Es sind bereits
2162
Stellungnahmen eingegangen. Bei einigen haben uns die Autor:innen erlaubt, sie hier zu veröffentlichen:
Name Stellungnahme an die Staatsanwaltschaft
Sonja Simon Ich möchte Prof. Dr. Niko Paech zitieren, dessen Haltung ich mich vollumfänglich anschließe.

"Nicht nur die gewählten Regierungen, sondern auch alle sonstigen gesellschaftlichen Institutionen, die Kraft Zuständigkeit sich um eine ökologische Wende bemühen müssten, versagen komplett. Deshalb besteht nur noch die Chance, durch Initiativen aus der Zivilgesellschaft heraus einen Wandel herbeizuführen. Der Aufstand der Letzten Generation wählt meines Erachtens genau die richtigen Mittel.

Es wird dieser Initiative oft zweierlei vorgeworfen:
Erstens, dass hier eine Minderheit versuchen würde, der gesellschaftlichen Mehrheit etwas zu oktroyieren, was letzten Endes von dieser Gesellschaft nicht gewollt ist.
Der zweite Vorwurf lautet, dass der Aufstand der Letzten Generation gegen Rechtsstaatsprinzipien handelt oder sogar kriminell ist.
Zum ersten: Der Aufstand der Letzten Generation tut am Ende nichts anderes als genau das aufzugreifen, was die überwältigende Mehrheit demokratischer Gesellschaften schon seit Jahrzehnten fordert, aber komplett verschleppt und letzten Endes durch eine Form von Bigotterie oder Heuchelei nicht umsetzt, sondern nur versucht, durch Symbole ein sogenanntes grünes Wachstum herbeizuführen, das dann zur Konsequenz hat, dass unser Wohlstandsmodell nicht verändert werden muss. Diese Strategie ist ruinös, sie führt also nicht nur nicht zum Ziel, sondern sie verstärkt sogar noch die Schadensintensität unserer derzeitigen Daseinsform.
Zum zweiten Vorwurf: Was ist von einem Rechtsstaat zu halten, auf dessen Grundlage Mehrheitsentscheidungen zu Gunsten des Klimaschutzes gefällt werden, die am nächsten Tag nicht mehr das Papier wert sind, auf dem sie stehen, weil eben die Umsetzung dieser demokratischen Entscheidungen an allen Ecken und Enden nicht nur behindert, sondern schlicht und ergreifend verzögert oder ausgesetzt wird. Letzten Endes wird ein solcher Rechtsstaat an Vertrauen verlieren, er wird am Ende von keiner demokratischen Mehrheit mehr verteidigt werden, weil der Rechtsstaat dabei scheitert, das Minimum dessen zu erwirken, was Menschen überhaupt brauchen, nämlich immerhin physische, das heißt ökologische Überlebensfähigkeit.

Am Ende also trägt der Aufstand der Letzten Generation nur dazu bei, die Gesellschaft daran zu erinnern, was dieser Rechtsstaat letzten Endes leisten müsste und was auf Basis seiner Regeln an Entscheidungen getroffen wurde und was schließlich auch umzusetzen wäre. Denn das, was zuerst stirbt, wenn wir es nicht schaffen, den Klimawandel zu verhindern, das ist die Demokratie und das ist der Rechtsstaat."
Kurt Werner Goerendt es ist für einen gesellschaftlich und politisch aktiven und interessierten Bürger wie mich nicht nachvollziehbar, wieso die "Letzte Generation" als kriminelle Vereinigung eingestuft werden sollte. Die Aktionen dieser Vereinigung mögen störend sein, aber in anbetracht der tatsächlich katastrophalen und existenzbedrohenden Auswirkungen der globalen Erhitzung, erscheinen die Aktionen fast schon dürftig. Besonders, wenn man im Vergleich dazu sieht, wie gewalttätig zum Beispiel die Aktionen des Bauernverbands sind, bei denen es nur um Geld geht. Natürlich gleicht ein Unrecht das andere nicht aus, aber eine Vergleichsperspektive ist bei derartig politisch aufgeladenen Konstellationen sicher berechtigt.
Das Recht auf zivilen Widerstand steht nicht umsonst in der Verfassung. Und wie, wenn nicht durch öffentlich sichtbare Aktionen und ggf. Blockaden kann dieses Recht ausgeübt werden, in Anbetracht der Untätigkeit auf der politischen Ebene? Diese Untätigkeit steht im krassen Widerspruch zur Rechtsprechung des Verfassungsgerichtes, das die zwingende Notwendigkeit des Klimaschutzes erkannt hat. Von daher ist Widerstand gegen die diesbezüglich verfassungswidrige Politik geradezu geboten und kann kein kriminelles Verhalten sein.
Mein Eindruck ist, die "Letzte Generation" zeigt der Gesellschaft, dass es dringender, radikaler Veränderungen bedarf. Und wir Mitglieder dieser Gesellschaft wissen das, wollen es aber nicht wahr haben. Sie zeigen uns unseren wunden Punkt - das tut weh. Und das ist meines Erachtens nach der Grund für die überschießende Reaktion gegen die "Letzte Generation".

Ich habe keine Kinder, mir könnte es egal sein was nach mir passiert. Vielleicht haben Sie ja Kinder, für die Sie sich eine lebenswerte Welt wünschen. Sie haben gerade die Gelegenheit einen Beitrag dazu zu leisten.
Jörg Kärst Ich finde es ungeheuerlich, das junge Menschen kriminalisiert werden, weil sie von einem demokratischen Grundrecht Gebrauch machen, indem sie gegen den ungenügenden Schutz der Umwelt protestieren, dessen Konsequenzen sie später tragen müssen, während Bauern ungehindert das halbe Land lahmlegen und gegenüber der Politikern der gewählten Regierung in höchstem Maße aggresiv auftreten, damit sie weiterhin die Luft mit ihrem Dieseruß verpesten, das Grundwasser mit Nitrat belasten und immer mehr Insekten mit Glyphosat vergiften können. Das alles obwohl der Bundesregierung regelmäßig und auch heute wieder das Verfehlen der selbstgesteckten Umweltziele attestiert wird!
Sarah Gabriela Kuiter mit dieser Stellungnahme möchte ich mich gegen die Strafanzeige gegen Mitglieder der Klimagerechtigkeitsbewegung wegen Bildung einer kriminellen Vereinigung (§ 129 StGB) aussprechen. Ich bin der Überzeugung, dass die Voraussetzungen des § 129 StGB nicht erfüllt sind und die Beschuldigten daher nicht angeklagt werden dürfen.

1. Die Klimagerechtigkeitsbewegung verfolgt keine strafbaren Zwecke.

Die Klimagerechtigkeitsbewegung setzt sich für den Schutz des Klimas und die Einhaltung der Pariser Klimaziele ein. Sie fordert von der Politik und der Wirtschaft, konsequente Maßnahmen gegen den Klimawandel zu ergreifen. Diese Ziele sind legitim und legal. Sie sind nicht darauf gerichtet, Straftaten zu begehen.

2. Die Aktionen der Klimagerechtigkeitsbewegung sind gewaltfrei.

Die Klimagerechtigkeitsbewegung befürwortet und praktiziert gewaltfreien Protest.
Die Aktionen der Bewegung beschränken sich auf zivilen Ungehorsam, wie zum Beispiel Demonstrationen, Blockaden und Mahnwachen. Diese Aktionen sind legal und stellen keine Gefahr für die öffentliche Sicherheit dar.

3. Die Klimagerechtigkeitsbewegung ist keine Vereinigung im Sinne des § 129 StGB.

Der Begriff der "Vereinigung" im Sinne des § 129 StGB ist eng auszulegen. Erfasst werden nur Zusammenschlüsse, die auf Dauer angelegt sind und eine feste Struktur aufweisen. Die Klimagerechtigkeitsbewegung ist keine solche Vereinigung. Es handelt sich um ein loses Netzwerk von Einzelpersonen und Gruppen, die sich für ein gemeinsames Ziel einsetzen. Die Bewegung hat keine feste Struktur und keine zentrale Führung.

4. Die Anwendung des § 129 StGB auf die Klimagerechtigkeitsbewegung wäre unverhältnismäßig.

Die Anwendung des § 129 StGB auf die Klimagerechtigkeitsbewegung wäre ein unverhältnismäßiger Eingriff in die Meinungs- und Versammlungsfreiheit. Die Strafbarkeit der Bildung einer kriminellen Vereinigung ist für besonders schwerwiegende Fälle von organisierter Kriminalität vorgesehen. Die Klimagerechtigkeitsbewegung fällt nicht in diese Kategorie.

5. Die Strafverfolgung der Klimagerechtigkeitsbewegung würde einen abschreckenden Effekt auf die Zivilgesellschaft haben.

Die Strafverfolgung der Klimagerechtigkeitsbewegung würde einen abschreckenden Effekt auf die Zivilgesellschaft haben. Es würde Menschen davon abhalten, sich für wichtige gesellschaftliche Anliegen einzusetzen. Dies wäre ein fatales Signal für die Demokratie.

Fazit

Die Beschuldigten der Klimagerechtigkeitsbewegung haben keine Straftat begangen. Die Strafanzeige gegen sie ist daher unzulässig. Ich fordere die Staatsanwaltschaft Neuruppin auf, die Anzeige nicht weiterzuverfolgen.