Es sind bereits
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Stellungnahmen eingegangen. Bei einigen haben uns die Autor:innen erlaubt, sie hier zu veröffentlichen:
Name Stellungnahme an die Staatsanwaltschaft
nur für die StA sichtbar Wie viele andere Bürger bin ich sehr besorgt darüber, dass Menschen, die sich zum Wohle aller einsetzen und die Dringlichkeit der Lage erkannt haben, mit Maßnahmen bedroht werden, die auf die Bekämpfung der organisierten Kriminalität abzielen.
Ich bitte um Berücksichtigung dafür, dass die Aktionen, die stattgefunden haben, nicht im eigenen Interesse, sondern im Interesse der Kollektivität erfolgt sind.
nur für die StA sichtbar Ich habe den Eindruck, dass die AktivistInnen der Letzten Generation aus populistischen Beweggründen im Gegensatz zu anderen Verdächtigen, Kriminellen und Demonstranten durch Hausuntersuchungen, einem Verfahren wegen der Bildung krimineller Vereinigungen und anderen Anklagen unverhältnismäßig hart und drakonisch bestraft werden sollen und dies empfinde ich, auch wenn ich die Straßenblocken der Letzten Generation weder gutgeheißen habe und gutheiße, als äußerst ungerecht.
Um ein aktuelles Beispiel zu nennen: Bei den aktuellen Bauerndemonstrationen wurden meiner Ansicht nach wesentlich mehr Grenzen des legalen Protestes überschritten (Straßen und politische Veranstaltungen wurden blockiert, Politiker wurden am Abreisen behindert, es gab vereinzelte Gewaltandrohungen, et cetera) und es wurde meines Wissens nirgendwo ein Verfahren wegen §129 StGB eingeleitet. (Gut, es gab auch keine öffentliche Aufregung. Aber dies sollte hoffentlich nicht der Maßstab für eine Anklage sein.)
Sibylle Gölz Ich stamme aus einer Familie, deren Mitglieder im dritten Reich versucht haben Widerstand zu leisten und erkannt haben, dass es Situationen gibt in denen das Gewissen bestimmen muss auch wenn dies zivilen Ungehorsam bedeutet.
Jetzt bin ich achtfache Großmutter und mache mir allergrößte Sorgen um die Zukunft meiner Enkel und ihrer Altersgenossen. Deshalb habe ich, das muss ich zugeben, großes Verständniss für meist junge Menschen, die sich mit dem provokanten Titel „letzte Generation“ zusammengetan haben um etwas für unser aller Überleben auf der Erde zu tun. Diese Menschen als Mitglieder einer kriminellen Vereinigung anzuklagen grenzt für mich an Zynismus. Ich finde gerade wir Deutschen und hier auch Sie als Mitglieder deutscher Gerichte müssen unbedigt an dieser Stelle die Motivation dieser Menschen zu Grunde legen. Die Motivation, die entspringt aus echter Sorge um die Entwicklung der fortdauernden Umweltzerstörung. Jeder, der sich mit dem Thema beschäftigt weiß, dass wir dringend radikal etwas tun müssen. Was werden wir ( Sie ) antworten wenn unsere Enkel fragen: was hast du getan um diese Entwicklung zu verhindern?
nur für die StA sichtbar Die Debatte um den § 129 StGB in Deutschland offenbart eine tiefgreifende Problematik im Herzen unserer Demokratie: die Balance zwischen Sicherheit und der Freiheit des Einzelnen, sich für eine gerechtere und nachhaltigere Welt einzusetzen. Die Anwendung dieses Paragraphen auf Klimaschutzbewegungen und politischen Protest zeugt von einer beunruhigenden Entwicklung, die nicht nur die betroffenen Aktivistinnen und Aktivisten, sondern auch die Grundpfeiler unserer demokratischen Gesellschaft betrifft.

Die weit gefasste Definition einer "kriminellen Vereinigung" im deutschen Recht im Vergleich zum enger gefassten EU-Rahmenbeschluss 2008/841/JI lässt viel Raum für Interpretation und Missbrauch. Diese Unbestimmtheit führt dazu, dass staatliche Behörden den Paragraphen nutzen können, um gegen politisch unliebsame Gruppen vorzugehen. Besonders besorgniserregend ist dabei der Umfang der Ermittlungsbefugnisse, die der Staatsanwaltschaft schon vor einer gerichtlichen Entscheidung zur Verfügung stehen. Diese weitreichenden Maßnahmen können dazu führen, dass das zivilgesellschaftliche Engagement effektiv unterdrückt und der demokratische Diskurs beschnitten wird.

Die Kritik zahlreicher Rechtsexpertinnen und -experten, Menschenrechtsorganisationen sowie internationaler Beobachter wie des UN-Sonderberichterstatters Michael Forst unterstreicht die Dringlichkeit, diesen Paragraphen zu überdenken. Die Anwendung des § 129 StGB auf die Klimabewegung und andere zivilgesellschaftliche Gruppen, die sich mit friedlichen Mitteln für die Bewahrung unserer Umwelt und die Rechte künftiger Generationen einsetzen, steht im direkten Widerspruch zu den Werten der Freiheit, der Gerechtigkeit und der Demokratie.

Es ist an der Zeit, dass wir als Gesellschaft einen kritischen Dialog über die Rolle der Justiz und der Strafverfolgungsbehörden im Umgang mit politischem Protest und zivilgesellschaftlichem Engagement führen - zumal im Vergleich mit den nicht immer friedfertigen Protesten anderer Gruppen für Partikularinteressen wie zuletzt den Bauern hier mit zweierlei Maß gemessen wird. Der Schutz unserer Umwelt und der Einsatz für eine nachhaltigere Zukunft dürfen nicht kriminalisiert werden. Stattdessen sollten wir Wege finden, diese essenziellen Anliegen zu unterstützen und zu fördern.

Die Angeklagten, die sich für den Schutz unseres Klimas einsetzen, verdienen unsere Unterstützung und Anerkennung, nicht unsere Verdammung. Die Anwendung des § 129 StGB in seiner jetzigen Form gegen sie untergräbt nicht nur ihre persönlichen Freiheiten, sondern auch das Recht aller Bürgerinnen und Bürger auf freie Meinungsäußerung und friedlichen Protest. Es ist wichtiger denn ja, dass wir gemeinsam für eine Justiz und eine Gesellschaft eintreten, die den Schutz unserer Umwelt und die Förderung eines lebendigen demokratischen Diskurses als grundlegende Werte erachtet.