Es sind bereits
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Stellungnahmen eingegangen. Bei einigen haben uns die Autor:innen erlaubt, sie hier zu veröffentlichen:
Name Stellungnahme an die Staatsanwaltschaft
Dr. Edgar Göll Ich bin seit 1995 beruflich als Nachhaltigkeits- und Zukunftsforscher tätig, habe mich schon zuvor intensiv mit Umweltschutz und Ökologie beschäftigt, auch in Initiativen und Vereinen, und in verschiedenen Ländern.
Seit den 1950er Jahren, sind die zerstörerischen Folgen verschiedener Gase bekannt, wurden von Konzernen vertuscht (ähnlich wie bei Tabak und Zucker wurde und wird blockiert und die Öffentlichkeit manipuliert). Hingegen zeigt die wissenschaftliche Forschung wie die von IPCC, Weltklimarat, PIK in Potsdam u.v.a.m., dass die menschengemachten Klimaveränderungen trotz aller Wanungen, Versprechungen, Vereinbarungen NICHT verringert werden, sondern in dynamischer Weise zunehmen und eskalieren.
Selbst das wegweisende Urteil des BVerfG zur Klimastrategie der Bundesregierung, in demschärfere und effektvollere Maßnahmen gefordert werden, werden von der Bundesregierung, und speziell einigen wenigen Ministerien NICHT eingehalten und in unverschämter Weise umgangen. Dieser Betrug darf nicht toleriert werden.
Bislang verletzen maßgebliche Politiker und ihre Gremien und Institutionen den jeweils abgelegten Amtseid. Darin heißt es: „Ich schwöre, dass ich meine Kraft dem Wohle des deutschen Volkes widmen, seinen Nutzen mehren, Schaden von ihm wenden, das Grundgesetz und die Gesetze des Bundes wahren und verteidigen, meine Pflichten gewissenhaft erfüllen und Gerechtigkeit gegen jedermann üben werde.“ (Art. 56 GG)
Hier ist auch der Art. 20a GG anzuführen: „Der Staat schützt auch in Verantwortung für die künftigen Generationen die natürlichen Lebensgrundlagen und die Tiere im Rahmen der verfassungsmäßigen Ordnung durch die Gesetzgebung und nach Maßgabe von Gesetz und Recht durch die vollziehende Gewalt und die Rechtsprechung.“
Gegen diese wesentlichen Grundsätze des gesellschaftlichen Systems der Bundesrepublik Deutschland wird nachweislich kontinuierlich verstoßen, und zwar von den (partei)politischen Akteuren und Entscheidungsträgern.
In gewisser Weise wäre daher auch zu prüfen, ob und inwiefern Artikel 20, Abs. 4 GG von Relevanz ist („Gegen jeden, der es unternimmt, diese Ordnung zu beseitigen, haben alle Deutschen das Recht zum Widerstand, wenn andere Abhilfe nicht möglich ist.“). Denn nachgewiesenermaßen erfolgt alltäglich eine weitere Zerstörung unserer biologischen Lebensgrundlagen. Selbstverständlich geschieht dies unintendiert, aber es geschieht nachweislich, spürbar und systematisch. Und die Zerstörung ist wissenschaftlich dokumentiert. Das Zeitalter des „Anthropozän“, in dem wir leben, hat als Wesensmerkmal, dass Menschen die planetaren Zusammenhänge und Abläufe in extremem Maße beeinflussen, wobei der Klimawandel nur ein Element darstellt.
Vor diesem Hintergrund ist die von interessierten Kreisen (mit „special interests“, also vor allem eigensinniges, rücksichtisloses Profitmaximierungsinteresse) betriebene und orchestrierte Hetzjagd, von Medien wie der BLÖD-Zeitung in gekonnt raffinierter Weise flankiert, ein Verbrechen. Es ist ein Schauspiel konservativer und ignoranter Politiker:innen und Medienleute, die im Sinne von Fake News eine alltäglich erneuerte Verdrehung von Ursache und Wirkung kreieren. Nicht die Zerstörer unserer Umwelt und Mitwelt, also unserer Existenzbedingungen werden angeklagt und belangt, zur rechenschaft gezogen und angemessen bestraft und zu Wiedergutmachtung verurteilt, sondern diejenigen, die diese Verbrechen und diese lebensgefährdende Zerstörung zur Sprache bringen und anprangern, die zudem noch Alternativen vorschlagen, wie sie auch von den Wissenschaften schon lange gefordert werden.
Die aktiven, extrem und selbstlos engagierten Bürgerinnen und Bürger, die sich für die Sicherung unserer Lebensgrundlagen (und die unserer Kinder, Enkel und folgenden Generationen) einsetzen, stellen sich diesem fatalen existenzzerstörenden Weg in den Abgrund entgegen, blockieren die weitere Vernichtung des „Save Operating Space“, also von Umweltbedingungen, die wir als Homo sapiens sapiens zum Leben benötigen.
Nachdem klar ist, dass Tausende wissenschaftlicher Forschungsberichte, weiser Ratschläge, eindringlicher Forderungen, zahlreicher großer Konferenzen, kleiner Reförmchen etc.pp. so gut wie nichts an dem laufenden Katastrophenkurs geändert haben, darfnichtlänger gewartet werden. Und diejenigen Menschen, die – durchaus nachvollziehbar – die kleinen radikalen, gewaltfreien Aktionen von Letzte Generation, Extinction Rebellion, Ende Gelände etc.pp. ablehnen und verabscheuen, sind nachdrücklich und akut aufgefordert, gerne ein anderes Vrogehen vorzuschlagen und zu praktizieren! Aber offenbar gibt es keine andere Strategie die besser und effektiver ist, zumindest inne zu halten! Die vorHERRschende Machtstruktur bevorteilt nachweislich Konzerne, konservative Parteien, Trägheit und gestrige Denk-und Verhaltensmuster.
Der auch von christlichen Politikern praktizierte Verbalradikalismus gegen engagierte Bürgerinnen und Bürger ist skandalös, sogar strafrechtlich relevant. Dabei ist pervers und obszön, dass sie ganz „konsequentes Handeln“ gegen die engagierten Bürgerinnen und Bürger der Letzten Generation und Extinction Rebellion fordern, also gegen die Überbringer schlechter Nachrichten, ganz im Sinne der klassischen „Kassandra“, sich aber nicht gegen die Verursacher der Klimazerstörung vorzugehen wagen. Sie wagen noch nicht einmal, davon zu sprechen.
Vor diesem Hintergrund ist – historisch und empirisch erwiesen, „ziviler Widerstand“ und der friedliche Protest erforderlich, legitim, sinnvoll und zielführend. Das Vorgehen ist als Demonstrationsfreiheit gedeckt. Die engagierten Bürgerinnen und Bürger wollen mehr Demokratie, setzen sich für Aufmerksamkeit gegenüber wissenschaftlichen Fakten ein, für evidenzbasiertes Entscheiden und gegen Lobby-getriebene Manipulationen aller Art in Berlin und Brüssel.
Dass sich einige Derjenigen, die den katastrophenkurs zu verantworten haben bzw. ihn ändern könnten, nun repressive Maßnahmen praktizieren bis hin zu „Präventivhaft“, ist skandalös. Nachweislich ist all dies nicht abschreckend, denn es geht letztlich um Leben und Tod der Zivilisation. Und zahlreiche zivilisatrische Errungenschaften, die heute als normal erscheinen, sind durch Proteste und zivilen Widerstand erreicht worden.
Daher ist hier mehr als sonst das „Prinzip der Verhältnismäßigkeit“ anzuwenden, und weniger die Abneigung gegen andere Meinungen und Unterbrechung des Zerstörungskurses.
Ähnlich wie bei den zu befürchtenden klimatischen Kipppunkten (mit desaströsen Folgen!) wird in den Sozialwissenschaften immer häufiger auch von gesellschaftlichen Kipppunkten gesprochen und darüber geforscht („social tipping points“). Bei solchen Phänomenen und Aspekten von Transformationsprozessen können Aktionen und Strategien des zivilen Widerstands entscheidende Impulse geben und eine konstruktive Rolle spielen. Und hier spielen Kommunikation und Dialog eine entscheidende Rolle. Bislang kommt von maßgeblichen Elementen der Politik eher arrogante Blockade, symbolische Politik und Verzögerungstaktik.
Bestrafung und Gefängnis für „Kassandra“ ist das völlig falsche, ja selbst verbrecherische Zeichen für weitergehende Destruktion und Lebensvernichtung. Kurzum: es stehen die falschen Leute vor Gericht. Die wirklich Schuldigen und Verantwortlichen gehen wohl – wie so häufig in der Geschichte – ungeschoren aus. Den sich verbreitenden Unmut wird das weiter anheizen.
Jan Büscher durch die Anklage wegen angeblicher "Bildung einer kriminellen Vereinigung" wird eine der wichtigsten Säulen unserer Demokratie in Frage gestellt: Die Gewaltenteilung. Spätestens seit es Organisationen wie "Abgeordnetenwatch" gibt, ist evident, dass ein massiver Eingriff durch Großkonzerne und schwerreiche Interessengruppen/Einzelpersonen in die Legislative unseres Staates möglich ist und mit stillschweigender Akzeptanz geschieht. Dass nun auch die Judikative als Schlagstock im verlängerten Arm der Ölindustrie mit den oben genannten Anklagen tätig wird, muss mindestens auf individueller Ebene Sorge um den eigenen moralischen Kompass aufwerfen!

Dass die Forderungen der Letzten Generation vor den Kipppunkten teils irrational oder mit dem aktuellen gesellschaftlichen Wohlstand unvereinbar scheinen, darf WEDER von der offensichtlichen Dringlichkeit ihres Protests, NOCH von der Legitimität der Versammlung und Organisation ablenken!
Die weltweite Politik, die europäische Politik und somit selbstverständlich auch die deutsche Politik haben die verfassungsgemäße PFLICHT die konsum- und gewinnbedingte Kurzsichtigkeit vorhergegangener Generationen zugunsten einer den global und allen Lebensbereichen drohenden Gefahren und Krisen angepassten, oder eher noch diesen vorbeugenden Strategie zu beenden!

Dass derart viele Menschen nicht nur stumm nickend diese Realität akzeptieren, sondern willens sind, gegen die Widerstände der etablierten Energieindustrie sich wirksam zu organisieren, ist ein Zeichen der kollektiven Vernunft innerhalb einer von Statussymbolen geblendeten Konsumgesellschaft.

Indem Sie ihnen die gleiche Behandlung wie Terroristen und Mafiösen Vereinigungen zuteil werden lassen, schnallen sie sich selbst die Leine der seit jahrzehnten oligopol agierenden Ölkonzerne um den Hals.
Julia Hornig §129 umfasst, so wie ich es als Amateur verstehe, Vereinigungen, die darauf aus sind primär Straftaten zu begehen? Sowas wie verfassungswidrige Parteien, Terroristen, Mafia?
Das trifft auf die letzte Generation nicht zu. Hier geht es um Klimawandel und Schutz unserer Welt. Infolge dessen werden passiver Widerstand, Streik, Demos und Aktionen ausgeführt, die die Aufmerksamkeit der Bevölkerung und Regierung erregen sollen. Bereits Ghandi hat so gewaltfrei für seine Ziele gekämpft. Passiver Widerstand sollte nicht bestraft werden, sonst müsste die Judikative bei Verdi und der deutschen Bahn, dem Flugpersonal der Fluggesellschaften und den Bauern, die Autobahnen und Innenstädte blockieren, beginnen. Denn auch bei diesen Streiks entstehen wirtschaftliche und persönliche Schäden für die Bevölkerung. Soweit ich weiß, ist es ein Grundrecht zu streiken und zu demonstrieren. Wenn das abgeschafft wird, geht unsere Demokratie einen gewaltigen Schritt Richtung Unrecht und Diktatur.
Fälle von Sachbeschädigung müssen geandet werden, so wie ich die Justiz als Amateur verstehe, aber da Motiv und Hintergrund eine wichtige Rolle spielen, sollte auch hier das geringste Strafmaß angewendet werden.

Alles, was die letzte Generation tut und sagt dient nur einem einzigen heroischen Zweck: den Planeten zu beschützen!

Danke fürs Lesen und Zuhören.
Dr. Nicole D. Schmidt Stellungnahme zum Aktenzeichen 326 Js 14549/22

Unser Strafgesetzbuch ist im § 129 StGB deutlich: wer (...) "sich an einer Vereinigung als Mitglied beteiligt, deren Zweck oder Tätigkeit auf die Begehung von Straftaten gerichtet ist (...)" ist zu bestrafen. Wir haben in Deutschland Erfahrungen mit kriminellen Vereinigungen, sei es im politischen (am rechten oder linken Rand des politischen Spektrums) Bereich oder sei es zu Bereicherungszwecken (Handel mit Menschen, Drogen, Waffen etc.). Hier ist der § 129 StGB einschlägig. Die Leute, denen es um Nachhaltigkeit, Schutz der Ressourcen unseres Planeten und um das Überleben auf diesem geht, haben sich nicht zusammengetan, um Straftaten zu begehen. Insofern scheint mir eine Ermittlung in Hinsicht der o.g. Rechtsnorm widersinnig zu sein. Eher tut sich die Frage auf, ob der Sachverhalt auf der Ebene der Grundrechte zu erwägen ist.