Es sind bereits
2162
Stellungnahmen eingegangen.
Bei einigen haben uns die Autor:innen erlaubt, sie hier zu veröffentlichen:Name | Stellungnahme an die Staatsanwaltschaft |
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Axel Bossert | Bitte unterlassen Sie es friedliche Klimaaktivisten und Klimaaktivistinnen zu kriminalisieren. Danke. Das erschüttert die Grundwerte/Grundrechte unserer Demokratie. Die Politik, Polizei und Staatsanwaltschaft sollte sich hierbei an internationale, europäische und deutsche Gesetze und Abmachungen halten und die notwendigen Klimaschutmaßnahmen in die Wege leiten, anstatt mit ungerechtfertigten Repressionen gegenüber friedlichen Demonstranten zu reagieren. |
nur für die StA sichtbar | wenn Menschen Angst haben müssen, ihre Meinung zu äußern, dann läuft was schief! Hier geht es um die Substanz der Demokratie, um die Alltagstauglichkeit und die Möglichkeit der Mitwirkung von Bürgern und Bürgerinnen… Mit Besorgnis habe ich Kenntnis von den Ermittlungen genommen, die auf der Grundlage des § 129 StGB gegen einzelne Personen geführt werden, deren Handlungen – wie das Kochen von Kaffee, das Verteilen von Flyern oder das Erstellen von Grafikdesigns für eine Website – kaum als kriminelle Unterstützung einer Vereinigung angesehen werden können. Es ist unerlässlich, dass das Recht auf freie Meinungsäußerung und gesellschaftliches Engagement geschützt wird, insbesondere wenn es um Themen von öffentlichem Interesse wie Gerechtigkeit und Demokratie geht. Die Anwendung des § 129 StGB in einer Weise, die potenziell jede Form der Unterstützung oder des Engagements in einer Gemeinschaft kriminalisiert, könnte eine abschreckende Wirkung auf die Ausübung dieser grundlegenden Rechte haben. Ich appelliere an die Staatsanwaltschaft, die Bedeutung der Freiheit des Einzelnen, sich für positive gesellschaftliche Veränderungen einzusetzen, anzuerkennen und bei der Auslegung des Gesetzes Zurückhaltung zu üben. Es ist wichtig, dass die Justiz nicht nur die Buchstaben des Gesetzes, sondern auch den Geist der Demokratie und der Menschenrechte wahrt. Darüber hinaus hieß es noch vor ein paar Jahren, dass junge Menschen desinteressiert und unpolitisch seien. Jetzt haben wir eine junge Generation, die sich engagiert, sich informiert, wissenschaftliche Fakten zusammenträgt und klare Ziele und Forderungen formuliert, die mit den Gesetzesbeschlüssen zur Umsetzung der Klimastabilisierung konform sind. Durch Protest-Aktivtäten wird darüber hinaus ein Bewusstsein in der Bevölkerung für den dringenden Handlungsbedarf in Sachen Klimawandel sichtbar und hörbar gemacht. Das hat einen Nutzen für den Schutz unserer Lebensumstände. Ist es richtig, dass die Gesellschaft so unverhältnismäßig mit diesen engagierten Menschen umgeht, denen es um eine gute Zukunft geht? Sie noch mehr desillusionieren? Sie mit unverhältnismäßigen Mitteln zu bestrafen, statt sie nach ihrer Meinung zu fragen, ihnen zuzuhören und sie in Entscheidungsgremien einzubinden? Wollen wir, dass sie sich irgendwann zurückziehen und nur noch teilnahmslos zu Hause sitzen? Viele haben schon jetzt real Angst um ihre Zukunft, weil sie sich berechtigte Sorgen machen, haben schon jetzt entschieden keine Kinder in so eine Welt zu setzen. Das finde ich traurig und alarmierend! Die Politiker wundern sich, dass sie immer weniger Zugang zu den Bürgern bekommen und sich Bürger immer weniger verstanden und machtlos fühlen. Wenn Bürger auf die Straße gehen und protestieren, sich zusammenschließen, um besser gehört zu werden. Wie laut müssen die Proteste werden, bis Politiker die Chance nutzen, zuzuhören und nachzufragen, was schiefläuft, nachzufragen und mit den Bürgern ins Gespräch zu kommen, mit jungen Menschen, aber auch mit Menschen in abgehängten Gebieten, mit unzufriedenen Menschen, deren Lebensumstände sich drastisch verschlechtert haben. Ich merke an: Ich bin nicht einverstanden mit kriminellen Handlungen, nicht mit Zerstörung und nicht mit Vandalismus, nicht mit Gewalt und nicht mit Hass und Hetze, gegen niemanden. Gewaltfreier, demokratischer Protest und das Engagement dafür darf nicht zur Diskussion stehen - das sind unsere Werkzeuge für ein langfristiges friedliches Miteinander. Keine Aushöhlung der Demokratie durch Beschlüsse, die Bürger in ihrer Meinungsäußerung einschränken oder einschüchtern! Dafür tragen wir alle Verantwortung! Ich bitte all das zu bedenken und danke, dass Sie sich die Zeit für ein sorgfältiges Abwägen und eine kluge Entscheidung nehmen. |
Benjamin Weiß | Einleitung Die Einstufung und Behandlung der Gruppe Letzte Generation (LG) als kriminelle Vereinigung in jeglicher Form wäre rechtlich nicht haltbar, politisch fatal und gefährlich, sowie moralisch eine Katastrophe. Daher erscheint es mir unumgänglich, einige gute Gründe für diese Einschätzung hier darzulegen, auch wenn vieles davon bereits durch andere an Sie herangetragen worden sein dürfte. In Anbetracht der chronischen Überlastung der Justiz will ich trotz der Vielschichtigkeit und hohen Relevanz der hier behandelten Fragen versuchen, mich möglichst kurz zu fassen und mir Verweise auf Fachliteratur nach Möglichkeit sparen. Auch werde ich nur hinsichtlich des Aufbaus lose am Gutachtenstil orientieren. Unnötige Wiederholungen oder zu ausschweifende Exkurse im Text bitte ich ggf. zu entschuldigen. Als Bedienstete der Staatsanwaltschaft sind Sie zwar ohnehin alle juristisch bewandert, trotzdem oder gerade deswegen sollte für Sie die rechtliche Betrachtung durch anderere eine besondere Rolle spielen. Daher ersuche ich Sie, die hier vorgebrachten Argumente nicht bloß routinemäßig zur Kenntnis zu nehmen, sondern mit aller notwendigen Ernsthaftigkeit zu prüfen. 1. Auslegungs- und Subsumtionsfragen Systematische sowie historische Auslegungsfragen werde ich nicht gesondert aufführen bzw. vernachlässigen, soweit sie nicht ohnehin innerhalb der teleologischen- bzw. Wortlaut- Auslegung enthalten sein werden. a) Teleologische Auslegung i) Vernünftiger Zweck Als vernünftiger Zweck des 129 StGB dürfte eine Erleichterung der Verfolgung bzw. die Verhinderung von Straftaten von erheblicher Bedeutung anzusehen sein, welche durch gemeinschaftlich-organisierte Begehung anderenfalls erschwert würde. Da die LG aber letztendlich offen mit ihren Handlungen umgeht, u.a. weil es ja gerade ihr Ziel ist, durch Gerichtsprozesse eine öffentliche Wahrnehmung ihrer Anliegen und Argumente zu bewirken, kann der Verfolgbarkeitszweck die Anwendbarkeit der Norm hier wohl kaum ausreichend begründen. ii) konkretes Regelungsbedürfnis Bzgl. des konkreten Regelungsbedürfnisses hinter der Norm, als welches sicherlich vor allem die Bekämpfung der organisierten Kriminalität i.S.v. Mafia-und "Clan"-Strukturen angenommen darf, würde eine Subsumtion der (mutmaßlichen) LG-Taten ebenfalls unpassend sein. Auch das Ziel der Verhinderung solcher Straftaten muss aus diesem Grund in den Hintergrund rücken. Eine teleologische Reduktion ist insofern indiziert und sollte starke Zweifel an der Subsumierbarkeit wecken. iii) Gerechtigkeits-und Schutzzweck Ferner müssen der Schutz der Rechte der Opfer solcher Straftaten bzw. Gerechtigkeit allgemein als übergeordnetes Telos angenommen werden. Diesbezüglich ist auf den Gerechtigkeitsbegriff Immanuel Kants Im Sinne der Zweckformel des Kategorischen Imperativs abzustellen, da dieser am besten mit dem (Art. 1 des) GG harmoniert. Rechtsstaatlichkeit bedeutet damit nicht nur, - und auch nicht in erster Linie - dass bestehende, auf formal korrekte Weise zustandegekommene Gesetze auch durchgesetzt werden (müssen), genausowenig wie der moderne Demokratiebegriff auf Mehrheitsentscheidungen reduzierbar ist. Vielmehr sind (Abwehr-)Rechte und Freiheiten der Menschen und Bürger, und damit insbesondere das Verhältnismäßigkeitsgebot, zentralere Kriterien. Hier muss dann im Zweifel eine sorgsame Abwägung vorgenommen werden, welche letztlich jedem einzelnen Beteiligten obliegt und diesem durch niemand anderes abgenommen werden kann. Ein Verweis auf andere (Instanzen), oder auf die Schaffung von Ordnung als Rechtszweck allein, können deshalb niemals überzeugen. Radikal rechtspositivistische Positionen stehen also tendenziell immer dem Geiste des Grundgesetzes entgegen, was sich v.a. an dessen unmissverständlichen Einlassungen bzgl. verfassungsrechtlicher Bindung der öffentlichen Gewalt und Widerstandsrecht (Art. 20 (3) u. (4)), sowie der Ewigkeitsklausel (Art. 79 (3)) festmachen lässt. Ohne eine generelle Rückbindung an diesen allgemeinen Zweck des Rechts(systems) drohen die Auslegung und Anwendung desselben in letztlich selbstzweckhafte oder machtreduktionistische, - und damit und tendenziell totalitäre - Denkweisen bzw.Verhältnisse umzukippen (vgl. Prof. Dr. Uwe Murmann: Vergeltungsbedürfnis und Strafrecht https://www.youtube.com/watch?v=4WG2bHEEu_o ). Moral-bzw. rechtsphilosophische Fragen können und sollten also nicht einfach völlig aus dem juristischen Diskurs verbannt werden, wie es bspw. auf Niklas Luhmann rekurrierende Ansätze versuchen (vgl. ebd.). Vielmehr spielen sie mindestens implizit eine gewichtige Rolle. Beide Diskurse sind nahezu strukturgleich - da es jeweils um Imperative/Normen sowie deren Anwendung(sprinzipien) geht-, und sobald die Angemessenheit einer Rechtsnorm bejaht wird, wird ipso facto auch diese selbst zu einer Entität erklärt, die einer moralischen Bewertung zugänglich ist, eine solche folglich potentiell enthält bzw. transportiert. Konkret folgt aus diesem Exkurs für das vorliegende Problem, dass bei Auslegung und Subsumtion bzgl. §129 StGB berücksichtigt werden muss, ob sie jeweils mit dem übergeordneten Zweck des Rechts harmonieren, was im Zweifel immer für eine teleologische Reduktion spricht, da der grundlegende Rechtssatz In Dubio Pro Reo bereits hier prinzipiell anwendbar und einschlägig ist. Die Antwort bzgl. des Harmonierens in diesem Fall lautet Nein, doch wird diese erst im Zuge der Verhältnismäßigkeitsprüfung (vgl. Abschnitt 1.2.) abschließend zu begründen sein, auch da dort die - den Schutz-und Gerechtigkeitszweck maßgeblich mitbestimmenden - Rechte (prospektiver) Geschädigter noch eine Rolle spielen werden. Es kann jedoch bereits festgehalten werden, das der Zweck bzw. das Ziel des Rechts, Gerechtigkeit zu wahren bzw. herzustellen, im vorliegenden Fall wohl verfehlt würde, u.a. da die Verwerflichkeit einer Beteiligung an Zusammenschlüssen wie der LG letztlich weder subjektiv noch objektiv begründet bejaht werden kann. Doch dazu später mehr. iiii) Gleichbehandlung Hinsichtlich der Gleichbehandlung als wichtigem Rechtszweck wird in diesem Zusammenhang gern auf die (vermeintliche) Gefahr einer möglichen Analogie zugunsten rechtsextremistischer oder anderer verfassungsfeindlicher Gruppierungen abgestellt. Dies geschah letztes Jahr an prominenter Stelle leider auch durch Thomas Fischer, an dessen Argumentation ich mich bei dieser Frage abarbeiten werde. Fischer schreibt: "Wenn man die "Fernziele" so mancher rechtsradikalen Gruppierung oder Vereinigung nur "fern" genug formuliert, schafft man es in aller Regel, auch hier allerlei Hochstehendes und Begrüßenswertes zu finden, von der "Kultur" bis zur "Sprache" oder der "Gemeinschaft". Gleichwohl meint kaum, jemand, das Verwüsten von Buchläden mit englischsprachiger Literatur müsse straffrei sein, weil die "jungen Menschen" sich so gern an guter deutscher Dichtung erfreuen möchten." (https://www.lto.de/recht/meinung/m/kriminelle-vereinigung-thomas-fischer-letzte-generation/ ) Zunächst einmal wäre zu Fragen, ob es nicht Fischer selbst ist, der hier viel zu stark abstrahiert und dadurch letztlich in bloße Polemik abgleitet. Dass in irgendeiner abstrakten Hinsicht als "gut" bewertbare (subjektive) Ziele und Zwecke allein bereits ausreichen, um die Anwendung von Strafgesetzen zu verneinen, behauptet wohl niemand. Fischers Vergleiche hinken in vielerlei Hinsicht. Denn Klimaschutz ist ja nun alles andere als ein abstraktes Fernziel (der LG), sondern (wird) in fast jeder Hinsicht ziemlich konkret(isiert), und das v.a. faktenbasiert. So wird sowohl national als auch international, sowohl durch das BverfG, europäische Gerichte, NGOs und insbesondere die herrschende Meinung in der Wissenschaft fast nirgens ernsthaft - und erst recht nicht glaubhaft - bestritten, dass mehr Klimaschutz dringend notwendig ist und die Klimakatastrophe Grund-und Menschenrechte konkret und massiv bedroht. Dass die jetzigen Maßnahmen in aller Regel alles andere als ausreichend sind, um das für die Vermeidung unabsehbarer Risiken und Katastrophen notwendige 1.5 Grad Ziel nicht zu verfehlen, wird ebenfalls von keiner ernstzunehmenden Seite mit guten Argumenten bestritten. Und genau hierin liegt das erste schwerwiegende Problem bei Fischers Analogie(kurz)schluss. Sollen nun plötzlich solche faktischen Unterschiede gar keine Rolle mehr spielen dürfen bei der rechtlichen Bewertung? Zwar ist Recht, das den Namen verdient, immer bis zu einem gewissen Grad abstrakt und formal (dies gilt, nebenbei gesagt, ebenso für wohlverstandene Moralprinzipien), dies darf aber keinesfalls in einen übersteigerten, leeren Formalismus abgleiten. Zudem und deswegen sind auch (vermeintliche) "Werte" wie Sprache, Kultur oder Gemeinschaft nicht in derselben Weise zu beurteilen oder durch das GG geschützt, wie es beim Klima-bzw. Naturschutz der Fall ist, ob nun "nur" mittelbar durch andere Grundrechte, oder auch ganz explizit durch die Aufnahme als Staatsziel in Art. 21 a, welcher zudem ebenso unter die Ewigkeitsklausel des Art. 79 (3) fällt. Zwar nennt das GG "Gemeinschaft" an mehreren Stellen (so bspw. in Art. 6 (4)), aber unter Berücksichtigung des Kontextes muss dieser Begriff hier im Sinne von "menschliche Gemeinschaft" (so wörtlich in Art 1 (2)), bzw. als Solidar- und Rechtsgemeinschaft gedeutet werden. Jede Deutung hingegen, die in Richtung einer positiven Bezugnahme auf partikularistisch-identitäre oder kollektivistisch-totalitäre Verständnisse und Praktiken von Volk, Sprache oder Kultur weist, steht dem Geist des GG entgegen. Zwar gewährt es auch Menschen mit derartigen Ansichten bspw. das Recht auf freie Meinungsäußerung und Protest, bereits ihrer Vereinigungsfreiheit werden allerdings im (Art. 9 (2) Alt. 2 u. 3) besondere Grenzen gesetzt. Dies ist wohl kaum ein Zufall, und muss somit i.S.d. systematischen Auslegung berücksichtigt werden."Ziviler Ungehorsam", der Gesetzte oder Verordnungen missachtet, kann sich demzufolge in solchen Fällen nicht auf den Schutz des GG berufen, da hier objektiv kein durch dieses geschütztes Rechtsgut bezweckt ist. Solcher Ungehorsam ist nur dann durch GG legitimierbar und grds. zulässig, wenn auch tatsächliche, objektive Gründe für die Annahme sprechen, dass Grundrechte missachtet werden und andere Wege der Abhilfe nicht (rechtzeitig) möglich oder zumutbar sind. Hiergegen einfach auf eine vermeintliche Unmöglichkeit oder Unzumutbarkeit weitergehender, wirksamer Klimaschutzmaßnahmen seitens staatlicher Institutionen zu verweisen, kann schon deshalb nicht überzeugen, weil die Coronapandemie kürzlich eindrücklich gezeigt hat, dass selbst das unverzügliche, konsequente Herunterfahren oder gar Stilllegen erheblicher Teile des öffentlichen (Wirtschafts-)Lebens, -falls nötig auch über längere Zeiträume hinweg-, durchaus im Bereich des Möglichen liegen. Auch Verweise auf Stimmen, die technische Lösungen als Allheilmittel beschwören, würden sich Illusionen hingeben (vgl. Literaurhinweise am Ende). Gleiches gilt für alle "green growth"-Ansätze, welche die derzeitige Politik prägen (vgl. ebd.). Das GG erwähnt dann auch "Sprache" genau ein einziges Mal (Art. 3 (3) S.1 Alt. 4), jedoch gewissermaßen bloß negativ, d.h. i.S.v. deren Unzulässigkeit als Grund für Benachteiligung, also gerade im entgegengesetzten Sinne dessen, was Fischers Argumentation intendiert. Nicht nur damit ist auch sein Beispielfall der Verwüstung eines englischsprachigen Buchladens nicht überzeugend, weil mit einer solchen Tat ja gerade eine i.S.d. Drittwirkung unzulässige Benachteiligung und Schädigung anderer stattfindet. Auf "Kultur" nimmt das GG übrigens nirgens expizit Bezug. Die von manchen Seiten hier gern bemühte Religionsfreiheit aus Art 4 (1) und (2) weist ebenfalls nicht in diese Richtung, diese ist vielmehr eine bloße Ausprägung aus Art 2 (1) sowie (2) S.2 und somit als Individualrecht zu deuten, welches aus historischen Gründen gesondert aufgeführt wurde. Wohl einzig die Erwähnung des Sittengesetztes in Art. 2 (1) kann im Sinne eines positiven Bezugs des GG auf Kultur verstanden werden. Das Sittengesetz gilt aber zurecht heute vielen in erster Linie als Relikt einer Zeit, in der paternalistisch-patriarchal bzw. religiös geprägte Vorstellungen des Guten und Rechten weit verbreitet waren. Auch ist in Fischers Beispiel, anders als bei den einschlägigen Aktionen der LG, kein hinreichend konkreter - geschweige denn verhältnismäßiger, - Bezug erkennbar zwischen dem Mittel (Verwüstung) und dem vorgeblichen Zweck, des Zur-Wehr-Setztens gegen eine vermeinte Bedrohung eines - eben bloß gefühlten - Rechts auf eine bestimmte Form unveränderter Sprache, Kultur oder Gemeinschaft. Denn das Vorhandensein eines englischsprachigen Buchladens hält ja objektiv niemanden davon ab, selbst ausschließlich klassische deutsche Dichtkunst zu konsumieren, auf die Verwendung von Anglizismen zu verzichten oder sich irgendwelchen volkstümelnden Gruppierungen anzuschließen, die hingebungsvoll Opas Wehrmachtsuniform pflegen. Und selbst wenn durch gesellschaftliche Modernisierungstendenzen eine "Gefahr" für irgendwelche Tradionen anzunehmen wäre, und damit tatsächlich das Recht auf freie Entfaltung der Persönlichkeit irgendwelcher Nazis o.ä. betroffen wäre, so könnte aufgrund des Fehlens eines verfassungrechtlich ableitbaren, besonderen Schutzinteresses für irgendwelche Traditionen als solche kein Recht auf zivilen Ungehorsam oder gar Widerstand bejaht werden. Jedenfalls und zudem wären in der vorzunehmenden Abwägung bspw. die Rechte/Interessen an persönlicher Entfaltung all jener Menschen, die Netflix-Serien oder eben englischsprachige Buchläden schätzen bzw. innehaben, gleich zu gewichten. Da im Falle gleicher Betroffenheitstiefe desselben Grundrechts die Freiheit von Eingriffen diejenige zu eigenen Handlungen überwiegt, wäre das Verwüsten des Buchladens in jedem Fall und nach wie vor unverhältnismäßig und damit unzulässig. Das fortgesetzte, umfangreiche Gewähren und Fördern von auf ungebremstem, fossilem Energieverbrauch beruhenden Mustern des Individualverkehrs und Konsums (bzw. einer Derartiges bedingenden Wirtschaftsweise als solches), bedroht dagegen ziemlich konkret die Möglichkeit für Millionen Menschen, bspw. ihre durch Art. 2 geschützten Rechte auch zukünftig wahrnehmen zu können. Menschen in anderen Weltgegenden werden dadurch zudem oft ganz unmittelbar und gegenwärtig grundlegender Rechte beraubt. Da viele durch das GG geschütze Rechte explizit allen Menschen zugesprochen werden, ist davon auszugehen, dass auch von Deutschland aus beeinflusste bzw. beeinflussbare Faktoren hier grundsätzlich als einschlägig berachtet werden müssen. Mindestens aus diesem Grund ist selbst die Annahme der Legitimität auch von spektakulären (aber letztlich als gewaltlos zu charakterisierenden) Aktionen durch das Notwehr(-bzw. "Nothilfe")- oder Widerstandsrecht alles andere als absurd. Dass zumindest starke Zweifel an der Verfügbarkeit anderer Abhilfe begründet sind, liegt u.a. auch daran, dass in den letzten Jahren zuweilen und vermehrt zu beobachten war bzw.ist, dass Parlamentsmehrheiten oder Regierungsstellen mehr oder weniger offen die Umsetzung von Urteilen verweigern, verschleppen, bzw. bereits durch das BVerfG verworfene Gesetze ohne relevante Änderungen erneut in Kraft zu setzen versuchen. Zudem kann es kaum zumutbar oder im Sinne des GG hinsichtlich einer Auslegung bspw. des Art. 20 (4) sein, immer erst warten zu müssen, bis ein Prozess der Aushebelung von Grundrechten tatsächlich vollzogen bzw. vollendet ist. Dass dies sogar durch den Gesetzgeber prinzipiell anerkannt ist, lässt sich auch an den in § 113 (3) und (4) StGB niedergelegten Vorschriften festmachen. Eine systematische Auslegung auch des StGB als allein würde insofern gegen eine Anklage mindestns nach §129 sprechen. Denn Unterlassungen der öffentlichen Gewalt können im Zweifelfall normativ einem Eingriff gleichzustellen sein. Verhältnismäßiger, d.h. hier: gewaltloser Ungehorsam und spektakulärer Protest muss demzufolge u.U. auch bereits vor einer solchen, unzweifelhaft festgestellten, umfassenden Beseitigungshandlung i.S.d. Art. 20 (4) als grundsätzlich zulässig betrachtet werden. Dies muss dann a fortiori auch für Zusammenschlüsse zum Zwecke solchen zivilen Ungehorsams gelten. Zu meinen, dass menschen- bzw. verfassungsfeindliche Gruppierungen ein, - wie gezeigt, bei näherer Betrachtung ohnehin sehr wackeliges- Analogieargument bzgl. der LG benötigen würden, um ins Handeln zu kommen, wäre ebenfalls eine ziemlich steile These. Denn dafür finden sie ja auch sonst genügend (Schein-)Gründe innerhalb ihres abstrusen Ideologiebaukastens. Nach Fischers Logik wäre jeder Bezug auf das GG bei der Frage nach der Rechtswidrigkeit von Aktionen, welche immer auch Zwecke, Ziele und Mittel in Betracht zu ziehen hätte, letztlich abzulehnen. Was wiederum Geiste des GG diametral widersprechen würde. Gleichartige Fälle sind gleich zu behandeln, ungleichartige ungleich. In diesem Zusammenhang könnte im Falle von LG-Aktionen "gegen" Kunstwerke möglicherweise ein ausreichend konkreter Bezug bestritten werden. Da jedoch keine (unbedingt) vorsätzliche, dauerhafte Zerstörung oder Beschädigung anzunehmen ist, wäre eine für die Anwendung des § 129 StGB ausreichend hohe Strafandrohung hier ohnehin nicht gegeben. Und selbst wenn doch, würden diese Aktionen allein kaum mehr ausreichen, um das Greifen des Ausnahmegrundes nach Abs. 3 Nr. 2 zu verneinen. iiiii) Folgenkontrolle "Nachdem und weil die Verfolgung der "Organisierten Kriminalität" national und international als besonders schwierig dargestellt wird, assoziiert die Mehrheit der Bürger mit dem Begriff eine Struktur ganz besonders herausgehobener Gefährlichkeit. [...] (A)n die Beschuldigung, Täter des § 129 StGB zu sein, (sind) fast unbegrenzte Ermittlungs- und Eingriffsbefugnisse der Strafprozessordnung (StPO) geknüpft [...] Die Vorschrift dient daher nicht selten als "Einstieg" und "Türöffner" für weitreichende Ermittlungsmaßnahmen, spielt dann aber für die eigentliche Strafverfolgung im Ergebnis kaum eine Rolle." (Thomas Fischer https://www.lto.de/recht/meinung/m/kriminelle-vereinigung-thomas-fischer-letzte-generation/) Dem ist zuzustimmen. Aus diesem Grund würde sich die Staatsanwaltschaft Neuruppin im Falle einer Anklageerhebung, zumindest mittelbar, auf erhebliche Weise in den Diskurs zur politischen Willensbildung einmischen. Und zwar vor allem durch den damit voraussichtlich verbundenen Abschreckungs- und Diffamierungseffekt, insbsbesondere aufgrund der möglich erscheinenden Kriminalisierung jeglicher Unterstützungshandlungen. Ein solcher, mehr oder weniger direkte, und, wie hier gezeigt wird, unnötige Eingriff in politische Auseinandersetzungen, würde einem Missbrauch ihrer Machtbefugnisse gleichkommen und insofern ihrer verfassungsmäßigen Aufgabe zuwiderlaufen. Es sind hier also die persönlichen Folgen sowohl für die Beschuldigten, als auch Unterstützer der LG oder anderer, zivilem Ungehorsam nicht abgeneigter Zusammenschlüsse zu berücksichtigen. Es wäre wohl ziemlich abenteurlich und zudem ehrabschneidend, dem Gesetzgeber zu unterstellen, er habe mit § 129 StGB tendenziell jeglichen Zusammenschluss für politischen Protest treffen wollen, der es nicht ausschließt, sich u.U. und falls nötig auch mal in Grauzonen der Legalität vorzuwagen. Und selbst wenn dem so wäre, würde die ziemlich offensichtliche Unverhältnismäßigkeit und (damit) Verfassungswidrigkeit des Ganzen auf der Hand liegen. iiiiii) Rechtsvergleichende Auslegung "Deutschland fasst den Tatbestand damit weiter, als die Europäische Union vorgibt. Das führt dazu, dass besonders politischer Protest und Vereinigen zu selbstlosen Zielen unter §129 StGB fallen können, während die EU vorschlägt den Vorwurf der "kriminellen Vereinigung" wie folgt zu begrenzen: RAHMENBESCHLUSS 2008/841/JI DES RATES vom 24. Oktober 2008 zur Bekämpfung der organisierten Kriminalität Im Sinne dieses Rahmenbeschlusses bezeichnet der Ausdruck „kriminelle Vereinigung“ einen auf längere Dauer angelegten organisierten Zusammenschluss von mehr als zwei Personen, die, um sich unmittelbar oder mittelbar einen finanziellen oder sonstigen materiellen Vorteil zu verschaffen, in Verabredung handeln, um Straftaten zu begehen, die mit einer Freiheitsstrafe oder einer freiheitsentziehenden Maßregel der Besserung und Sicherung im Höchstmaß von mindestens vier Jahren oder einer schwereren Strafe bedroht sind. Vollständiger Text des Rahmenbeschlusses unter: https://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/TXT/HTML/?uri=CELEX:32008F0841" Dieser Vorschlag entspricht offenbar viel eher der Teleologie und einer konsistenten Wortlautauslegung (s.u.) des § 129 StGB. Zwischenergebnis Besonders i.V.m. den unter b) weiter unten nachzulesenden Auslegungsaspekten spricht die teleologische Auslegung klar für eine teleologische Reduktion und damit Nichtanwendbarkeit des § 129 StGB in diesem Fall. b) Auslegung nach dem Wortlaut i) Tatbestandsmerkmal Strafandrohung Zwar wird erhebliche Bedeutung bzw. Schwere der durch den 129 StGB gemeinten Handlungen durch die Nennung des zu drohenden Strafmaßes ziemlich klar definiert, dennoch darf bereits hier zumindest nicht vergessen werden, dass die letztinstanzliche Klärung hinsichtlich der tatsächlichen Anwendbarkeit eines solchen Strafmaßes bei den LG-Taten noch aussteht und alles andere unmittelbar evident ist, insbesondere i.V.m. des Ausführungen unter iii) unten (Stichworte: Verwerflichkeit/ Sozialschädlichkeit/Rechtfertigungs-bzw. Entschuldigungsgründe- bzw. Irrtümer/u.U. Widerstandsrecht, da Abhilfemöglichkeiten wie bspw. durch Art. 19 (4) u.a. aufgrund der zeitlichen Dringlichkeit faktisch nicht mehr ohne Weiteres gegeben sind). Somit ist, insbesondere i.V.m. Verhältnismäßigkeitserwägungen (vgl. Abschnitt 2. unten) besondere Vosicht und damit eine möglichst enge Auslegung angezeigt. Dies gilt erst recht, - und das kann gar nicht oft genug betont werden-, weil mit §129 StGB nicht konkrete Tatvorfürfe, wie eine mutmaßlich rechtswidrige Störung des Luftverkehrs etc. verfolgt werden, sondern das Zusammenschließen für bestimmte Zwecke als solches, in diesem Fall für wirksamen Protest und zivilen Ungehorsam. Damit würde jedoch auf massive und unverhältnismäßige Weise in die Grundrechte aus Art. 8 (1), 9 (1), 10 (1) sowie 12 (1) eingegriffen. ii) "übergeordnetes gemeinsames Interesse" (§ 129 Abs. 2 StGB) Interesse ist im juristischen Sinne der vermögensrechtliche oder ideelle Vorteil, den eine Person aus einer bestimmten Handlung oder Unterlassung erlangt bzw. zu erlangen beabsichtigt. Dies ist nicht gegeben, vielmehr ist im vorliegenden Fall gar kein bloß persönliches Interesse ausschlaggebend. Wie bereits die weiter oben vorgebrachten Argumente bzgl. der Legitimität zivilen Ungehorsams oder -Widerstands im vorliegenden Fall gezeigt haben, wird subjektiv wie objektiv letztlich ein öffentliches Interesse i.S.d. Gemeinwohlbegriffs verfolgt. Dass auch persönliche Interessen der Beteiligten involviert sein, - bzw. hier mit dem Öffentlichen zusammenfallen - mögen, tut dem keinen Abbruch. Dies gilt um so mehr, da nach geltender Rechtssprechung Gemeinwohl in bestimmten Fällen u.U. auch das Interesse von (einzelnen) Individuuen bedeuten kann. Hier die Absicht zu unterstellen, einen vermögensrechtlichen Vorteil zu erlangen, wäre aus offensichtlichen Gründen ziemlich abwegig, schon da die mit den Aktionen u.U. verbundene Drohung empfindlicher Strafen dem entgegensteht. Zwar könnte auf ein, auf lange Sicht durch den Klimawandel bedrohtes, auch vermögensrechtlich relevantes perönliches Interesse junger Menschen abgestellt werden. Doch da hiermit zugleich ein legitimes, grundgesetzlich geschütztes Interesse vorliegen würde, das insofern mit dem öffentlichen Interesse bzw. Gemeinwohlbegriff des GG korrespondiert, wären Wortlaut bzw. Sinn des Abs. 2 trotzalledem verfehlt. Unter "ideeller Vorteil" werden Dinge wie persönliche Ehre etc. verstanden, welche bspw. nach einer Beleidigung als verletzt gelten können. Auch hier ist die Einschlägigkeit insofern zweifelhaft, als die persönliche Ehre/Ansehen ja durch Strafverfolgung und öffentliche Anfeindungen infolge der LG-Aktionen eher als bedroht anzusehen ist. Zwar mag mit diesen nebenbei eine gewisse Steigerung des eigenen Ansehens innerhalb des persönlichen/politischen Umfelds der Beschuldigten verbunden oder auch intendiert sein. Doch das würde letztlich ebensowenig eine Subsumtion unter den Wortlaut des Abs. 2 begründen, schon weil - neben der im vorigen Absatz erwähnten Korresponenz-, mit einer solchen Subsumierbarkeitsthese letztlich bspw. auch die Sinnhaftgkeit einer rechtlichen Privilegierung bzw. Sonderstellung gemeinnütziger Vereine oder ehrenamtlicher Tätigkeit infrage gestellt werden könnte. Denn auch hier kann ja eine Absicht zur Erlangung eines solchen Vorteils unterstellt werden. Um diesen Punkt zu untermauern, möchte ich abschließend nocheinmal auf das unter 1. a)iiii) behandelte Beispiel Thomas Fischers zurückgreifen. Dort wurde die Verwüstung eines englischsprachigen Buchladens durch Rechtsextreme als vermeintliche Analogie bemüht. Auch bzgl. der Interessen der Akteure ist hierbei nun ein rechtlich bedeutender Unterschied festellbar: Im Falle der rechtsextremen Personen muss nämlich, anders als bei den LG-Beschuldigten, ein bloß ideelles Interesse als einschlägig angenommen werden. Ob dieses nun in der Vergeltung einer gefühlten Verletzung der eigenen, mit der deutsch-völkischen Identität verknüpften persönlichen Ehre und Befindlichkeit besteht oder in sonstwas, sei dahingestellt. Von einem (auch zugleich) öffentlichen Interesse kann jedenfalls keine Rede sein, da dieses, wie gezeigt (vgl. ebd), nicht ohne Rückbezug auf Wortlaut und Geist des GG überhaupt sinnvoll definiert werden kann. iii) Subjektive Merkmale Eine bewusste, absichtliche Gründung oder Unterstützung einer kriminellen Vereinigung hier zu bejahen wäre fast schon absurd. Insbesondere hinsichtlich subjektiver Absicht kann wohl kaum davon ausgegangen werden, dass die Beteiligten dies auch nur bewusst in Kauf genommen hätten, ganz zu Schweigen von einer direkten Vorsätzlichkeit. Zwar ist nicht nicht völlig unwahrscheinlich, dass einzelne Beschuldigte zuvor eine juristische Fachberatung aufgesucht haben, jedoch ist es im Lichte der hier (und anderswo) vorgebrachten Erwägungen ebenso unwahrscheinlich, dass hierbei das Drohen einer (letztinstanzlichen) Verurteilung wegen § 129 StGB, falls überhaupt ernsthaft erwogen, schlussendlich bejaht wurde. Zwar gehen die hier vertretenen Auffassungen nicht immer konform mit der herrschenden Meinung. Allerdings ist wohl davon auszugehen, dass die in diesem Fall ggf. zu Rate gezogenen Personen höchstwahrscheinlich aus dem mit der Sache der LG sympathisierenden Lager bzw. aus dem Bereich der Strafverteidigung kommen, und somit der hier vertretenen Meinung überwiegend nahestehen. Dass eine hinreichende Wahrscheinlichkeit einer diesbezüglichen Anklage oder Verurteilung intuitiv hätte erfasst werden können oder müssen ist erst recht unplausibel, besonders da die vorherrschenden Intuitionen in der Bevölkerung hinsichtlich der Frage, was eine kriminelle Vereinigung ausmacht, keine Subsumtion der LG umfassen. Eine fahrlässige Begehung sieht der § 129 StGB nicht vor. Insofern kann nicht ausgeschlossen werden, dass schon aufgrund der damit einhergehenden Ermittlungs-und ggf-U-Haft Maßnahmen, auch das grundlegende Prinzip der Rechtssicherheit verletzt würde, falls es zu einer Anklage oder gar Verurteilung wegen § 129 StGB käme. Da ferner davon auszugehen ist, dass aufgrund der -zumindest ex post- nicht-klandestinen Vorgehensweise der LG, durch eine Anklage wegen § 129 wahrscheinlich keine neuen Beweismittel- bzw. Gründe während eines Prozesses zum Vorschein kommen würden, kann wohl auch das Anstreben eines solchen nicht einfach mit dem Verweis auf Klärungsbedarf gerechtfertigt werden. Auch eine relevante Veränderung des ggf. verhängten Strafmaßes ist kaum zu erwarten. Somit kann und muss eine Würdigung der offen daliegenden Tatsachen hier im Vorfeld zu der Erkenntnis führen, dass eine Anklage offensichtlich unbegründet, damit unverhältnismäßig und folglich sogar rechtswidrig wäre. Eine schuldhafte Begehung erscheint nicht mal ansatzweise begründbar, insofern ein Verbotsirrtum nach § 17 S.1 StGB, jedenfalls bzgl. 129 StGB, angenommen werden muss. Mindestens aber würden die § 17 S.2 benannten Merkmale zutreffen, sodass eine mögliche Strafe wohl ohnehin nach § 49 (1) StGB abzumildern wäre. Auch eine Art Notwehr- bzw. Nothilfeexzess infolge eines anhaltenden bzw. latenten asthenischen Affekts aufgrund der andauernden Beeinflussung durch die Berichterstattung über die Klimakatastrophe i.V.m. fehlenden ausreichenden Gegenmaßnahmen müsste in Betracht gezogen werden, falls Tatbestandserfüllung/Subsumierbarkeit und Rechtswidrigkeit sowie Vorsatz bejaht werden müssten. Jener Affekt könnte, insbesondere i.V.m dem In Dubio Pro Reo-Grundsatz, letztlich kaum begründet verneint werden. Allein damit wären bereits genug Gründe gegeben, von einer Anklageerhebung abzusehen, insbesondere aufgrund der Härten und Nebeneffekte, die § 129 mit sich bringt, und die nicht nur die angeklagten Personen treffen würden. Ergebnis Schlussendlich ist eine Subsumierbarkeit zu verneinen, da selbst im Falle eines, wie auch immer zu begründenden Gelingens hinsichtlich der Auslegung nach dem Wortlaut, das ziemlich eindeutige Ergebnis bei der teleologischen Auslegung den Ausschlag geben müsste. Dies ergibt ich aus der allgemein anerkannten Priorität der teleologischen Auslegung. Subjektive Merkmale sprechen zudem dagegen, dass eine Anklageerhebung irgendeine hinreichende Erfolgsaussicht hätte oder verhältnismäßig wäre. 2. Verhältnismäßigkeit Bekanntlich ist es ein elementarer rechtsstaatlicher Grundsatz, dass jede Maßnahme der öffentlichen Gewalt verhältnismäßig sein muss. Dieses Gebot ist direkt aus Art. 1 i.V.m. 20 (3) GG abzuleiten und wäre durch eine Strafverfolgung der LG-Beschuldigten, jedenfalls und insbesondere einer nach § 129 StGB, aus vielerlei Gründen nicht eingehalten. 2.1. Verhältnismäßigkeit der Norm(anwendung) a) Geeignet? Auch wenn es vereinzelt Stimmen gibt, die bereits jede Geeignetheit verneinen (vgl. https://taz.de/Knast-fuer-Klimakleber/!5917359/), erscheint dies am Ende wenig überzeugend. Zwar kann vielleicht tatsächlich nicht davon ausgegangen werden, dass sich spektakulärer ziviler Ungehorsam und Protest mithilfe einer Anklage gegen LG-Beschuldigte nachhaltig unterbinden oder auch nur merklich abschwächen lässt. Denn bei einigen Personen würde hierdurch möglicherweise die Entschlossenheit zu derartigen Aktionen noch verstärkt oder allererst hervorgerufen. Jedenfalls eine generalpräventive Wirkung kann in Hinblick auf solche Fällen bezweifelt werden. Da solche Erwägungen gegen Geeignetheit, sofern sie als einziger oder primärer Zweck von Strafe betrachtet werden, jedoch dem Geist des GG bzw. einer freiheitlichen Rechtsauffassung zuwiderlaufen dürften (vgl. Prof. Dr. Uwe Murmann: Vergeltungsbedürfnis und Strafrecht https://www.youtube.com/watch?v=4WG2bHEEu_o ), werde ich diesen Punkt vernachlässigen. b) Erforderlich? Erforderlichkeit ist zu verneinen, da aufgrund des unter 1. a) bereits erwähnten offenen Umgangs von LG-Beschuldigten mit ihren Handlungen nicht ersichtlich ist, inwiefern eine Anwendung des § 129 StGB hinsichtlich der Aufklärung solcher Taten überhaupt benötigt wird. Harte Strafen könnten zudem auch allein auf der Grundlage derjenigen Strafgesetze verhängt werden, die die konkreten Taten mutmaßlich untersagen, sofern ein Abschreckungseffekt angestrebt wird. Insofern ist ein milderes Mittel auch hinsichtlich der Verhinderung weiterer Taten klar erkennbar. Ferner ist in Betracht zu ziehen, dass die Regierungen von Bund; Ländern und Kommunen augenscheinlich (vgl. "Friedensvertrag" zwischen LG und Stadtverwaltung in Hannover) durchaus in der Lage wären, solche Taten zu unterbinden, wenn sie auf die Protestierenden zugehen bzw. ihre selbstgesteckten Ziele hinsichtlich Klima-und Naturschutz endlich ernst und konsequent in Angriff nehmen würden, an welche sie zudem durch das GG sowie internationale Verträge gebunden sind. c) Angemessen? i) Erpressung durch LG-Aktionen? Wie bereits erwähnt, ist das Demokratieprinzip zwar ein zentrales, aber nicht das einzige zentrale Merkmal des modernen Rechts-und Verfassungsstaats. Zwar wird diese Auffassung bspw. von Jürgen Habermas insofern bezweifelt, als er eine starke Rolle der Verfassung(sgerichtsbarkeit) äußerst kritisch sieht, da sie das Demokratieprinzip zu stark beschränke. Eine derartige Schlussfolgerung lässt sich jedoch bereits immanent kritisieren, da Habermas selbst zugesteht, dass gewisse Grundrechte, wie sie bspw. das GG enthält, letztlich elementare Voraussetzungen für egalitäre demokratische Partizipation darstellen. Jene Rechte können somit wohl kaum (nur) als deren Produkt verstanden und behandelt bzw. dem Mehrheitsprinzip nachgeordnet werden. Daraus folgt aber, dass wenn und soweit sie in der Verfassung festgeschrieben sind, ihre Verteidigung durch Institutionen der Judikative, -im Zweifel auch gegen temporäre Mehrheitsbeschlüsse - letztendlich auch im Sinne der langfristigen Erhaltung demokratischer Verhältnisse befürwortet werden muss. Falls der Rechtsweg nicht zeitnah offen steht bzw. zumutbar ist, ist aus der gleichen Überlegung heraus ziviler Ungehorsam im jeweils verhältnismäßigen Ausmaß ggf. gerechtfertigt und zulässig. Nebenbei bemerkt, ist eine Besetzung der Gerichte durch qualifizierte (z.B. 2/3) Mehrheiten ja nun auch alles andere als undemokratisch. Vielmehr muss hierbei wohl eher von einer verstärkten Anwendung Habermasscher Diskursprinzipien ausgegangen werden, da solche Mehrheiten ohne eine intensivierte Rolle von Argumentation und Kompromiss oft nur schwer erreichbar sein dürften. Ein Verweis auf die teilweise problematische Rolle des US-Supreme Court ist in diesem Zusammenhang daher unpassend, u.a. weil dessen Besetzung solche Mehrheiten nicht vorsieht. Für die vorliegende Frage folgt eine begründete Zurückweisung der These, wonach LG-Protestaktionen, oder ziviler Ungehorsam allgemein, ohne Weiteres als ein unzulässiger Erpressungsversuch ggü. der Regierung oder Parlaments- bzw. Bevölkerungsmehrheit einzustufen sind. Vielmehr muss eine Abwägung stattfinden, die Ziele, Zwecke und Mittel der jeweiligen Praxis zivilen Ungehorsams ins Verhältnis zu den Rechten der demokratischen Mehrheit sowie zu den Rechten der Geschädigten setzt. Liegen überwiegende Rechtfertigungsgründe vor, ist von einer Strafverfolgung abzusehen. Dabei ist hier in erster Linie das Zusammenschließen zum Zwecke der Durchführung solcher Protestaktionen als solches zu betrachten, insofern die Verfolgung der mutmaßlichen Taten selbst ja auch ohne Anklage nach § 129 StGB möglich bleibt. Bzgl. der Abwägung gegen die Rechte der demokratischen Mehrheit bzw. der sie vertetenen Institutionen ist nocheinmal festzhalten, dass das GG deren Befugnisse beschränkt (bis hin zu absoluter Beschränkung durch die Ewigkeitsklausel). Wie ist das hier einschlägige Recht bzw. Interesse genau zu bestimmen? Das Recht auf demokratische Mitbestimmung ist zwar grundgesetzlich ebenfalls als elementar zu betrachten, sobald mit deren Verwirklichung aber eine mittelbare oder unmittelbare, unzulässige Außerkraftsetzung oder Beschränkung von Grundrechten verbunden ist (hier v.a. durch Unterlassung der Implementierung wirksamer Maßnahmepakete durch die Politik), muss die Gewichtung jenes Rechts im Zweifel geringer ausfallen. Dies ergibt sich aus der Logik und systematischen Auslegung des GG, welches, wie bereits erwähnt, den Art. 1 und 20 sowie in geringerem Ausmaß damit auch deren Ausprägungen in Form speziellerer Rechte aus Art. 2 bis 19, nicht zu Änderung freigibt. Dass jene Außerkraftsetzung oder unzulässige Einschränkung gegenwärtig vorliegt (bzw. mindestens droht), und andere Abhilfe nicht möglich oder zumutbar ist, wurde weiter oben bereits dargelegt (vgl. Abschnitt 1 a)). Eine Beurteilung bzw. Abwägungen einzig und allein aufgrund der Anzahl der jeweils betroffenen Menschen als solcher ist gemäß geltender Rechtssprechung ohnehin nicht zulässig und wäre insbesondere mit Art. 1 GG unvereinbar (vgl. dazu die höchstrichterliche Rechtssprechung bspw. zum Abschuss von Passagierflugzeugen, die durch Terroristen übernommen und mutmaßlich als Waffe eingesetzt werden sollen). Zudem ist davon auszugehen, dass im vorliegenden Fall die LG-Aktionen auch objektiv zum Zwecke öffentlicher Interessen erfolgen (vgl. u.a. Abschnitt 1.1 b)), sodass in gewisser Hinsicht gar kein grundsätzlicher Widerstreit von Interessen oder Rechten angenommen werden muss. Da ein besserer Klimaschutz zweifelsfrei letztlich im objektiven Interesse aller oder der meisten Menschen liegt, sind Interessen und Rechte der von den Aktionen negativ beeinträchtigten Personen insofern immer zugleich auch als Zweck jener Aktionen zu betrachten. ii) Rechte und Interessen konkret betroffener Personen Konkret und unmittelbar sind nichtsdestotrotz ersteinmal immer auch Interessen oder Rechte bspw. von Fluggästen, Bahnreisenden, Eigentümern der ggf. beschädigten Fahrzeuge etc. negativ betroffen, sodass eine konkretere Abwägung trotz allem nicht obsolet ist. Eigentümer von beschädigten Fahrzeugen bzw. betroffenen Unternehmen haben durch bestimmte Aktionen wohl zweifellos einen wirtschaftlichen Schaden, womit womöglich auch eine Beeinträchtigung ihrer Eigentumsrechte einhergeht. Nun sind Eigentumsrechte an Produktionsmitteln,- welche übrigens mithilfe von rechtsphilosophischen Ansätzen, die mit dem GG harmonieren, ohnehin nur schwer in Einklang zu bringen sein dürften- jedoch im GG vielerlei Einschränkungen unterworfen, ganz explizit in den Artikeln 14 und 15. Der Allgemeinwohlvorbehalt aus Art. 14 (2) ist in den vorliegenden Fällen wohl kaum erfüllt, da das exzessive, profitorientierte Betreiben fossiler Produktions- und Verkehrsbetriebe jenem offenbar nicht (mehr) dient. Ein Recht auf Profit kennt das GG nicht. Es dürfte nun deshalb kaum jemand bestreiten, dass vor allem Grundrechten wie denjenigen aus Art. 1 und 2 (ableitbaren) im Zweifel der Vorrang einzuräumen ist. Materielle Interessen der jetzt oder in Zukunft von den Folgen der Klimakrise betroffenen Menschen sind zweifellos mindestens ebenso einschlägig wie diejenigen von Eigentümern und Aktionären, (sowie Fahr-und Fluggästen). Gleiches gilt für die Vereinigungsfreiheit aus Art. 9 (1), welche hier in erster Linie zu betrachten ist, ebenso für Rechtsgüter aus Art. 8 (1), 20 (4) sowie bzw. i.V.m. 20a. Dass und wie solche aufgrund der Handlungen bzw. Unterlassungen seitens Regierung und Unternehmen massiv beeinträchtigt und bedroht sind, wurde bereits erläutert. Folglich kann nur ein klares Überwiegen jener Rechte und Interessen geschlussfolgert werden, womit die Unverhältnismäßigkeit einer Anwendung des § 129 StGB ebenso klar auf der Hand liegt. Einige Fahr-und Fluggäste werden ebenfalls zu den Beinträchtigten der LG-Aktionen zu zählen sein. Ihre Interessen sind allerdings i.d.R. nur geringfügig bzw. zeitlich begrenzt tangiert, auch da die Aktionen zivilen Ungehorsams sie gewissermaßen nur zufällig bzw. oft bloß mittelbar überhaupt treffen und zudem nicht direkt auf ihre Schädigung abzielen. Zwar sind sie nicht als direkt verantwortlich oder pauschal profitierend einzuordnen, wie es bei Regierungen oder Eigentümern der Fall ist. Da ausreichend Aufmerksamkeit für die Anliegen der LG jedoch ohne solche Beeinträchtigungen nicht erreichbar sein dürfte, müssen die hierbei betroffenen Interessen und Rechtsgüter - aufgrund der bereits ausführlich begründeten Legitimität jener Anliegen und Protestformen - zurückstehen. Die Abwägung ist somit letztlich in gleicher Weise vorzunehmen bzw. zu gewichten, wie bereits im vorherigen Absatz geschehen. Das Recht auf bzw. Interesse an jederzeitiger uneingeschränkter Bewegungsfreiheit muss hinter dasjenige an (langfristiger) Bewahrung von Vereinigungsfreiheit, sowie ferner und insbesondere Leben, körperlicher Unversehrtheit (Gesundheit), Entfaltung der Persönlichkeit etc. von Millionen Menschen zurückstehen. Beziehungsweise genauer hinter das Recht auf, - falls unabdingbar auch zunächst gewisse Strafgesetze ignorierende, - Eintreten für jene. Bleibt noch die Frage zu klären, ob mit Aktionen, die u.U. bspw. eine Störung des Luftverkehrs in Kauf nehmen, eine (vorsätzliche) unzulässige Gefährdung erreicht ist. Auch hier sollte die Antwort Nein lauten, da, anders als bspw. bei illegalen Autorennen, wo ein bedingter Vorsatz allgemein bejaht wird, 1. im Falle der LG-Aktionen keine persönlichen Interessen einschlägig sind (vgl. Abschnitt 1. b) und 2. alle im Bezug auf die Aktionsform denkbaren Vorkehrungen getroffen werden, um Gefährdungen von Leib und Leben anderer zu vermeiden. Von Fahrlässigkeit kann insofern ebenso wenig ausgegangen werden, sobald die Rechtswidrigkeit der Aktion aufgrund ihres Charakters legitimen zivilen Ungehorsams verneint wird. Denn es bleibt dann zwar noch immer eine eher abstrakte, mehr oder weniger unspezifische Gefährung übrig. Eine solche liegt jedoch genauso im Falle anderer, unzweifelhaft rechtmäßiger Proteste oder Streiks vor. So kann es bspw. aufgrund von Massenpaniken oder Verkehrsbeeinträchtigungen bei großen Demonstrationen oder Kundgebungen zu Verletzten oder sogar Toten kommen, und zwar auch von Unbeteiligten, die zufällig hineingeraten. Bahnstreiks können, (neben dem massiven volkwirtschaftlichen Schaden) aufgrund der dadurch erhöhten Stauwahrscheinlichkeit vermehrt Auffahrunfälle nach sich ziehen, etc.. Die Verhältnismäßigkeit einer Anwendung mindestens des § 129 StGB ist folglich auch in Bezug auf solche Aktionen zu verneinen, da schon eine (hinreichende) Strafbarkeit der betreffenden Aktionen selbst im Lichte der hier vorgenommenen Erwägungen sehr zweifelhaft ist. 2.2. Verhältnismäßigkeit in Bezug auf mit einer Anklageerhebung verbundenen Maßnahmen Aufgrund der im Zuge von Ermittlungen gegen LG-Beschuldige wegen § 129 StGB bereits erfolgten massiven Eingriffe in Grundrechte bspw. aus Art. 5 (1), 10 (1), 13 (1) vor allem aber 9 (1) (Pressefreiheit), ist, insbesondere unter Berücksichtigung der obigen Ausführen bzgl. Auslegung, Subsumierbarkeit und Verhältnismäßigkeit, letztere auch hier eindeutig zu verneinen. 2.3 Vergleichende Betrachtung (des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes bei) der rechtlichen Beurteilung von Streikmaßnahmen. A fortiori müssen die hierbei geltenden, v.a. durch die Rechtssprechung explizierten Grundprinzipien auch im Falle (legitimen) zivilen Ungehorsams und Widerstandes gg. Handlg Dritter gelten. Es ist ebenfalls ein grundgesetzliches geschütztes Rechtsgut der Vereinigungsfreiheit einschlägig. Die grundsätzliche Möglichkeit der Legitimität von Interessenvertretung auch durch Beeinträchtigung von Rechten und Interessen anderer (Dritter) ist durch die Rechtssprechung zu Streikmaßnahmen prinzipiell anerkannt. Dass Sachverhalte wie bspw. umstandslos fortgesetzter Flugverkehr ohne guten Grund hier vorliegen, wurde bereits dargelegt. Zwar geht es im Falle der LG um bedrohliche Regelungen, Maßnahmen und v.a. Unterlassungen der öffentlichen Gewalt. Aufgrund der direkten Bindung der öffentlichen Gewalt an das GG muss die grundsätzliche Zulässigkeit von ungehorsamen Protest und Blockadeaktionen in diesem Lichte aber erst Recht bejaht werden, zumal die schuldhafte bzw. grob fahrlässige Unterlassungen öffentlicher Institutionen hier Eingriffen gleichkommen und solchen somit gleichzustellen sind. Auch Interessen- bzw.Rechteabwägung fallen im Vergleich ziemlich eindeutig zugunsten der LG aus. So liegen bei Streiks vergleichbare wirtschaftliche, finanzielle, und persönliche Beeinträchtigungen (Verspätungen, Ausfälle, Gewinneinbußen) sowie Gefährdungswirkungen (s.o. 2.1. ii)) vor. Doch zielen Streikmaßnahmen oftmals nur auf relativ geringfügige, und zudem nur persönliche, materielle Interessen und Vorteile ab (so v.a. im Falle von Berufsgruppen, die breits vergleichsweise hohe Gehälter oder Löhne erhalten). Dennoch werden sie als zulässig betrachtet, obwohl z.T. massive wirtschaftliche Einbußen für die Allgemeinheit damit verbunden sind, und zwar ohne dass diese direkt an Entscheidungen für oder gegen einen Streik demokratisch partizipiert. Abschließend wäre dehalb polemisch zu fragen, ob nun Zusammenschlüsse für mögliche Streikmaßnahmen, deren Rechtmäßigkeit nicht vorliegt oder zweifelhaft bzw. noch ungeklärt ist, dann auch mit § 129 StGB bedroht sein sollten? 2.4. Vergleichende Betrachtung der Maßnahmen gegen die Covid-19 Pandemie Ähnlich wie beim Klimawandel gab es hier zunächst ebenfalls keine, i.S.v. unmittelbaren Kausalketten, direkt individuell zuordbare bzw. zurechenbare Gefährdungswirkung von Handlungen, die mit den Coronamaßnahmen untersagt wurden. Mit den Maßnahmen war ebenfalls ersteinmal eine Inkaufnahme von bedeutenden ökonomischen Einbußen verbunden, letztere werden ebenfalls gerne gegen weitergehende, wirksame Klimaschutzmaßnahmen in Anschlag gebracht. Zudem waren mit den Maßnhamen erhebliche Grundrechtseinschränkungen verbunden, demokratische Mechanismen wurden zum Teil zeitweise ignoriert bzw. suspendiert oder umgangen. Wird dennoch grds. eine staatliche Plicht zu solchen oder ähnlichen Maßnahmen im Falle der Pandemie bejaht, muss eine solche erst Recht im Bezug auf wirksame, weitergehende Klimaschutzmaßnahmen angenommen werden, auch falls hierdurch tatsächlich mit massiven (ökonomischen) Einbußen gerechnet werden müsste. Wird jener Pflicht nicht nachgekommen, ist somit weitreichender ziviler Ungehorsam unzweifelhaft nicht nur gerechtfertigt, sondern sogar geboten, da diese Unterlassung letztlich einem unzulässigen Eingriff in die Rechte der Betroffenen gleichkommt. Schluß Augrund der ziemlichen Offensichtlichkeit der hier angeführten Sach- und Rechtsgründe könnte es sogar sein, dass Sie sich durch Ermittlungen oder Anklageerhebung gegen (Teile der) LG nach § 129 StGB wegen Rechtsbeugung oder Amtspflichtverletzung (Art. 34 GG) strafbar bzw. haftbar machen würden. Die Weisungsgebundenheit der Staatsanwaltschaften steht dem nicht unbedingt entgegen, insofern selbst Angehörige der Bundeswehr das Recht und u.U. sogar die Pflicht haben können, das Befolgen rechtswidriger Befehle zu verweigern. Solche, vielleicht wie unnötige Belehrungen erscheinenden Hinweise sind nur auf den ersten Blick übertrieben, da auch ein entgegnender Verweis Ihrerseits auf die Rolle der Gerichte bei der entgültigen Klärung ins Leere laufen würde, insofern 1. jene ebenso für diese gelten, wenn aber höchstinstanzliche Bestätigung offenkundig ohnehin nicht zu erwarten ist, in jedem Fall auch bzgl. Anklageerhebung Unverhältnismäßigkeit vorliegt. 2. bis zur abschließenden Klärung oftmals viele Jahre vergehen und jede bis dahin erfolgte (Ermittlungs-)Maßnahme gegen die Beschuldigten bzw. der durch diese angerichtete persönliche, rechtliche, moralische, sowie (klima-)politische Schaden nicht oder nur sehr bedingt rückgängig gemacht werden könnte. 3. Sie dazu verplichtet sind, auch relevante entlastende Erwägungen bereits vor der Anklageerhebung in vollem Umfang zu berücksichtigen. Aus all diesen Gründen fordere ich Sie mit aller Nachdrücklichkeit dazu auf, Ihre Vernunft, Ihre juristische Fachkenntnis und Ihr moralisches Gewissen zu Rate zu ziehen und sich notfalls auch unter Gefährung Ihres Beamtenstatus gegen jegliche Einstufung der LG als kriminelle Vereinigung zu stellen. Damit würden Sie nichts anderes tun als zu beweisen, dass Ihre Treue zu den Prinzipien des demokratischen Rechts-und Verfassungsstaats und den Menschenrechten kein bloßes Lippenbekenntnis darstellt. Den ehemaligen Generalstaatsanwalt des Landes Hessen, Fritz Bauer, dessen Leben und Wirken Ihnen hoffentlich wohlbekannt ist, könnten Sie sich dabei zum Vorbild nehmen. Weiterführende Literatur Hermann, Ulrike. Das Ende des Kapitalismus. Warum Wachstum und Klimaschutz nicht vereinbar sind. 2023. Kiepenheuer & Witsch. https://www.researchgate.net/publication/334453443_Decoupling_Debunked_Evidence_and_arguments_against_green_growth_as_a_sole_strategy_for_sustainability_A_study_edited_by_the_European_Environment_Bureau_EEB |
Birgit Rummel | Der Vorwurf, die Letzte Generation bilde eine kriminelle Vereinigung, ist unhaltbar. Es ist klar erkennbar, dass der Zweck der Gruppierung nicht die Begehung von Straftaten ist – im Gegenteil. Die Letzte Generation lenkt durch Aktionen in der Öffentlichkeit die Aufmerksamkeit der Bürger auf das Handeln bzw. Nicht-Handeln der Bundesregierung, um durch öffentlichen Druck die Bundesregierung dazu zu bewegen, das Grundgesetz (insbesondere §20a), das Klimaschutzgesetz sowie das Pariser Klima-Abkommen einzuhalten. Also ist das Handeln der Letzten Generation auf die Einhaltung von Gesetzen und völkerrechtlichen Abkommen ausgerichtet, nicht auf den Bruch von Gesetzen. Die Letzte Generation begeht im Rahmen ihrer Aktionen zuweilen Regelverstöße im Sinne von Zivilem Ungehorsam. Diese Regelverstöße sind aber von untergeordneter Bedeutung. Sie stellen nicht den Zweck der Vereinigung dar, sondern werden in Kauf genommen, um den eigentlichen Zweck zu verfolgen – nämlich öffentlichen Druck zu erzeugen, um die Bundesregierung zum Handeln für den Klimaschutz zu bewegen. Regelverstöße sind und waren stets Teil von politischem Protest, nicht nur der Klimabewegung, sondern aller möglichen Akteure. Die Letzte Generation ist strikt gewaltfrei. Es werden niemals Menschen verletzt oder gefährdet. Bei Straßenblockaden werden die Straßen bei Fußgänger-Grün betreten und die Aktivist*innen tragen gut sichtbare Warnwesten. Es wird stets darauf geachtet, dass die Blockade auf der Breite mindestens einer Fahrspur auflösbar ist, also nicht festgeklebt, so dass im Notfall eine Rettungsgasse gebildet werden kann. Das gewaltfreie Verhalten wird in Trainings eingeübt. Die Grundwerte sind auf der Website der Letzten Generation einsehbar. Alle Aktivist*innen verpflichten sich darauf. Von einer Gefahr für die öffentliche Sicherheit kann keine Rede sein. Im Gegenteil: die öffentliche Sicherheit erfordert, die Öffentlichkeit auf die sich vollziehende Klimakatastrophe hinzuweisen, und die Bundesregierung aufzufordern, die Verfassung, geltende Gesetze und völkerrechtlich bindende Verträge einzuhalten. |