Es sind bereits
2162
Stellungnahmen eingegangen.
Bei einigen haben uns die Autor:innen erlaubt, sie hier zu veröffentlichen:Name | Stellungnahme an die Staatsanwaltschaft |
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Hanne Hamann | Klimaexpert*innen und Wissenschaftler*innen warnen weltweit vor der uns bevorstehenden Klimakatastrophe. Das Abkommen von Paris, das fast alle Staaten der Erde unterschrieben haben, ist gescheitert. Die Profitgier der Lobbyist*innen ist für die Politik offensichtlich wichtiger als die Lebensgrundlage, die uns alle hervorgebracht und bis vor nicht allzu langer Zeit wundervoll beherbergt hat. Deswegen BRAUCHT ES zivilen Ungehorsam. Wenn die Politik versagt, müssen Bürger*innen einschreiten. Statt individuellen Träumen und Bestrebungen nachzugehen, haben sich hier Menschen zusammengeschlossen, um für unser aller Zukunft zu kämpfen. Dass das bestraft werden soll, anstatt ihnen unendliche Dankbarkeit entgegen zu bringen, ist das eigentliche Verbrechen und eine Beleidigung für ein Land das sich als Demokratie begreift. Ich verlange, dass die Anklage fallen gelassen und von jeder weiteren Schikane wie Hausdurchsuchungen und dem Einfrieren von Geldern abgesehen wird. Klimaschutz ist laut Bundesverfassungsgericht ein Grundrecht. Verhalten Sie sich entsprechend. |
nur für die StA sichtbar | Stellungnahme: Hiermit möchte ich zu dem Vorwurf der Bildung einer kriminellen Vereinigung, der gegen 5 Aktivisten der Letzten Generation erhoben wird, Stellung nehmen. Ich war ehrlich erschrocken, als ich von diesem Tatvorwurf gegen die Letzte Generation hörte. Er widerspricht jeglichem Rechtsempfinden. Es mag sein, dass den beschuldigten Personen einzelne Straftaten, die sie begangen haben sollen, vorgeworfen werden können. Es mag auch sein, dass der Wortlaut des § 129 StGB dazu ein zu laden scheint, hier eine kriminelle Vereinigung zu vermuten. Der Paragraph kann hier jedoch nicht angewendet werden, denn er zielt darauf ab, mafiöse Strukturen zu bekämpfen und deren Unterstützung unter Strafe zu stellen; organisierte Kriminalität, die im Dunkeln agiert und die darauf gerichtet ist, mittels Straftaten Profite zu erzielen und durch die Verbreitung von Angst und Schrecken (Gesetz des Schweigens) ihre Mitglieder als auch ihre Opfer davon abzuhalten, auszusagen oder/und auszusteigen. Die hier beschuldigten Menschen tun genau das Gegenteil: Sie zeigen sich offen, sie nehmen große persönliche Nachteile in Kauf, um etwas für das Gemeinwohl zu erreichen, nämlich die Menschen auf die großen Gefahren, die durch den Klimawandel drohen, und auf den Verfassungsbruch der Regierung , die zu wenig tut, um uns vor diesen Gefahren zu schützen, aufmerksam zu machen. Der § 129 StGB ist in Teilen unbestimmt und es drängt sich der Verdacht auf, dass hier diese Unbestimmtheit genutzt werden soll, eine der Regierung unbequeme Bewegung zu kriminalisieren und so Menschen davon abzuschrecken, sich den Protesten gegen die Gefährdung unserer Lebensgrundlage durch einen ungebremsten Klimawandel anzuschließen. Dies muss sich die Anklagebehörde hier fragen lassen. Ich möchte hier noch auf den Punkt eingehen, ob es sich bei der Letzten Generation um eine Vereinigung handeln könnte, die eine erhebliche Gefahr für die öffentliche Sicherheit darstellt, denn nur solche werden nach hM vom § 129 StGB erfasst: Tatsächlich haben Aktivisten der Letzten Generation durch ihre Aktionen den Verkehr behindert, im Einzelfall auch den Flugverkehr beeinträchtigt oder mutmaßliche Sachbeschädigungen begangen und somit die öffentliche Sicherheit und Ordnung gestört. Dabei wird aber darauf geachtet, dass Menschen nicht zu Schaden kommen. Diese Störungen stellen jedoch keine erhebliche Gefahr für die Öffentliche Sicherheit oder Ordnung dar, sondern es handelt sich um Störungen der öffentlichen Ordnung, die hingenommen werden müssen: Wir erleben in jüngster Zeit viel erheblichere Störungen der öffentlichen Ordnung durch Streikende des Verkehrssektors, die in der halben Republik den öffentlichen Verkehr oder den Flugverkehr lahmlegen, oder durch protestierende Landwirte. Diese Störungen geschehen zur Durchsetzung der jeweiligen Gruppeninteressen und sind teilweise durch das Streikrecht geschützt. Die Störungen durch eine Protestbewegung sind deshalb ebenfalls hinzunehmen, da es der Zivilgesellschaft nicht verwehrt werden kann, auf die Missstände hinzuweisen, hier auf die Gefährdung ihrer Lebensgrundlagen auch mit Protesten, die Regelverstöße beinhalten. Eine erhebliche Gefahr für die öffentliche Sicherheit geht davon nicht aus, insbesondere wenn man diese Störungen in Verhältnis setzt zu den Folgen des nicht-Handelns der Regierung, durch das die negativen Folgen des Klimawandels mit vermehrten Wetterextremen, Hitzetoten, verstärkten Migrationsbewegungen auch in Europa und Deutschland noch gravierender werden. Auch aus diesem Grund scheidet eine Anwendung des § 129 StGB aus. |
Katja Flinzner | mit großer Sorge habe ich zur Kenntnis genommen, dass gegen Mitglieder der Letzten Generation Ermittlungen auf Grundlage des § 129 StGB geführt werden. Ich möchte mich sehr deutlich und ausdrücklich gegen die Einordnung der Letzten Generation und ihr nahestehender, sie unterstützender Personen als kriminelle Vereinigung aussprechen. Es ist mir völlig unbegreiflich, wie Menschen, die sich für die Erhaltung unserer Lebensgrundlage auf diesem Planeten einsetzen, die auf die Zerstörung unserer Zivilisation durch die anhaltende Verbrennung fossiler Brennstoffe aufmerksam machen, und die dabei nicht für ihre eigenen Interessen, sondern für eine lebenswerte Zukunft für alle eintreten, als kriminell eingestuft werden könnten. Sie tun nichts anderes, als auf gravierende Missstände in unserer Zivilisation hinzuweisen, die von Politik, Wirtschaft, Medien und Gesellschaft trotz erdrückender wissenschaftlicher Erkenntnisse noch immer viel zu wenig ernstgenommen werden. Wir leben in einer Demokratie, in der das Recht auf freie Meinungsäußerung und gesellschaftliches Engagement von der Verfassung geschützt wird. Dies gilt ganz besonders dann, wenn es um Themen von öffentlichem Interesse und um die Erhaltung unserer Demokratie gilt. Die derzeit angeklagten Personen haben sich für Themen eingesetzt, deren Ziel der Erhalt unserer Lebensgrundlagen und damit der Erhalt von Demokratie und Gerechtigkeit ist. Eine immer weiter fortschreitende Klimakrise ist eine immense Gefahr für unsere Demokratie und eine Gefahr für soziale Gerechtigkeit. Mit der Anwendung des § 129 StGB auf diese Personen wird potenziell jede Form der Unterstützung oder des Engagements für das Gemeinwohl in einer Gemeinschaft kriminalisiert. Damit könnten die derzeitigen Ermittlungen eine abschreckende Wirkung auf die Ausübung dieser grundlegenden Rechte haben. Wer befürchten muss, für friedliches, gewaltfreies Engagement strafrechtlich verfolgt zu werden, nimmt möglicherweise aus Angst davon Abstand. Auch das wäre eine große Gefahr für unsere Demokratie. Ich appelliere an die Staatsanwaltschaft, das verbriefte Recht auf politisches Engagement, friedlichen Protest und gewaltfreien zivilen Ungehorsam ebenso anzuerkennen wie die Bedeutung des Schutzes dieses Rechts für unsere Demokratie. Der § 129 StGB darf nicht zur Verfolgung friedlichen Protestes angewandt werden. Die Justiz trägt dabei eine große Verantwortung in der Bewahrung unserer Demokratie. Stellen Sie sicher, dass auch in Zukunft kein Mensch in Deutschland Angst haben muss, engagiert und friedlich Stellung zu gesellschaftlichen Fragen zu beziehen. Auch dann, wenn eine solche Stellungnahme manchmal unbequem ist. |
Ramon Brock-Günther | Es ist ein unglaublicher Akt, Menschen, die gegen die größte Krise der Menschheitsgeschichte ankämpfen, einer organisierten kriminellen Vereinigung gleichzusetzen. Begehen Sie nicht die Fehler Hinweisgeber*innen in Täter*innen umzukehren. Welche fatalen Folgen so ein Vorgehen hat, wird seit Jahren am Fall Assange demonstriert. Seien Sie sich Ihrer Verantwortung und Ihrer Vorbildfunktion bewusst, anderen Länder könnten Ihren Beispiel folgen. Somit wäre jegliches organisierte Hinweisen, Aufzeigen und Demonstrieren gegen Firmen, Organisationen und Regierungen, die die Klimakrise vorantreiben ein potenziales Verbrechen. |