Es sind bereits
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Stellungnahmen eingegangen. Bei einigen haben uns die Autor:innen erlaubt, sie hier zu veröffentlichen:
Name Stellungnahme an die Staatsanwaltschaft
Manon Mannherz Ich gebe als Eigentümerin eines alten Hauses den Großanteil meines Ersparten aus, um mein Dach dämmen zu lassen. Als Privatperson kann ich nicht viel mehr tun, als meinen ökologischen Fußabdruck zu mindern. Wo sind jedoch die Player, die das große Ganze strukturell in die richtigen Bahnen lenken sollten?
Die im Raum stehende "erhebliche Gefahr für die öffentliche Sicherheit" geht meiner Meinung nach von der untätigen Politik aus, die auch im Jahr 2024 noch nicht den Rahmen schafft, um die Folgen der Klimakrise wirksam einzudämmen und den wirtschaftlichen Akteuren, die weiterhin vom Raubbau am Planet Erde profitieren, Einhalt zu gebieten. Genau das fordert die Letzte Generation und übrigens auch ich.
Mit einer Verurteilung der Letzen Generation als kriminelle Vereinigung würde ein Exempel statuiert, um andere ebenfalls Unzufriedene einzuschüchtern und buchstäblich not-wendigen demokratischen Diskurs zu verhindern. Das darf nicht sein!
Lena Schiller ich möchte mich hiermit gegen die Einordnung der Klima-Aktivisten als kriminelle Vereinigung aussprechen. Ihre Aktionen sind zwar unbequem und sollen aufrütteln, aber sie bringen niemanden bewusst zu Schaden. Zudem sind die Aktionen einem höheren gemeinschaftlichem Ziel untergeordnet und dienen nicht etwa dem Eigennutz. Damit fallen die Aktionen in die Kategorie „ziviler Ungehorsam“. Und der ist wichtig. Wie sonst soll man sich einsetzen gegen ungerechte Gesetze und für langfristigen Natur- und Klimaschutz? Die Mühlen der Gesetze mahlen oftmals zu langsam, die Zeit haben wir nicht mehr im Klima- und Naturschutz.
Ziviler Ungehorsam hat eine lange und rühmliche Geschichte. Erstmals rief der Philosoph Henry David Thoreau im Jahr 1849 dazu auf, keine Steuern mehr zu zahlen, bis die USA ihren Expansionskrieg gegen Mexiko einstelle und zudem die barbarische Sklavenhaltung abschaffe. Später rief Indiens Freiheitskämpfer Mahatma Gandhi zum Boykott gegen die Produkte der Briten auf, um sein Land von deren Herrschaft zu befreien. Die jüdische Philosophin Hannah Arendt hat den zivilen Ungehorsam als politische Handlungsform verteidigt, ebenso Jürgen Habermas, der ihn als Zeichen einer gefestigten Demokratie verstand.
Die Methoden des zivilen Ungehorsams sind unterschiedlich. Auch das Festkleben auf Straßen ist Ausdruck eines Aufbegehrens gegen die herrschende Gesetzgebung und gehört somit dazu.
Der zivile Ungehorsam der meist jungen Aktivisten kostet Mut. Wir sollten die Beteiligten nicht kriminalisieren und sie nicht mit Strafen mundtot machen, – sondern vielmehr ihre Botschaft ernst nehmen, ihnen zuhören und gemeinsam nach Lösungen suchen.
Corinna Dürr die Letzte Generation und andere Initiativen der Klimabewegung haben sich zusammengetan, um unser aller Lebensgrundlage zu schützen und Politik und Gesellschaft zum Hinschauen und Handeln aufzufordern, damit die Klimakrise nicht weiter ausufert. Zum Aufrütteln sind auch Protestaktionen erforderlich, die nervig sind und stören; ja, das ist sogar das Wesen der meisten Protestformen. Und gemeinsame Meinungsäußerungen und Proteste sind zum Glück unser gutes Recht in der deutschen Demokratie. Angesichts existenzieller Krisen kann sogar ziviler Ungehorsam durchaus geboten sein. Was in dieser Hinsicht rechtens ist, muss im Einzelfall bewertet werden.

Mir ist unbegreiflich, wie in diesem Fall der Vorwurf zur Bildung einer kriminellen Vereinigung greifen kann. Bei der Klimabewegung und der Letzten Generation setzen zahlreiche Menschen selbstlos ihre Zeit, Energie, Geld und Ideen ein, um sich für eine für uns alle lebenswerte Zukunft einzusetzen. Wie kann ein Zusammenschluss mit so einem Ziel in einer Demokratie mit Meinungsfreiheit als kriminelle Vereinigung gewertet werden? Wo ist hier die kriminelle (egoistische und gewinnorientierte) Energie und das kriminelle Ziel? Wenn der selbstlose Einsatz für den Schutz unserer Lebensgrundlagen als kriminell gewertet wird, läuft in unserer Demokratie etwas gewaltig schief!

Hinzu kommt: wenn der Rechtsstaat hier mit zweierlei Maß misst, Bauern, Pegida, AfD, Nazis usw. frei protestieren lässt und man sich bei der Strafverfolgung öffentlich so gegen die Letzte Generation einschießt, ist dies nur Wasser auf die Mühlen derer, die unseren Rechtsstaat wirklich gefährden. Und schwächt zudem auch noch diejenigen, die im Grunde für die Allgemeinheit (und nicht für sich) und das Richtige kämpfen.

Ich bitte Sie, dies unbedingt zu bedenken und die Anklage fallen zu lassen.
Marie-Luise Vogel Die Letzte Generation ist keine kriminelle Vereinigung, sondern eine Klimaschutzgruppe, die inzwischen zum Beispiel auch für das Europaparlament kandidiert.
Klimaschützen ist kein Verbrechen und deshalb bin ich entsetzt, dass einige Mitglieder behandelt werden als wären sie Mitglieder der Mafia!
Ihre Mittel, auf die Dringlichkeit von raschen und wirkungsvollen politischen Maßnahmen gegen die Klimakatastrophe hinzuweisen, sind gewaltfrei.
Das Ziel der Letzten Generation: Sie wollen die menschliche Zivilisation retten vor der Klimakatastrophe, in die die Menschheit immer weiter hineinläuft. Wenn die Treibhausgasemissionen, z. B. durch den Verkehr und Energiesektor, durch die Landwirtschaft, durch die Industrie und im Gebäudesektor, nicht schnell und drastisch reduziert werden, sind die Aussichten für die menschliche Zivilisation wie wir sie kennen dramatisch: Sie wird zu Grunde gehen und das Leiden durch die rapide Erderhitzung wird immer mehr und immer katastrophaler werden.
Ich teile mit der Letzten Generation das Ziel: Ich will ebenfalls unsere Lebensgrundlagen bewahren und konsequent und schnellstmöglich das fossile Zeitalter beenden und umsteuern, hin zu einer nachhaltigen Wirtschaft. Ich will, dass nicht nur meine Generation, sondern auch unsere Kinder und Kindeskinder ein gutes Leben führen können.
Straßenblockaden erzeugen kein Klima der Angst, wie es bei kriminellen Banden der Fall wäre. Bilderrahmen mit Brei oder Farbe zu beschmutzen sind keine erheblichen Straftaten. Ich finde es völlig abwegig, aus solchen symbolischen Störaktionen eine erhebliche Gefährdung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung zu konstruieren. Das höchste deutsche Gericht in Strafsachen, der Bundesgerichtshof BGH, gibt eine Erheblichkeitsschwelle für Ermittlungen wegen einer kriminellen Vereinigung vor. Diese Grundsätze der Rechtsprechung dürfen Sie nicht missachten und unerhebliche Störaktionen mit organisierter Kriminalität gleichsetzen.
Mein Eindruck: Die Strafverfahren wegen Bildung einer angeblich kriminellen Vereinigung sind politisch motiviert. Schließlich stören auch andere immer wieder den Verkehr und werden nicht mit solchen Verfahren überzogen, z. B. führten die Traktorproteste aus der Landwirtschaft nicht zu Verfahren gegen Bauernvereinigungen.
Ich habe den Eindruck, dass die Ermittlungen geführt werden, obwohl eigentlich klar ist, dass eine Verurteilung extrem unwahrscheinlich ist, weil das drastische Ermittlungen wie z. B. Abhören und Hausdurchsuchungen möglich macht. Das wirkt auf mich wie eine Maßnahme, um Aktive von ihrem Einsatz für den Schutz unserer Lebensgrundlagen abzuhalten und andere von entsprechendem Engagement abzuschrecken.
Auch wenn die Mittel der Letzten Generation nicht meine eigenen sind: Das ist auf keinen Fall organisierte Kriminalität wie von gewalttätigen Banden.
Sogar UN-Sonderberichterstatter Michel Forst warnt eindringlich vor einer Kriminalisierung von klimaaktivistisch engagierten Menschen, die er als "environmental defenders" bezeichnet. Er schließt dabei ausdrücklich Menschen ein, die zivilen Ungehorsam als Methode wählen.