Es sind bereits
2162
Stellungnahmen eingegangen.
Bei einigen haben uns die Autor:innen erlaubt, sie hier zu veröffentlichen:Name | Stellungnahme an die Staatsanwaltschaft |
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Prof. Dr. Karl-Josef Pazzini | Das Ziel der Gruppe "Letzte Generation" ist meiner Einschätzung nach eine öffentlichkeitswirksame Warnung vor den den Schäden des Klimawandels, Hinweis auf die Mitverursacher dieser bedrohlichen Veränderungen und eine Rückenstärkung für die Einhaltung schon beschlossener Gesetze. - Im Vergleich mit den Bauernprotesten und den Streiks wird ein minimaler Schaden dabei in Kauf genommen. Ich würde mich freuen, wenn die Beurteilung des Gerichtes, sich an den öffentlich immer wieder geäußerten Intentionen orientiert und die Gleichheit vor dem Gesetz in Rechnung stellt. Werden nachweisbare klimaschädliche Aktionen aus Teilen der deutschen Wirtschaft und Landwirtschaft ähnlich unter Verurteilungsdruck gestellt? Handelt es sich dabei nicht z.T. um Offizialdelikte, bei denen die Staatsanwalschaft von sich aus tätig werden könnte? |
Bernadette Meyer | die letzte Generation hat sich um Ziel gesetzt, die Öffentlichkeit aufzurütteln um der Verdrängung der drohenden Gefahr durch den Klimawandel entgegenzuwirken und dadurch eine Verhaltensänderung der Politik und der Bürger herbeizuführen. Die Einschätzung der LG zur der Größe der Gefahr für die Menschheit bzw. das gesamte Ökosystem basiert auf anerkannten wissenschaftlichen Fakten. Es besteht weitgehender Experten-Konsens, dass die durch die Regierungen bisher veranlassten Maßnahmen nicht geeignet sind die drohende Katastrophe abzuwenden. Einigkeit besteht auch, dass wenig Zeit bleibt, um die Gefahr zumindest zu begrenzen. Kann es ein berechtigteres Anliegen für die Eskalation der Protestform geben, wenn gleichzeitig die überwiegende Mehrheit der Bürger das Thema verdrängt? Diese Menschen haben sich zusammengeschlossen um gemeinsam durch friedlichen zivilen Ungehorsam und Störendes Verhalten sowie Sachbeschädigung die Aufmerksamkeit auf das Thema Klimaschutz und Klimagerechtigkeit zu lenken. Sie selbst verhalten sich dabei ausgesprochen friedlich, setzen sich sogar Gefahren durch aggressive Passanten und Autofahrer aus, sind stets bemüht Risiken für andere zu minimieren ( z. B. Bilden einer Rettungsgasse). Auf diese gut informierten politisch engagierten Menschen in einer real bestehender Bedrohungslage der Menschheit wegen eines gut organisierten zivilen Ungehorsams und Sachbeschädigung in einem demokratischen Rechtsstaat Gesetze anzuwenden, die zur Bekämpfung organisierter Kriminalität gedacht sind erscheint mir absolut unangemessen. Ein Wertewandel und ein Umdenken der Gesellschaft, wie es aktuell überlebenswichtig wäre braucht diesen etwas radikaleren Arm der Klimabewegung als Vordenker und, um Klimaziele irgendwann demokratisch zu erreichen brauchen wir genau diese Menschen, die bereit sind, sich für das Gemeinwohl zu engagieren, auf materielle Statussymbole und Überkonsum, unseren sogenannten „Wohlstand“ zu verzichten. Die Letzte Generation und ihre Unterstützer mit Repressionen mundtot zu machen wäre fatal für die Klimaschutzbewegung und für unsere Demokratie. |
Reinhard Bertele, pensionierter Förderschullehrer | ich halte eine Anklage wegen Bildung einer kriminellen Vereinigung für vollkommen überzogen und unangemessen. Begründung: Die Klimakleber haben nie versucht, unerkannt zu bleiben, sondern sie haben mit ihrem persönlichen Einsatz versucht, auf ein bedeutsames gesellschaftliches Problem aufmerksam zu machen, das die Politiker und ein Großteil der Gesellschaft nicht ernst nimmt. Die verursachten Verkehrsstaus waren nicht übermäßig groß. Man vergleiche nur die Bauernproteste für harmlosere Anliegen mit viel massiveren Auswirkungen, die trotzdem ohne solche Anklagen bleiben. Das Verhalten der Staatsanwaltschaft führt nur zu stärkerer Radikalisierung und nicht zur Befriedung. Noch ist es nicht zu spät, das Verfahren zu stoppen, zumal diese Aktionsform für beendet erklärt wurde. Was soll mehr erreicht werden als diese Einsicht. Weiteres Festhalten an der Anklage würde wie Rachsucht wirken und das ist einer Staatsanwaltschaft unwürdig. |
nur für die StA sichtbar | ich wende mich gegen die Einordnung der Klima-Aktivisten als kriminelle Vereinigung. Die Aktionen sind zwar unbequem und sollen aufrütteln, aber sie bringen niemanden bewusst zu Schaden. Zudem sind die Aktionen einem höheren gemeinschaftlichem Ziel untergeordnet und dienen nicht etwa dem Eigennutz. Damit fallen die Aktionen in die Kategorie „ziviler Ungehorsam“. Und der ist wichtig. Wie sonst soll man sich einsetzen gegen ungerechte Gesetze und für langfristigen Natur- und Klimaschutz? Die Zeit vergeht und wir haben diese nicht mehr im Klima- und Naturschutz. Ziviler Ungehorsam hat eine lange und rühmliche Geschichte. Erstmals rief der Philosoph Henry David Thoreau im Jahr 1849 dazu auf, keine Steuern mehr zu zahlen, bis die USA ihren Expansionskrieg gegen Mexiko einstelle und zudem die barbarische Sklavenhaltung abschaffe. Später rief Indiens Freiheitskämpfer Mahatma Gandhi zum Boykott gegen die Produkte der Briten auf, um sein Land von deren Herrschaft zu befreien. Die jüdische Philosophin Hannah Arendt hat den zivilen Ungehorsam als politische Handlungsform verteidigt, ebenso Jürgen Habermas, der ihn als Zeichen einer gefestigten Demokratie verstand. Die Methoden des zivilen Ungehorsams sind unterschiedlich. Auch das Festkleben auf Straßen ist Ausdruck eines Aufbegehrens gegen die herrschende Gesetzgebung und gehört somit dazu. Der zivile Ungehorsam der meist Aktivisten kostet Mut. Wir sollten die Beteiligten nicht kriminalisieren und sie nicht mit Strafen mundtot machen, – sondern vielmehr ihre Botschaft ernst nehmen, ihnen zuhören und gemeinsam nach Lösungen suchen und diese umsetzen |