Es sind bereits
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Stellungnahmen eingegangen. Bei einigen haben uns die Autor:innen erlaubt, sie hier zu veröffentlichen:
Name Stellungnahme an die Staatsanwaltschaft
Nadine Dittmar Ich bin hochgradig entsetzt, wie friedlicher Protest gegen für alle Menschen lebensbedrohliche Missstände kriminalisiert wird.

Ich sehe das verfassungsmäßige Recht auf freie Meinungsäußerung bedroht, wenn gegen Akte zivilen Ungehorsams auf diese Art vorgegangen wird.
Die Menschen, die hier kriminalisiert werden sollen, machen in ihren Aktionen darauf aufmerksam, dass die Zerstörung unserer Lebensgrundlagen unter Missachtung bestehenden Rechts und gegen internationale Vereinbarungen weiterhin stattfindet und unbedingt gestoppt werden muss. Sie weisen auf wissenschaftliche Erkenntnisse hin. Sie setzten sich für unser aller Zusammenleben, ja Weiterleben ein. Da die Auswirkungen des Klimawandels sich destabilisierend auf Gesellschaften auswirken, trägt der Protest für wissenschaftsbasiertes Handeln zum Erhalt unserer lebendigen Demokratie bei und sollte nicht wie eine mafiöse, menschenfeindliche, profitorientierte, illegale Aktion behandelt werden.

Ein friedliches Eintreten für eine lebendige, gesunde, demokratische Zukunft unserer Gesellschaft sollte uns allen eine Herzensangelegenheit sein.
Gregor Mitsch Ich bin Bürger dieses Landes und Ihre Ermittlungen gegen Menschen, die zivilen Widerstand leisten, empfinde ich in der aktuellen Situation als beschämend. Wir sind doch alle betroffen von den Folgen der Politik und dem gesellschaftlichen Kurs, die unsere Lebensgrundlagen zerstört. Immer mehr CO2 in der Luft, immer mehr Autos. Von Geld und Blech allein können wir nicht leben. Die Menschen, die diesen Skankal anprangern, stehen mit Gesicht und Namen dazu. Was, bitte schön, gibt es da zu ermitteln? Sie schüchtern damit friedliebende Menschen ein, die sich für uns alle engagieren. Was soll das? Was ist Ihr Vorschlag, die vom IPCC dringend empfohlene wirtschaftliche Kurswende einzuleiten? Bitte konzentrieren Sie Ihre Arbeit auf die Verantwortlichen der Zerstörung und nicht auf die Personen, die darauf aufmerksam machen.
Daniel Weiß Das Umdeuten von zivilen Ungehorsam im Angesicht der mittlerweile unausweichlichen Klimakatastrophe mittels eines Paragrafen, eigentlich geschaffen zur Verfolgung gewinnorientierter Banden wie der Mafia, stellt den moralischen Bankrott einer Justiz dar, die doch eigentlich die Rechte aller Menschen verteidigen sollte. Dass hier die zeitweise beeinträchtigten Rechte motorisierter Verkehrsteilnehmer vor den (zugegeben in der Zukunft, dafür auf Jahrtausende verletzten) Rechten auf Leben, Gesundheit, Eigentum und noch viele andere mehr, gestellt werden sollen, ist ein Faustschlag ins Gesicht dieser Demonstranten. Keine wissenschaftliche Horrornachricht, kein abschmelzender Gletscher, kein auftauender Permafrostboden oder das Auflösen der wichtigsten klimaregulierenden Eisflächen hat hier in den letzten Jahrzehnten irgendeine ernsthafte Diskussion über das gewinnorientierte Schädigen aller Menschen dieses Planeten anzustoßen vermocht. Vielleicht setzt sich bei der Staatsanwaltschaft des dürregeplagten Brandenburgs die Erkenntnis durch, dass schmerzender Protest, im Angesicht der eigenen Gefahr und angesichts der völligen Ignoranz weiter Teile der Gesellschaft, vielleicht mutig und sinnlos ist, keinesfalls aber den Sinn des 129 StgB erfüllt.
nur für die StA sichtbar Ich möchte mich hiermit gegen die Einordnung der Klima-Aktivisten „letzte Generation“ als kriminelle Vereinigung aussprechen. Ihre Aktionen sind zwar unbequem und sollen aufrütteln, aber sie bringen niemanden bewusst zu Schaden. Ganz im Gegenteil zu einigen Landwirten, die mit Heuhaufen Strassen blockieren und damit Unfälle provoziert haben.
Die Aktionen der Klima-Aktivisten sind einem höheren gemeinschaftlichem Ziel untergeordnet und dienen nicht etwa dem Eigennutz. Damit fallen die Aktionen in die Kategorie „ziviler Ungehorsam“. Und der ist wichtig. Wie sonst soll man sich einsetzen gegen ungerechte Gesetze und für langfristigen Natur- und Klimaschutz?
Ziviler Ungehorsam hat eine lange und rühmliche Geschichte. Erstmals rief der Philosoph Henry David Thoreau im Jahr 1849 dazu auf, keine Steuern mehr zu zahlen, bis die USA ihren Expansionskrieg gegen Mexiko einstelle und zudem die barbarische Sklavenhaltung abschaffe. Später rief Indiens Freiheitskämpfer Mahatma Gandhi zum Boykott gegen die Produkte der Briten auf, um sein Land von deren Herrschaft zu befreien. Die jüdische Philosophin Hannah Arendt hat den zivilen Ungehorsam als politische Handlungsform verteidigt, ebenso Jürgen Habermas, der ihn als Zeichen einer gefestigten Demokratie verstand.
Die Methoden des zivilen Ungehorsams sind unterschiedlich. Auch das Festkleben auf Straßen ist Ausdruck eines Aufbegehrens gegen die herrschende Gesetzgebung und gehört somit dazu.
Der zivile Ungehorsam der meist jungen Aktivisten kostet Mut. Wir sollten die Beteiligten nicht kriminalisieren und sie nicht mit Strafen mundtot machen, – sondern vielmehr ihre Botschaft ernst nehmen, ihnen zuhören und gemeinsam nach Lösungen suchen.