Es sind bereits
2162
Stellungnahmen eingegangen.
Bei einigen haben uns die Autor:innen erlaubt, sie hier zu veröffentlichen:Name | Stellungnahme an die Staatsanwaltschaft |
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Sebastian Knünz | Wenn die letzte generation eine kriminelle vereinigung sein soll, was ist dann mit den AFD/Bauernprotesten, ich erwähne nur den "Zwischenfall" am Fährhafen Schlüttsiel Zwischenfall mit Bundesminister Habeck, die Verhinderung der Aschermittwochveranstaltung der Grünen dieses Jahr in Biberach. Diese Akteure gefährden unsere Demokratie im gegensatz zur letzten Generation in erheblichen Maße. Meine Bitte: lassen sie die Anklage gegen die letzte Generation und ähnliche zivilgesellschaftlichen Aktivisten fallen und fokussieren sie sich auf die wirklich demokratiegefährdenden aktionen. |
nur für die StA sichtbar | Es gibt mehrere Gründe, warum keine Anklage gegen die Beschuldigten der letzten Generation gemäß § 129 StGB erhoben werden sollte. § 129 StGB in Deutschland betrifft die Bildung einer kriminellen Vereinigung, die darauf abzielt, Straftaten zu begehen. Hier führe ich einen dieser Fälle auf, der mir am Herzen liegt. Gesellschaftlicher Wandel: Die gesellschaftlichen Normen und Werte haben sich im Laufe der Zeit verändert, und das Verhalten, das möglicherweise in der Vergangenheit strafrechtlich verfolgt worden wäre, wird heute möglicherweise anders bewertet. Dies könnte eine Rolle bei der Entscheidung spielen, ob eine strafrechtliche Verfolgung angemessen ist. Der Punkt des gesellschaftlichen Wandels bezieht sich darauf, dass sich die Werte, Normen und die Wahrnehmung von Verhalten im Laufe der Zeit ändern können. Was in der Vergangenheit möglicherweise als strafrechtlich verfolgbares Verhalten angesehen wurde, könnte heute anders bewertet werden. Ein Beispiel dafür wäre die gesellschaftliche Einstellung gegenüber bestimmten Arten von Diskriminierung oder Vorurteilen. In der Vergangenheit wurden bestimmte Formen von Diskriminierung möglicherweise nicht so stark verurteilt oder waren sogar gesellschaftlich akzeptiert. Heutzutage werden solche Handlungen jedoch oft als inakzeptabel betrachtet und können zu sozialen Sanktionen führen. Dieser gesellschaftliche Wandel kann sich auch auf die Beurteilung von Straftaten auswirken. Was früher als tolerierbares oder akzeptables Verhalten angesehen wurde, kann heute als strafrechtlich relevant betrachtet werden. In einigen Fällen könnte das Verhalten, das in der Vergangenheit als kriminell betrachtet wurde, heute möglicherweise als weniger schwerwiegend angesehen werden, insbesondere wenn sich die sozialen Normen und die Werte der Gemeinschaft geändert haben. Bei der Entscheidung über die strafrechtliche Verfolgung historischer Straftaten müssen daher die aktuellen gesellschaftlichen Normen und Werte berücksichtigt werden. Es ist wichtig, eine ausgewogene Perspektive einzunehmen und zu prüfen, wie sich die Einstellungen im Laufe der Zeit entwickelt haben, um eine angemessene Beurteilung zu ermöglichen. Zentraler Werte in der deutschen Gesellschaft sind Umweltschutz und Nachhaltigkeit: Umweltschutz und Nachhaltigkeit sind wichtige Anliegen in Deutschland. Die deutsche Regierung und die Bevölkerung engagieren sich für den Schutz der Umwelt, die Förderung erneuerbarer Energien und die Reduzierung von Treibhausgasemissionen. Es ist von entscheidender Bedeutung, dass wir uns bewusst sind, wie die Klimaveränderung unsere demokratischen Werte und Institutionen bedroht. Der Klimawandel stellt eine der größten Herausforderungen unserer Zeit dar und kann erhebliche Auswirkungen auf die demokratische Stabilität haben. Erstens müssen wir erkennen, dass die Auswirkungen des Klimawandels zu Verteilungskonflikten führen können. Wenn die Ressourcen knapper werden oder Naturkatastrophen zunehmen, besteht die Gefahr politischer Spannungen und sozialer Unruhen. Dies könnte unsere demokratischen Institutionen unter Druck setzen, wenn wir nicht angemessen auf die Bedürfnisse und Anliegen unserer Bürgerinnen und Bürger eingehen. Zweitens dürfen wir nicht die potenziellen Auswirkungen auf Migration und Flüchtlingsströme unterschätzen. Der Klimawandel kann Menschen dazu zwingen, ihre Heimat zu verlassen, was zu einer erhöhten Migration führen könnte. Dies könnte politische Spannungen verstärken und populistische Strömungen begünstigen, die unsere demokratischen Werte in Frage stellen könnten. Drittens müssen wir wachsam sein, um sicherzustellen, dass Maßnahmen zur Bekämpfung des Klimawandels nicht auf Kosten unserer demokratischen Grundrechte gehen. Einschränkungen der Meinungsfreiheit oder der Bürgerrechte im Namen des Umweltschutzes dürfen nicht toleriert werden und könnten unsere demokratischen Prinzipien gefährden. Viertens müssen wir die wirtschaftlichen Auswirkungen des Klimawandels auf die soziale Ungleichheit berücksichtigen. Menschen mit niedrigerem Einkommen sind oft stärker von den Auswirkungen des Klimawandels betroffen, was die bestehenden Ungleichheiten verstärken könnte. Dies könnte die demokratische Teilhabe beeinträchtigen und populistischen Bewegungen Auftrieb geben. Abschließend möchte ich betonen, dass es unsere Pflicht als demokratische Vertreterinnen und Vertreter ist, den Klimawandel als eine existenzielle Bedrohung für unsere Werte und Institutionen anzuerkennen und entschlossen zu handeln. Wir müssen eine transparente, partizipative und verantwortungsvolle Regierungsführung sicherstellen, um die demokratischen Grundprinzipien zu stärken und zu schützen. Die Letzte Generation setzt sich, meiner Meinung nach, in Essenz für den Erhalt der deutschen Demokratie ein und sollte deshalb nicht angeklagt werden. |
Christopher Hamacher | Die aggressive strafrechtliche Verfolgung von Klimaschützern erreicht durch Präventivhaft, Razzien, Vorverurteilungen und Abhörmaßnahmen immer neue Tiefpunkte. Sogar der Generalsekretär der Vereinten Nationen kritisiert den hiesigen Umgang mit den Demonstrierenden. Spätestens seit den Untersuchungen zu deren Finanzierung ist die Grenze zur Realsatire aber endgültig überschritten. Man würde meinen, dass fiese Drogendealer dahinterstecken. Oder irgendwelche geheime Gestalten, die in dunklen Zimmern Pläne zur Welteroberung schmieden. Jedenfalls hat die Bezeichnung „kriminelle Vereinigung‟, mit der die Generalstaatsanwaltschaft München die „Letzte Generation‟ neulich gebrandmarkt hat, die öffentliche Abneigung gegenüber dieser Gruppe nur verstärkt. Die Deutschen scheinen jetzt mehr Angst vor den jungen Menschen zu haben, die selbstlos auf die kommende Klimakatastrophe hinweisen, als vor dieser Katastrophe selbst. Auch wenn der durchschnittliche Autopendler, etwa in der Stauhauptstadt München, eh schon 75 Stunden jährlich im Stau steckt, werden die paar Minuten mehr nun quasi als Staatsstreich geahndet. Ein gutes Beispiel für diesen absurden Kollektivwahn lieferte zuletzt ein Bericht im Bayersichen Rundfunk mit der verschwörerischen Überschrift „Klimaaktivisten: Wie finanziert sich die Letzte Generation?‟ Um das Fazit des BR-Enthüllungsberichts schon mal vorwegzunehmen: die Letzte Generation finanziert sich eigentlich genau so, wie man sich das vorstellen würde, und zwar völlig unspektakulär durch Crowdfunding. Auch wird das gesammelte Geld sodann, statt etwa auf schwarze Kassen in der Schweiz, bei der gemeinnützigen GLS Bank bzw. der Elinor Treuhand e.V. deponiert, der nach eigenen Angaben Gruppenkonten für Umweltschutz, Bildung, Sport, Hobbys „oder was euch noch einfällt!‟ anbietet. Man könnte sich jetzt zwar fragen, wieso solche Banalitäten eine Nachricht wert waren, gehen die jungen Kriminellen doch recht vernünftig mit ihren Finanzmitteln um. Aber nein: für den Skeptikern beim BR ist es dagegen „fragwürdig‟, warum die Gruppe kein „konventionelles Konto etwa bei einer Sparkasse‟ benutzt und sich stattdessen für „undurchsichtigere Konstrukte‟ entschieden hat. Was an einem Konto bei einer umweltfreundlichen Bank bzw. Treuhandgesellschaft ‒ gerade für eine Klimaschutzgruppe ‒ undurchsichtig sein soll, bleibt das Geheimnis des BR. Noch haarsträubender ist die Meldung aber in Bezug auf die Ausgaben der Vereinigung. Anscheinend waren für die Ermittler keine große Nachforschungen oder gar V-Männer nötig, um herauszufinden, was die Bande mit ihren erbeuteten Millionen so alles anstellt. Denn peinlicherweise wurden alle relevanten Details von der Gruppe selbst bekannt gegeben, und zwar in einem eigens dafür veröffentlichten „Transparenzbericht‟. Und darin fand man natürlich keinerlei Hinweise auf Luxuswagen, Waffenhandel oder Schaumpartys, sondern wenig überraschend wieder genau das, was man eigentlich erwartet hätte: das bisschen Geld wurde eben für den Kauf von Sekundenkleber, Warnwesten und was sie sonst so brauchen verwendet. Vielleicht haben sie sich mal eine gebundene Ausgabe des letzten IPCC Reports gegönnt ‒ berichtenswert ist das alles jedenfalls nicht. Im Gegenteil, merkwürdig ist hier eigentlich nur die Tatsache, dass die bayerische Justiz sich überhaupt mit derlei Warnwestträgerinnen und Transparenzberichterstatter beschäftigt ‒ statt mit den eigentlichen Gefährdern in unserer Gesellschaft. Aber damit nicht genug: laut Bericht gab die Letzte Generation unter „Weiterbildung und Resilienz‟ noch gut 10.000 Euro für „Pressetrainings, Seminare gegen Burnout und Meditation‟ aus. Man muss es sich wirklich nochmal vor Augen führen: in der heutigen Bundesrepublik Deutschland werden also hunderte von Polizisten in voller Montur losgeschickt, um Hausdurchsuchungen bei Menschen durchzuführen, die Burnout-Seminare besuchen. So was hätte nicht mal ein Polt sich ausdenken können. Übrigens war es für die Beamten wohl auch relativ einfach, an die Adressen der entsprechenden Privatwohnungen zu kommen. Denn schon Anfang des Jahres hatten sich ganze 1.332 Mitglieder der Gruppe offenbar selbst bei der Staatsanwaltschaft Neuruppin angezeigt. Laut der damaligen Pressemeldung wollten sie damit „die vollständige Prüfung des Vorwurfs der Bildung einer kriminellen Vereinigung beschleunigen‟, denn sie gingen davon aus, „dass Grundgesetz, Menschenrechte und auch das Strafgesetzbuch auf ihrer Seite‟ seien. Dem ist nichts hinzuzufügen: vor solchen Menschen kann man sich eigentlich nur verneigen ‒ und vor unserer Justizbehörden eigentlich nur schämen. |
nur für die StA sichtbar | Die Letzte Generation ist keine kriminelle Vereinigung, sondern eine Klimaschutzgruppe, die inzwischen zum Beispiel auch für das Europaparlament kandidiert. Klimaschützen ist kein Verbrechen und deshalb bin ich entsetzt, dass einige Mitglieder behandelt werden als wären sie Mitglieder der Mafia! Ihre Mittel, auf die Dringlichkeit von raschen und wirkungsvollen politischen Maßnahmen gegen die Klimakatastrophe hinzuweisen, sind gewaltfrei. Das Ziel der Letzten Generation: Sie wollen die menschliche Zivilisation retten vor der Klimakatastrophe, in die die Menschheit immer weiter hineinläuft. Wenn die Treibhausgasemissionen, z. B. durch den Verkehr und Energiesektor, durch die Landwirtschaft, durch die Industrie und im Gebäudesektor, nicht schnell und drastisch reduziert werden, sind die Aussichten für die menschliche Zivilisation wie wir sie kennen dramatisch: Sie wird zu Grunde gehen und das Leiden durch die rapide Erderhitzung wird immer mehr und immer katastrophaler werden. Ich teile mit der Letzten Generation das Ziel: Ich will ebenfalls unsere Lebensgrundlagen bewahren und konsequent und schnellstmöglich das fossile Zeitalter beenden und umsteuern, hin zu einer nachhaltigen Wirtschaft. Ich will, dass nicht nur meine Generation, sondern auch unsere Kinder und Kindeskinder ein gutes Leben führen können. Straßenblockaden erzeugen kein Klima der Angst, wie es bei kriminellen Banden der Fall wäre. Bilderrahmen mit Brei oder Farbe zu beschmutzen sind keine erheblichen Straftaten. Ich finde es völlig abwegig, aus solchen symbolischen Störaktionen eine erhebliche Gefährdung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung zu konstruieren. Das höchste deutsche Gericht in Strafsachen, der Bundesgerichtshof BGH, gibt eine Erheblichkeitsschwelle für Ermittlungen wegen einer kriminellen Vereinigung vor. Diese Grundsätze der Rechtsprechung dürfen Sie nicht missachten und unerhebliche Störaktionen mit organisierter Kriminalität gleichsetzen. Mein Eindruck: Die Strafverfahren wegen Bildung einer angeblich kriminellen Vereinigung sind politisch motiviert. Schließlich stören auch andere immer wieder den Verkehr und werden nicht mit solchen Verfahren überzogen, z. B. führten die Traktorproteste aus der Landwirtschaft nicht zu Verfahren gegen Bauernvereinigungen. Ich habe den Eindruck, dass die Ermittlungen geführt werden, obwohl eigentlich klar ist, dass eine Verurteilung extrem unwahrscheinlich ist, weil das drastische Ermittlungen wie z. B. Abhören und Hausdurchsuchungen möglich macht. Das wirkt auf mich wie eine Maßnahme, um Aktive von ihrem Einsatz für den Schutz unserer Lebensgrundlagen abzuhalten und andere von entsprechendem Engagement abzuschrecken. Auch wenn die Mittel der Letzten Generation nicht meine eigenen sind: Das ist auf keinen Fall organisierte Kriminalität wie von gewalttätigen Banden. Sogar UN-Sonderberichterstatter Michel Forst warnt eindringlich vor einer Kriminalisierung von klimaaktivistisch engagierten Menschen, die er als "environmental defenders" bezeichnet. Er schließt dabei ausdrücklich Menschen ein, die zivilen Ungehorsam als Methode wählen. Stellen Sie das Verfahren ein! |