Es sind bereits
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Stellungnahmen eingegangen. Bei einigen haben uns die Autor:innen erlaubt, sie hier zu veröffentlichen:
Name Stellungnahme an die Staatsanwaltschaft
Ulla Köberle-Lang Die Letzte Generation ist keine kriminelle Vereinigung, sondern eine Klimaschutzgruppe, die inzwischen zum Beispiel auch für das Europaparlament kandidiert.

Klimaschützen ist kein Verbrechen und deshalb bin ich entsetzt, dass einige Mitglieder behandelt werden als wären sie Mitglieder der Mafia!

Ihre Mittel, auf die Dringlichkeit von raschen und wirkungsvollen politischen Maßnahmen gegen die Klimakatastrophe hinzuweisen, sind gewaltfrei.

Das Ziel der Letzten Generation: Sie wollen die menschliche Zivilisation retten vor der Klimakatastrophe, in die die Menschheit immer weiter hineinläuft. Wenn die Treibhausgasemissionen, z. B. durch den Verkehr und Energiesektor, durch die Landwirtschaft, durch die Industrie und im Gebäudesektor, nicht schnell und drastisch reduziert werden, sind die Aussichten für die menschliche Zivilisation wie wir sie kennen dramatisch: Sie wird zu Grunde gehen und das Leiden durch die rapide Erderhitzung wird immer mehr und immer katastrophaler werden.

Ich teile mit der Letzten Generation das Ziel: Ich will ebenfalls unsere Lebensgrundlagen bewahren und konsequent und schnellstmöglich das fossile Zeitalter beenden und umsteuern, hin zu einer nachhaltigen Wirtschaft. Ich will, dass nicht nur meine Generation, sondern auch unsere Kinder und Kindeskinder ein gutes Leben führen können.

Straßenblockaden erzeugen kein Klima der Angst, wie es bei kriminellen Banden der Fall wäre. Bilderrahmen mit Brei oder Farbe zu beschmutzen sind keine erheblichen Straftaten. Ich finde es völlig abwegig, aus solchen symbolischen Störaktionen eine erhebliche Gefährdung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung zu konstruieren. Das höchste deutsche Gericht in Strafsachen, der Bundesgerichtshof BGH, gibt eine Erheblichkeitsschwelle für Ermittlungen wegen einer kriminellen Vereinigung vor. Diese Grundsätze der Rechtsprechung dürfen Sie nicht missachten und unerhebliche Störaktionen mit organisierter Kriminalität gleichsetzen.

Mein Eindruck: Die Strafverfahren wegen Bildung einer angeblich kriminellen Vereinigung sind politisch motiviert. Schließlich stören auch andere immer wieder den Verkehr und werden nicht mit solchen Verfahren überzogen, z. B. führten die Traktorproteste aus der Landwirtschaft nicht zu Verfahren gegen Bauernvereinigungen.

Ich habe den Eindruck, dass die Ermittlungen geführt werden, obwohl eigentlich klar ist, dass eine Verurteilung extrem unwahrscheinlich ist, weil das drastische Ermittlungen wie z. B. Abhören und Hausdurchsuchungen möglich macht. Das wirkt auf mich wie eine Maßnahme, um Aktive von ihrem Einsatz für den Schutz unserer Lebensgrundlagen abzuhalten und andere von entsprechendem Engagement abzuschrecken.

Auch wenn die Mittel der Letzten Generation nicht meine eigenen sind: Das ist auf keinen Fall organisierte Kriminalität wie von gewalttätigen Banden.

Sogar UN-Sonderberichterstatter Michel Forst warnt eindringlich vor einer Kriminalisierung von klimaaktivistisch engagierten Menschen, die er als "environmental defenders" bezeichnet. Er schließt dabei ausdrücklich Menschen ein, die zivilen Ungehorsam als Methode wählen.

Stellen Sie das Verfahren ein!
Aleksandar Ivanov Wenn Fossilkonzerne unsere Lebensgrundlagen zerstören, drücken alle Säulen des Staates brav alle Augen zu. Aber sobald jemand die Profitgier der Fossilwirtschaft anprangert und gegen ihre Zerstörung unserer Lebensgrundlagen ankämpft, wird sofort die Unterdrückungsmaschine angeworfen. Politiker und Anwälte die Verfahren wie dieses Anstreben anstreben, sind allesamt Feiglinge, denn: Vor den Reichen & Mächtigen ducken sie sich weg, aber gegen normale Menschen sind sie plötzlich so mutig und schlagen Sie mit aller Brutalität zu. Schande über euch! Und nieder mit den Fossil-Milliardären und ihren Erfüllungsgehilfen!
Antonie Butz in dem folgenden Schreiben nehme ich Stellung zu der möglichen Einstufung der Letzten Generation als kriminelle Vereinigung i.S.d. § 129 StGB.

Der Schutzzweck der Norm und der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit verlangen i.R.d. § 129 StGB eine erhebliche Gefahr für die Öffentliche Sicherheit. Es ist eine Gesamtwürdigung der begangenen und/oder geplanten Straftaten unter Einbeziehung aller Umstände nötig. Lassen sie mich an dieser Stelle einige dieser Umstände schildern: Ziel der Letzten Generation ist mitunter auf Missstände in Bezug auf die Klimakrise aufmerksam zu machen. Einer dieser Missstände ist, dass die Regierung sich nicht an die Einhaltung der Klimaziele hält. Fridays for Future hat jahrelang, leider erfolglos, in Form von Streiks versucht, an die Regierung zu appellieren. Nichts anderes versucht die Letzte Generation in Form von zivilem Ungehorsam. Mir ist keine andere Gruppierung bekannt, die dabei so viel Wert auf Gewaltlosigkeit, sowohl auf physischer als auch verbaler Ebene, legt. Dies geschieht nicht zuletzt durch Workshops, die verpflichtend sind, sofern man an einer der Aktionen teilnehmen möchte.

In einem Kommentar von Kulhanek zu § 129 StGB bejaht dieser dennoch eine erhebliche Gefahr für die öffentliche Sicherheit. Mehrfach begründet er dies durch die moralischen Wertvorstellungen der Letzten Generation, die sie über die rechtsstaatliche Ordnung und jenseits der Gesetze stellen würden. Zunächst würde ich gerne anmerken, dass eine strikte Trennung von Moral und Recht gerade in Anbetracht der deutschen Geschichte einen negativen Beigeschmack bei mir auslösen. Es gibt viele historische Persönlichkeiten, die ihre Moralvorstellungen über das bestehende Recht stellten. In Deutschland hatten wir beispielsweise die Geschwister Scholl. Aber auch Martin Luther King, Rosa Parks oder auch Mahatma Gandhi sahen zurecht die Notwendigkeit dafür. Im Übrigen ist die Klimakrise aber keine moralische Frage, sondern ein tatsächliches Problem. In dessen Zusammenhang bereits vom Bundesverfassungsgericht in einer Grundsatzentscheidung festgehalten wurde, dass die Regierung nicht genug tut, um diesem Problem angemessen (oder überhaupt) entgegenzuwirken. Der Letzten Generation also Überheblichkeit vorzuwerfen, indem sie „Moralvorstellungen“ über die rechtsstaatliche Ordnung stellen, und damit die für § 129 StGB erforderliche Erheblichkeit zu bejahen, lassen sich nicht mit meinen moralischen Wertvorstellungen vereinbaren.

Mir ist bewusst, dass die Letzte Generation sich nicht der mehrheitlich gesellschaftlichen Anerkennung erfreuen kann. In Anbetracht von wenig medialem Zuspruch und der ihrer Position, als Überbringer von schlechten Botschaften ist das nicht nicht sonderlich verwunderlich. Mir verbleibt nur an Vernunft, Menschlichkeit und Ihr Gewissen zu appellieren. Es ist unvermeidbar, dass von dieser Entscheidung eine Signalwirkung ausgehen wird. Die Letzte Generation bringt ihre Verzweiflung nicht zuletzt durch Festkleben oder Hungerstreiks zum Ausdruck. Dass sich Leute freiwillig ihre Zukunft verbauen und Gewalt, Bespucken, Gefängnisstrafen und vieles mehr ertragen, zeigt das Ausmaß dieser Verzweiflung. Die Augen werden darauf gerichtet sein, wie unser Rechtsstaat diesem Zustand begegnet.

In welchem Verhältnis Rechtsgefühl und Recht zueinander stehen, mag vielleicht eine rechtsphilosophische Frage bleiben. Für mich stellt sich allerdings nicht die Frage, warum die Letzte Generation so vorgeht wie sie vorgeht oder, inwiefern ihr Handeln gerechtfertigt ist. Denn ich lese die Nachrichten, Tag für Tag. Demnach stellt sich für mich viel eher die Frage, warum wir noch nicht alle mit Tomatensoße werfen.
Friedrich Albrecht

hiermit möchte ich gerne zur Frage, ob die "Letzte Generation vor den Kipppunkten" und weitere aktivistische Gruppen eine kriminelle Vereinigung bilden, Stellung beziehen.

Unser freiheitlich demokratisches System basiert auf der Gewaltenteilung von der Legislativen, über die Exekutive, bis zu der Judikativen Gewalt, die Sie ja selber nach bestem Wissen und Gewissen ausüben. Aber auch weitere Rechte der Bürger*innen sind durch unsere Verfassung gesichert, die zur Kontrolle der staatlichen Macht geschaffen sind. Dazu gehört neben den freien Medien auch die freie Meinungsäußerung eines jeden Menschen. Diese kann in Form von Stellungnahmen (wie der meinen), öffentlichen Protesten aber auch zivilem Ungehorsam ausgeübt werden.
Nun sind die Protestierenden der "Letzten Generation" wiederholt mit dem Vorwurf der Nötigung konftontiert worden, was in bestimmten einzelfällen tatsächlich auch zutreffen mag. Diese einzelnen Fälle sind zwar bedauerlich, sind aber kaum vermeidbar wenn es darum geht den Klimawandel anzufechten. Denn genau darum geht es hier.

Um das gröbste Versagen auf politischer sowie auf zivilgesellschaftlicher Ebene. Es handelt sich dabei um eine Bequemlichkeit, die sich in der deutschen Bevölkerung und Politik breit gemacht hat und die zusammen mit dem systematischen Versagen des Selbsterhaltungstriebes der Legislativen der anderen Länder und der Weltgemeinschaft für die Vernichtung unseres Ökosystems sowie der gesamten Menschheit sorgen wird. Dabei verweise ich auf das Werk "Deutschland 2050" von Nick Reimer und Toralf Staud, die darin die gesamten Ausmaße des Klimakollapses erläutern.

Die "Letzte Generation" sieht sich in der Pflicht den "Feueralarm" zu spielen und die Gesellschaft auf das allumfassende Versagen der Politik, und die Unwilligkeit zu den nötigen, drastischen Veränderungen und Maßnahmen, hinzuweisen.
So mögen die Methoden der "Letzten Generation" zwar durchaus umstritten sein, doch haben sie durch die immanente Gefahr durch den Klimakollaps und durch das durch ihn verursachte menschliche Leid eine Daseinsberechtigung, da die Maßnahmen der "Letzten Generation" nur ein Mittel zur Verhinderung eines viel gravierenderen Übels sind.
Damit können diese Akte des zivilen Ungehorsams nicht als organisierte Straftat an sich gewertet werden, da der bewiesene Tatbestand einer Straftat meist eher ein Einzelfall ist und da hier das Recht auf Versammlungs- und Meinungsfreiheit greift. Die Begehung von Straftaten, oder meistens eher Ordnungswidrigkeiten, ist nicht der Selbstzweck, sondern lediglich das Mittel zum Zweck, um eine weltweite, für milliarden von Menschen potentiell tödliche, Kriese zu verhindern. Damit wäre auch die Einordnung der "Letzten Generation" als kriminelle Vereinigung nicht zu rechtfertigen.
Auch wäre der Symbolcharakter einer Einordnung der Letzten Generation als Kriminelle Vereinigung fatal. Solch eine Verurteilung würde unsere Demokratie langfristig schädigen, da die Zivilgesellschaft sich nun höchstens zaghaft für ihre Interessen einsetzen würde, aus Angst abgeurteilt zu werden. Der Einsatz für Klimagerechtigkeit ist der Einsatz für Demokratie, denn keine Demokratie würde eine Katastrophe diesen Ausmaßes überleben. Die Folge der Überwachung von Mitgliedern der Letzten Generation ist die Verunsicherung und der daraus folgende fehlende Einsatz für unsere Demokratie in der Zivilgesellschaft.
Daher bitte ich Sie darum dieses Verfahren einzustellen und dafür zu sorgen, dass die wiederrechtliche Überwachung von Telekommunikationswegen umgehend geahndet wird.

Der Einsatz für unsere Demokratie darf nicht unter Strafe fallen.
Der Einsatz für eine bessere, lebenswerte Zukunft darf nicht bestraft werden.
Der Einsatz für das Leben unserer Kinder und das deren Kinder darf nicht mit Freiheitsstrafen und der Verletzung des Rechtes auf Privatsphäre strafrechtlich verfolgt werden.
Vielen Dank!