Es sind bereits
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Stellungnahmen eingegangen. Bei einigen haben uns die Autor:innen erlaubt, sie hier zu veröffentlichen:
Name Stellungnahme an die Staatsanwaltschaft
Max Tiessen Die vergangenen Jahrzehnte des legalen Protests, des Unterzeichnens von Petitionen und des Haltens von Dialogen mit RegierungsvertreterInnen, um diese zum Handeln zu bewegen, haben deutlich gezeigt, dass dieser Weg nicht die nötigen Maßnahmen hervorbrachte, die nötig wären, um die Klimakatastrophe einzudämmen. Das jahrzehntelange Nicht-Handeln seitens der Regierung gefährdet unsere Zukunft auf ein würdevolles, gesundes Leben (dies sind keine Spekulationen, es besteht ein wissenschaftlicher Konsens über die Folgen der Klimakrise). Hier lässt sich eine enorme und überwältigende Ungerechtigkeit erkennen.
In diesem Kontext gehen manche AktivistInnen dazu über, friedlichen zivilen Widerstand zu leisten — mit dem Ziel, auf die Dringlichkeit des Problems aufmerksam zu machen und die Regierung aufzufordern, endlich zu handeln.

Personen und Gruppen, die mit diesem selbstlosen Anliegen friedlichen zivilen Widerstand leisten, dürfen nicht kriminalisiert werden.
Wir können in einer echten Demokratie doch nicht ernsthaft zulassen, dass ein unspezifisch gehaltener Paragraph (129StGB) zur Bekämpfung von organisierter Kriminalität dazu genutzt wird, unliebsamen (aber legitimen) politischen Protest zu unterdrücken.

Das Recht, den Planeten und die Lebewesen auf ihm (inkl. Menschen) zu schützen und zu verteidigen, sollte immer uneingeschränkt bestehen.
Hans-Georg Beuter In meiner Stellungnahme verweise ich zunächst auf die
„Gemeinsame Erklärung des Republikanischen Anwältinnen- und Anwälteverein, von Green Legal Impact e.V., Lawyers4Future, ClientEarth, der Humanistischen Union und dem Komitee für Grundrechte und Demokratie e.V.“
vom 22.12.2022
siehe: https://www.rav.de/fileadmin/user_upload/rav/pressemitteilungen/Gemeinsame_Erkl%C3%A4rung_Letzten_Generation-22_12_2022_web.pdf
Den Inhalt mache ich mir zu Eigen.

Zusätzlich dazu führe ich an:
Bei den Handlungen der Letzten Generation steht in der Regel zum einen noch nicht einmal fest, ob es sich wirklich um strafbares Verhalten handelt. Denn in den meisten Strafverfahren, die auf Grund des Handelns von Aktiven der LG laufen, geht es um den Vorwurf der Nötigung. Der Tatbestand einer Nötigung ist nur erfüllt, wenn eine Zweck-Mittel-Relation ergibt, dass das Mittel im Verhältnis zum angestrebten Zweck als verwerflich anzusehen ist. Das ist hier nicht der Fall: Die Ausübung des Versammlungsrechts ist durch Artikel 8 GG gewährleistet. Dieses Recht ist in jedem Einzelfall sorgfältig abzuwägen gegenüber den Rechten betroffener Menschen, die durch die temporären Verkehrsbehinderungen gestört wurden. Eine Abwägung ergibt, dass Verkehrsbehinderungen üblicher Weise mit der Ausübung des Rechts auf Versammlungsfreiheit einhergehen und dass es folglich an der Verwerflichkeit in vielen Fällen fehlt.

Zum anderen aber müssen nach höchstrichterlicher Rechtsprechung Straftaten zu einer erheblichen Gefährdung der öffentlichen Sicherheit und des inneren Friedens führen, damit eine Strafbarkeit nach § 129 StGB in Betracht kommt (vgl. BGH 3 StR 583/94 - Urteil vom 22. Februar 1995 in https://www.hrr-strafrecht.de/hrr/3/94/3-583-94.php). Es müsste ein Klima der Angst geschaffen worden sein, was hier völlig abwegig ist. Es kam nur zu Verkehrsbehinderungen und Verschmutzungen.


Aus all meinen Kontakten mit Menschen, die mit Handlungen der Letzten Generation sympathisieren oder sich an solchen Handlungen beteiligen, kann ich bezeugen, dass es diesen Menschen um Klimaschutz geht – keinesfalls ist es das Ziel Straftaten zu begehen.

Die Klimakrise droht unser Lebensgrundlagen zu zerstören. Schon der IPPC AR6 Synthesis Report von 2023 hat dringend drastische Maßnahmen zur Reduzierung der CO2-Emissionen gefordert.
https://www.ipcc.ch/report/ar6/syr/

Neue Forschungsergebnisse zeigen, dass die Situation schlimmer ist als noch vom IPCC befürchtet. Dass weltweite Emissionsbudget wird in sechs Jahren aufgebraucht sein (https://www.unep.org/resources/emissions-gap-report-2023). Extremwetterereignisse treten häufiger und stärker auf als bislang vom noch von Weltklimarat (IPCC) befürchtet (https://www.pik-potsdam.de/de/aktuelles/nachrichten/globale-erwaermung-verstaerkt-extremniederschlaege-mehr-als-erwartet). Kipppunkte drohen früher überschritten zu werden (https://global-tipping-points.org/). Die Klimawandelfolgen zwingen immer mehr Menschen zur Flucht (https://www.zdf.de/nachrichten/panorama/kinder-klimawandel-flucht-duerre-unicef-100.html).
Und die Europäische Umweltagentur wies Merz 2024 darauf hin, dass Europa nicht auf die sich rasant verschärfenden Klimarisiken vorbereitet ist (https://www.eea.europa.eu/de/highlights/europa-ist-nicht-auf-die).
Der Umweltrat stellte in seiner am 25.3.2024 vorgelegten Stellungnahme fest, dass Deutschland sein Restbudget zur Einhaltung des Abkommens von Paris schon aufgebraucht hat: Https://www.umweltrat.de/SharedDocs/Downloads/DE/04_Stellungnahmen/2020_2024/2024_03_CO2_Budget.html.

Bei der Abwägung der Verhältnismäßigkeit der Aktionen der Letzten Generation ist die (vom Bundesverfassungsgericht festgestellt) Relevanz der Klimakrise zu berücksichtigen.
Politische Einflussnahmen
Das Verfahren gegen Aktivisti der Letzten Generation erweckt den Eindruck, es sei politisch motiviert.
Nur zwei Wochen vor den Hausdurchsuchungen bei Verfolgten hatte die Innenministerkonferenz Verfahren wegen der Bildung einer kriminellen Vereinigung gefordert. Handlungen, die als Störung öffentlicher Betriebe verfolgt wurden, hatte die Letzte Generation schon einige Zeit nicht mehr ausgeführt diese Handlungen waren nicht prägend für ihre Auftreten. In der öffentlichen Diskussion waren im Wesentlichen die Straßenblockaden. In der öffentlichen Kommunikation der Staatsanwaltschaft wurden trotzdem die weit zurückliegenden Handlungen an Notventilen als Anlasstaten für die Verfolgung als kriminelle Vereinigung hervorgehoben. Das erscheint als vorgeschoben, weil diese Aktionsform durch die Letzte Generation aufgegeben worden war – es also fernliegend ist, dass es Ziel der Bewegung war, solche Taten zu begehen.
Die Straßenblockaden waren vor und während der Innenministerkonferenz in der öffentlichen Diskussion und offensichtlich der Anlass für dieses Gremium, die Forderung nach einer Verfolgung der Letzten Generation als kriminelle Vereinigung zu kommunizieren. Es ist nachvollziehbar, dass die Straßenblockaden für die Innenminister eine lästige Protestform war, legen die Aktivisti doch ständig erneut den Finger in die Wunde des Klimapolitischen Versagens.
In der öffentlichen Diskussion haben Vertreter der Letzten Generation immer wieder vorgebracht, dass die Bundesregierung sich nicht einmal an die eigenen Gesetze hält - bis heute verweigert die Bundesregierung Sofortprogramme für den Gebäude- und Verkehrssektor zur Einhaltung der Klimaziele und mittlerweile hat das OVG Berlin-Brandenburg die Bundesregierung verpflichtet diese Pläne umgehend vorzulegen (Urt. v. 30.11.2023, OVG 11 A 11/22, OVG 11 A 27/22 u. OVG 11 A 1/23). Die Verfolgung der Letzten Generation erscheint vor diesem Hintergrund als politisch motivierter Versuch, politischen Protest durch fadenscheinige Kriminalisierung zu delegitimieren.
Auch der unterschiedliche Umgang von Politik, Polizei und großen Teilen der Medien mit den Bauernprotesten erweckt den Eindruck, dass es bei der Kriminalisierung der Letzten Generation nicht um die Protestform ging, sondern um den Inhalt der Proteste.

Weitere Indizien dafür, dass die Verfahren gegen die Letzte Generation politisch motiviert sind, sind auch, dass die Berliner Feuerwehr zwar Statistiken führt, bei wie vielen Einsätzen Rettungswaagen wegen von der Letzten Generation verursachten Staus behindert wurden, aber eine solche Statistik bei Bauernprotesten oder auf alle Ursachen bezogen nicht geführt wird.

Auch das Vorgehen der Staatsanwaltschaft München nach der Beschlagnahme der Homepage der Letzten Generation auf der Homepage zu behaupten, die Letzte Generation sei eine kriminelle Vereinigung und Spenden für die Letzte Generation seien strafbar, zeigt dass hinter der Verfolgung der Letzten Generation nicht saubere juristische Arbeit steht, sondern der politisch motivierte Versuch, eine Bewegung, die nachdrücklich unzulängliche Klimapolitik kritisiert, undtot zu machen.

Auch der Umgang der Versammlungsbehörde mit den Bauernprotesten – auch, dass Traktoren als Protestmittel zugelassen wurden, obwohl diese auch als Waffen eingesetzt wurden – verstärkt den Eindruck, dass die Verfahren gegen Aktivisti der Letzten Generation politisch motiviert sind.


Aufgrund des Umgangs von Behörden und Justiz mit Klimaaktivisten steigt Deutschland im Atlas der Zivilgesellschaft von „offen“ nach „beeinträchtigt“ ab.
https://www.brot-fuer-die-welt.de/fileadmin/mediapool/Atlas_der_Zivilgesellschaft/2024/Atlas_der_Zivilgesellschaft_2024.pdf
und ZDF: Umwelt- und Klimaaktivisten im Visier
https://www.zdf.de/nachrichten/politik/deutschland/atlas-zivilgesellschaft-klima-umwelt-aktivisten-druck-100.html

Auch der UN Special Rapporteur on Environmental Defenders under the Aarhus Convention kritisiert das behördlichen und juristische Vorgehen gegen Klimaaktivisti u.a. von der Letzten Generation und kritisiert auch die Verfahren wegen Bildung einer kriminellen Vereinigung.
https://unece.org/sites/default/files/2024-02/UNSR_EnvDefenders_Aarhus_Position_Paper_Civil_Disobedience_EN.pdf


Die Weiterführung der Verfahren gegen Aktivisti der Letzten Generation wegen angeblicher Bildung einer kriminellen Vereinigung setzt die Staatsanwaltschaft fortgesetzt dem Verdacht der politischen Amtsführung aus. Dies wird dauerhaft das Vertrauen in die Unabhängigkeit der Justizbehörden beschädigen.

Darüber hinaus beschädigt allein der Eindruck, die Verfahren gegen die Aktivisti der Letzten Generation könnten politisch motiviert sein, die demokratische Kultur.
Mike Hohnen Wie ist es möglich Menschen anzuklagen, die sich für uns alle einsetzt?
Friedvolle Menschen die das wiedergeben was die Wissenschaft belegt, können doch nicht für die Wahrheit die Sie aussprechen und publizieren verurteilt werden.
Wenn dem so ist , glaube ich nicht mehr an Gerechtigkeit. Und für die Gerechtigkeit einzustehen ist Eure Aufgabe.
Katharina Rosch mit Entsetzen habe ich von dem Verfahren erfahren, dass Umweltaktivisten nach §129 StGB als Mitglieder einer kriminiellen Vereinigung eingestuft werden könnten. Das ist vor dem Hintergrund, dass wir bereits eine Erderwärmung von durchschnittlich 1,5 Grad erreicht haben, die eigentlich die Grenze für Deutschland (bzw. weltweit) sein sollte, nicht verständlich!

Ja, mitunter nerven die Aktionen von Klimaschützern. Aber sie legen ihre Finger in die Wunde und machen aufmerksam auf ein Thema, welches sowohl von der aktuellen als auch den vorherigen Bundesregierungen viel zu lasch angegangen wurde. Die Folgen spüren alle, die sich halbwegs klimafreundlich fortbewegen wollen: Die Bahn hat ständige Verspätungen und Zugausfälle, ÖPNV-Fahrpläne werden nicht eingehalten und ausgedünnt. Im Gegensatz dazu subventioniert jeder Bürger im Durchschnitt jedes Auto mit 5.000 Euro im Jahr. Eine Bahncard 100 kostet im Jahr derzeit 4.500 Euro. Das Deutschlandticket kostet derzeit 49 Euro. Man könnte also jedem Bürger für diese 5.000 Euro Subventionen sowohl eine Bahncard 100 als auch ein 49-Euro-Ticket dazu kostenlos zur Verfügung stellen und hätte immer noch etwas gespart! Doch anstatt solche Lösungen vorzuschlagen und zu forcieren und das Auto entsprechend höher zu besteuern, werden Menschen, die sich um das Klima und ihr Überleben sorgen, kriminalisiert.

Unsere Bundesregierung hat im Jahr 2015 den Pariser Klimavertrag unterschrieben und sich verpflichtet, ihn mit geeigneten Maßnahmen umzusetzen. Statt aber die Erderwärmung abzubremsen haben die Politiker nichts oder nicht ausreichend viel getan, um diesem weltweit bahnbrechenden Vertrag zu entsprechen. Darauf weisen die Klimaaktivisten mit ihren Aktionen hin.

Im Gegensatz dazu haben Bauern Anfang des Jahres besonders klimaschädlich und mit ihren riesigen Landmaschinen Städte, Straßen und Autobahnen lahm gelegt. Ihr Ziel war es alleine, auf ihre Einkommenssituation hinzuweisen.

Vergleicht man bspw. die Klimakleber und die Landwirte, so kann einem schnell auffallen, dass eine Landmaschine ausreicht, um eine ganze Straße zu sperren. Sie kann auch nicht nach Lösen eines Klebers einfach weggetragen werden sondern muss weggefahren werden, was wiederum weitere Verkehrsbehinderungen zur Folge hat.

Ich freue mich auch nicht über manche Radikalität von manchen Klimaaktivisten. Sie mögen mitunter zu weit gehen mit ihren Aktionen, ja. Deswegen aber bilden sie immer noch keine kriminelle Vereinigung sondern bleiben Menschen, die sofort friedlich würden, sobald der Staat seine Gesetze und Verträge einhält. Es geht den Klimaaktivisten gerade nicht um ihren individuellen Vorteil sondern darum, dass den Generationen nach uns auch noch ein lebenswerter Lebensraum zur Verfügung steht. Somit ist das Ziel sogar ein besonders gutes!

Daher bitte ich Sie, Ihre Entscheidung pro Menschlichkeit, pro Zukunft von uns allen und vor allem pro Klimaschützer zu fällen.