Es sind bereits
2162
Stellungnahmen eingegangen. Bei einigen haben uns die Autor:innen erlaubt, sie hier zu veröffentlichen:
Name Stellungnahme an die Staatsanwaltschaft
Ben Breuer Im Folgenden möchte ich zum Verfahren Stellung nehmen.

Der Klimaprotest der vergangenen Jahre hat die Trägheit der Bundesregierung verdeutlicht, Maßnahmen für effektiven Klimaschutz zu ergreifen, obwohl angesichts des Klimanotstands dringender Handlungsbedarf besteht. Wenn die Regierung keine Maßnahmen für effektiven Klimaschutz ergreift, muss die Zivilgesellschaft diese einfordern. Durch fossile Energien und mangelnder Regulierungen für Konzerne, entsteht ein umweltlicher Schaden, welcher die Freiheit jüngerer und kommender Generationen erheblich einschränkt. Die Letzte Generation fordert meiner Auffassung nach lediglich die Umsetzung geltenden Rechts; insbesondere Urteil BVerfG NJW 2021, 1723 und Übereinkommens von Paris vom 12. Dezember 2015. Dieser Zweck für sich ist absolut legitim.

Ich finde es skandalös, dass das Augenmerk auf der Form des Protests und dessen Kriminalisierung liegt, anstatt darauf, wie die Bundesregierung geltende Rechtsprechung ignoriert und eine viel zu große Diskrepanz zwischen Verfassungsnorm und Verfassungsrealität entsteht. Die Proteste verfolgen ein gesamtgesellschaftliches Interesse und prangern legitimerweise politische Missstände an und nutzen dafür die Versammlungsfreiheit im öffentlichen Raum. Über die bisherigen Protestformen lässt sich zwar streiten, jedoch haben die Proteste nicht das Ziel eigennützig Gesetze zu missachten. Im Rahmenbeschluss 2008/841/JI des Rates vom 24. Oktober 2008 zur Bekämpfung der organisierten Kriminalität heißt es, dass eine kriminelle Vereinigung sich einen finanziellen oder sonstigen materiellen Vorteil verschafft. Das sehe ich hier angesichts des Engagements für Einhaltung der Verfassung und dem Schutz der Lebensgrundlagen nicht als gegeben an. Die Aktionen der Letzten Generation sorgen in meinen Augen nicht für ein Klima der Angst in Teilen der Bevölkerung, da sie sich ausdrücklich der Gewaltfreiheit verschreiben. Folglich handelt es sich meines Erachtens nicht um organisierte Kriminalität.
Zum einen scheint es mir in der Sache nicht gerechtfertigt die Letzte Generation als kriminelle Vereinigung anklagen, zum anderen wäre die Einstufung als solche durch das Gericht ein fatales Symbol wie der Staat legitimem Protest begenet. Eventuell würde so das Bild eines politsch motivierten Prozesses gegen gewaltfreien Protest aus der Zivilbevölkerung entstehen. Zumal darf nicht der Eindruck entstehen, dass die Staatsanwaltschaft den § 129 StGB als politisches Kampfwerkzeug benutzt und die Absicht verfolgt unliebsamen Protest einzuschränken. Wenn der sogenannte „Mafia-Paragraph” dazu verwendet werden soll, zivilgesellschaftlichen Protest zu zerschlagen, bin ich um die Rechtsstaatlichkeit in Deutschland äußerst besorgt. Mit Gerechtigkeit hätte dies nichts mehr zu tun und wäre der freiheitlich-demokratischen Grundordnung nicht würdig.

Ich bin überzeugt, dass eine intakte Demokratie in der Lage ist auf Protest, welcher in der Sache gerechtfertigt ist, in zielführenderer Form einzugehen als ihn zu kriminalisieren. Der zivilgesellschaftliche Protest der Letzten Generation ist äußerst wichtig, um zu verhindern, dass fossile Konzerne auch in Zukunft die freiheitlich-demokratische Grundordnung untergraben, indem sie unserer Lebensgrundlage irreversible Schäden zufügen. Eine Regierung, welche Letzteres zulässt, muss durch Protest und zivilen Ungehorsam ermahnt werden. Die Integrität einer Demokratie lässt sich auch daran messen, wie sie mit Protest umgeht.

Darüberhinaus bitte ich Sie die Stellungnahme der Neuen Richtervereinigung https://www.neuerichter.de/die-letzte-generation-als-kriminelle-vereinigung/ (letzter Zugriff: 20.03.2024) sowie den Artikel von Prof. Dr. Dr. Milan Kuhli und Judith Papenfuß https://kripoz.de/2023/03/24/warum-die-letzte-generation-noch-keine-kriminelle-vereinigung-ist/ (letzter Zugriff: 20.03.2024 ) zu berücksichtigen.
Christiane König Hiermit möchte ich mich der Stellungnahme von Prof. Dr. Niko Paech anschließen.

"Nicht nur die gewählten Regierungen, sondern auch alle sonstigen gesellschaftlichen Institutionen, die Kraft Zuständigkeit sich um eine ökologische Wende bemühen müssten, versagen komplett. Deshalb besteht nur noch die Chance, durch Initiativen aus der Zivilgesellschaft heraus einen Wandel herbeizuführen. Der Aufstand der Letzten Generation wählt meines Erachtens genau die richtigen Mittel.

Es wird dieser Initiative oft zweierlei vorgeworfen:
Erstens, dass hier eine Minderheit versuchen würde, der gesellschaftlichen Mehrheit etwas zu oktroyieren, was letzten Endes von dieser Gesellschaft nicht gewollt ist.
Der zweite Vorwurf lautet, dass der Aufstand der Letzten Generation gegen Rechtsstaatsprinzipien handelt oder sogar kriminell ist.

Zum ersten: Der Aufstand der Letzten Generation tut am Ende nichts anderes als genau das aufzugreifen, was die überwältigende Mehrheit demokratischer Gesellschaften schon seit Jahrzehnten fordert, aber komplett verschleppt und letzten Endes durch eine Form von Bigotterie oder Heuchelei nicht umsetzt, sondern nur versucht, durch Symbole ein sogenanntes grünes Wachstum herbeizuführen, das dann zur Konsequenz hat, dass unser Wohlstandsmodell nicht verändert werden muss. Diese Strategie ist ruinös, sie führt also nicht nur nicht zum Ziel, sondern sie verstärkt sogar noch die Schadensintensität unserer derzeitigen Daseinsform.
Zum zweiten Vorwurf: Was ist von einem Rechtsstaat zu halten, auf dessen Grundlage Mehrheitsentscheidungen zu Gunsten des Klimaschutzes gefällt werden, die am nächsten Tag nicht mehr das Papier wert sind, auf dem sie stehen, weil eben die Umsetzung dieser demokratischen Entscheidungen an allen Ecken und Enden nicht nur behindert, sondern schlicht und ergreifend verzögert oder ausgesetzt wird. Letzten Endes wird ein solcher Rechtsstaat an Vertrauen verlieren, er wird am Ende von keiner demokratischen Mehrheit mehr verteidigt werden, weil der Rechtsstaat dabei scheitert, das Minimum dessen zu erwirken, was Menschen überhaupt brauchen, nämlich immerhin physische, das heißt ökologische Überlebensfähigkeit.

Am Ende also trägt der Aufstand der Letzten Generation nur dazu bei, die Gesellschaft daran zu erinnern, was dieser Rechtsstaat letzten Endes leisten müsste und was auf Basis seiner Regeln an Entscheidungen getroffen wurde und was schließlich auch umzusetzen wäre. Denn das, was zuerst stirbt, wenn wir es nicht schaffen, den Klimawandel zu verhindern, das ist die Demokratie und das ist der Rechtsstaat."


Ich danke der Letzten Generation für Ihren Mut.
Hochachtungsvoll
Christiane König, Mutter, Großmutter, verrentete Lehrerin
Anne Popien Ich möchte mich hiermit gegen die Einordnung der Klima-Aktivisten als kriminelle Vereinigung aussprechen.
Es macht mich zutiefst besorgt, dass einige Menschen, die sich für den Erhalt unserer Welt einsetzen, unter dem Verdacht stehen, eine kriminelle Vereinigung zu bilden.
Es widerspricht meinem Verständnis von Demokratie, dass ein sehr wichtiges Element der Demokratie, der zivile Widerstand, nun unmöglich gemacht werden soll. Es macht mir Angst, wenn wir jetzt die Legitimation verlieren, uns auf den Straßen für den Erhalt der Lebensgrundlagen für uns, unsere Kinder und unsere Enkel einsetzen zu können.

Daher bitte ich Sie, dieses Verfahren einzustellen.
nur für die StA sichtbar Ich wende mich an Sie, um meine Besorgnis über die Einstufung des Klimaaktivismus als kriminelle Vereinigung nach §129 StGB zum Ausdruck zu bringen. Die Aktionen dieser Bewegung, darunter die der "Letzten Generation", sind Ausdruck eines dringenden Aufrufs zum Handeln angesichts der Klimakrise. Es ist unverhältnismäßig und inakzeptabel, diese Aktivisten zu kriminalisieren, die sich friedlich für den Schutz unserer Umwelt einsetzen.

Die Klimakrise ist eine existenzielle Bedrohung, die von der Politik ignoriert wird. Die Aktivisten handeln im öffentlichen Interesse und setzen sich für die Einhaltung bereits bestehender Klimaschutzgesetze ein. Es ist an der Zeit, dass Politik und Justiz diese berechtigten Anliegen ernst nehmen und entsprechende Maßnahmen ergreifen.

Es ist wichtig, dass die Freiheit des Einzelnen, sich für positive gesellschaftliche Veränderungen einzusetzen, geschützt wird. Die Anwendung des §129 StGB auf Klimaaktivisten könnte eine abschreckende Wirkung auf die Ausübung grundlegender demokratischer Rechte haben.

Ich appelliere daher an Ihre Einsicht und bitte Sie, von einer Anwendung des §129 StGB bei den Beschuldigten abzusehen. Es ist an der Zeit, den Dialog mit der Klimabewegung zu suchen und gemeinsam nach Lösungen zu suchen, um die drängenden Probleme unseres Planeten anzugehen.