Sehr geehrte Damen und Herren der StA Neuruppin,
die völlig unverhältnismäßige Einordnung der LG als kriminelle Vereinigung nach §129 StGB durch die Justiz, hat uns, die Seniors for Future (Oldenburg), fassungslos gemacht und entsetzt.
Die LG hat weder ein finanzielles Interesse noch profitiert die LG von sonstigen Vorteilen. Die LG begeht diesen zivilen Ungehorsam im absoluten Interesse des Gemeinwohls mit dem Ziel, dass die Politik sich an das von der Regierung im Jahr 2021 beschlossene Klimaschutzgesetz hält und endlich wirksame Maßnahmen gegen die Klimakatastrophe ergreift, damit auch unsere Kinder und Enkel noch eine lebenswerte Zukunft haben.
Statt wirklich ernsthafte Schritte zur Abwendung katastrophaler Folgen der Klimakrise einzuleiten, wird seitens der Regierung, Politikern, Judikative und einschlägigen Medien viel Energie darauf verwendet, die Letzte Generation zu kriminalisieren und in die Nähe von Terroristen zu stellen. (Kontosperrung, Abschalten der Website, Androhung von Strafverfolgung für Spender*innen und Abhören von Gesprächen der L.G. mit Journalisten).
Wir finden es beschämend, wie Teile der Politik, manche Richter und Richterinnen, und ein großer Anteil der Medien die berechtigten und wissenschaftlich fundierten Ziele der Letzten Generation verunglimpfen, die übrigens die Ziele aller Klima- und Umweltbewegungen sind. Alarmierend ist hier auch der am 11.03.24 erschienene Bericht der Europäischen Umweltagentur.: „Unsere neue Analyse zeigt, dass Europa mit dringenden Klimakrisen konfrontiert ist, die sich schneller entwickeln als unsere gesellschaftliche Vorsorge. Dies ist also die neue Normalität. Und es sollte ein Weckruf sein, der letzte Weckruf“ (EEA- Exekutivdirektorin Leena Ylä-Mononen). Ebenso der am 19.03. von der Weltwetterorganisation (Ergebnisse gelten als globale Richtschnur) veröffentlichte Bericht zum Zustand des Klimas „gibt Anlass zu besonderer Sorge“, und Celeste Saulo (Chefin der WMO) spricht sogar von „Alarmstufe Rot“. Es fehle am Willen, die Klimakrise ernst zu nehmen. „Heutige Untätigkeit wird unsere Kinder und Enkel teuer zu stehen kommen“ konstatiert Carsten Haustein vom Institut für Meteorologie der Universität Leipzig.
Wer nur über Aktionsformen diskutiert, verliert die national und international festgeschriebenen Verpflichtungen der Staaten aus den Augen und lenkt von eigenen Versäumnissen ab. Wir distanzieren uns von diesen Ablenkungsmanövern und bekennen uns ausdrücklich zu den gemeinsamen Zielen.
Genauso sollte es in einer Demokratie möglich sein, durch verschiedene Protestformen auf diesen Missstand, dass die Regierung sich nicht an die eigenen Klimagesetze hält, hinzuweisen, auch durch zivilen Ungehorsam. Gerade die Vielfältigkeit der Bewegung ist wichtig, um unterschiedliche Menschen zu erreichen, zu motivieren und aktiv zu werden.
Wir als 50+ Generation erwarten von der Politik und Justiz, dass sie die berechtigten Ängste der Menschen, insbesondere der jüngeren Generation, ernst nimmt und dementsprechend handelt. Andernfalls macht sich Politik und Justiz unglaubwürdig und verspielt die Zukunft unserer Nachkommen. Das ist inakzeptabel und verstößt gegen Artikel 20 a des Grundgesetzes: „Der Staat schützt auch in Verantwortung für die künftigen Generationen die natürlichen Lebensgrundlagen …“!
Bei den jüngsten Bauernprotesten wird von Politik und Justiz dieser §129 StGB nicht einmal in den Mund genommen. Dabei geht es den Bauern vorwiegend um ihren finanziellen Vorteil hinsichtlich der Besteuerung von Diesel und gegen jegliche Umweltmaßnahmen zum Erhalt der Biodiversität. Im Gegensatz zur Letzten Generation geht es bei den Bauernprotesten nicht gewaltfrei zu: von der Bedrohung von Politiker*innen bis hin zum Aufruf die Regierung zu stürzen), sind auch Autofahre*innen zu Schaden gekommen. Es werden Demonstrationen mit großen, von der Kfz -Steuer befreiten Treckern durchgeführt, die weder für öffentliche Verkehrswege noch für das Befahren/Blockieren von Autobahnen zugelassen sind. Während Sitzblockaden zügig und häufig unter Anwendung von Schmerzgriffen aufgelöst werden, findet keine einzige Räumung von Treckern geschweige denn Anordnung von Präventivhaft statt. Hier ist die Doppelmoral geradezu augenfällig und die Politik und Justiz misst mit zweierlei Maß!
Wir, die Seniors for Future (Oldenburg), sehen in einer möglichen Anwendung des §129 StGB im Hinblick auf die Letzte Generation eine Gefahr für die engagierte Zivilgesellschaft und unsere Demokratie. Deshalb halten wir eine Nichtanwendung des § 129 StGB bei den Beschuldigten für zwingend geboten.
Mit freundlichen Grüßen,
Almuth Hölzen