zu greifen, die denen, die ihre Profit- und Wachstumsprozess gestört finden, nicht gefallen. Es werden vom Staat Machtmittel eingesetzt, um zu kriminalisieren, zu verrufen und zu bestrafen. Sie sollen sich fügen und allgemein erkannte Gefahren hinnehmen. Das ist nicht freiheitlich- demokratisch im Sinne des von mir anerkannten Grundgesetzes. "Macht" sollte endlich konsequent etwas machen, um Energiewende, Verkehrswende (besonders vernachlässigt), u.a., gebündelt in Klimaschutz, voranzubringen. Ich bitte nicht, ich erwarte! Ich bin nicht einverstanden mit diesen Prozessen gegen die Aktivisten Mirijam, Henning, Lukas, Jacob und Edmund und sicher noch in ähnlicher Weise betroffene künftige Akteure.
Katja Schreiner Ich bin Psychologin und Mutter eines fast volljährigen Sohnes.
Die Dramatik und Dimension der Klimakrise ist mir durch die Friday Bewegung bewusst geworden. Davor wusste ich schon , dass es da ein Problem mit dem Klima gibt, aber für mich war es ein Problem unter den vielen Krisen und Ungerechtigkeiten auf dieser Erde.
Zeitweilig war ich bei den parents for future und den psychologist for future um die Kinder und Jugendlichen der Friday Bewegung zu unterstützen. Ich musste aber erfahren, dass die Mächtigen dieser Welt den Weckruf der Millionen jungen Menschen zwar gehört, aber letztlich ignoriert haben. Zumindest was die konkrete, praktische Umsetzung anbelangt, also die so dringend benötigte Reduzierung unseres Energieverbrauchs und das Ende des Verbrennens fossiler Energien.
Die Mehrheit der Gesellschaft will mehr Klimasicherheit. Doch selbst einfache Maßnahmen wie das 9-Euro-Ticket oder das Tempolimit von 100 km/h werden von der Regierung nicht umgesetzt, obwohl sie gesellschaftlich mehrheitsfähig sind. Trotz Waldbränden, Überschwemmungen und Hitzerekorden gelingt es der Bundesregierung noch nicht einmal das eigene unzureichenden Klimaschutzgesetz umzusetzen. In Deutschland sind so viele Autos zugelassen wie noch nie, die Bundesregierung baut Terminals für das (besonders klima- und umweltschädigende) LNGas, um nur zwei Beispiele zu nennen, dass es so nicht weiter gehen kann!
Wir haben die Verantwortung unseren Kindern eine lebenswerte Zukunft zu erhalten.
Als Mutter schmerzt es mich zu sehr, dass der nächsten Generation, unseren Kindern und Enkeln, ein stabiles Klima und somit den Erhalt der Lebensgrundlagen weiter zunichte gemacht wird.
Als Psychologin bin ich schwer beeindruckt und erschreckt von diesem massenpsychologischen Phänomen kollektiver Verdrängung. Zwar würden nur noch Wenige den Klimawandel komplett ableugnen, stattdessen aber wird verharmlost und beschönigt. Lobbyisten und die politisch und wirtschaftlich Mächtigen betreiben greenwashing und viele Menschen glauben gerne, dass es schon nicht so schlimm kommen wird. Die meisten Menschen tun sich schon damit schwer, sich das eigene Ende, den eigenen Tod vorzustellen; das habe ich bei der Begleitung todkranker Menschen erlebt. Umso unglaublicher die Vorstellung die eigene Art könnte aussterben. Obwohl alle wissenschaftlichen Fakten darauf hinweisen, läuft es darauf hinaus: Wir glauben nicht, was wir wissen. Das ist psychologisch verständlich, nur leider fatal. Denn es führt dazu dass wir uns wie die Lemminge weiter auf den Abgrund zu bewegen. Bequemlichkeit trägt das ihrige dazu bei sich gegen nötige Veränderungen stellen.
Deswegen war und ist es nötig zu stören und die unangenehme Rolle der Feuermelder zu übernehmen, wie es die Menschen gegen Öl getan haben. Es ist doch klar, dass es vor allem eine symbolische Aktion war, mit dem Ziel aufzurütteln.

Es ist entscheident, ob die Justiz diesen verfassungswidrigen Kurs der Regierung mitträgt und diejenigen verurteilt, die sich dagegen wehren. Eine Kriminalisierung nach §129 dient dem Zweck die Klimagerechtigkeitsbewegung einzuschüchtern und legitimiert letzlich die Zerstörung der Lebensgrundlagen für zukünftige Generationen.
Bitte werden Sie Ihrer Verantwortung gerecht! Sprechen Sie die Menschen gegen Öl frei und geben damit ein wichtiges Signal für den dringend notwendigen Schutz von Klima und Umwelt.