Es sind bereits
2162
Stellungnahmen eingegangen. Bei einigen haben uns die Autor:innen erlaubt, sie hier zu veröffentlichen:
Name Stellungnahme an die Staatsanwaltschaft
Monika Dieterle Stellungnahme zu Aktenzeichen 326 Js 14549/22

als Mutter von zwei erwachsenen Kindern, die sich in ihren Berufsausbildungen befinden, mache ich mir große Sorgen um ihre Zukunft und der aller jungen Menschen.

Der Ethikrat der Bundesregierung mahnte in seiner Pressekonferenz vom 13.03.2024 mit deutlichen Worten intergenerationelle Klimagerechtigkeit an. Es werden die folgenden Generationen mit den Folgen der mangelhaften Klimapolitik belastet, die nichts zu der eskalierenden Klimaerwärmung beigetragen haben werden.
Psychologen kritisieren zudem, dass die Bundesregierung die Interessen der jüngeren Generationen bei ihren Entscheidungen außer acht lässt.

Ich bitte die Politik und die Justiz, dass sie die berechtigten Ängste der Menschen, insbesondere der jüngeren Generation, ernst nimmt und dementsprechend handelt. Andernfalls macht sich Politik und Justiz unglaubwürdig und verspielt die Zukunft unserer Nachkommen.

Dass die jüngere Generation, bzw. die "Letzte Generation vor den Kipppunkten" auf diese Probleme aufmerksam macht, ist absolut nachvollziehbar und sollte ihr gutes Recht sein.
Immerhin bricht die Bundesregierung ihre eigenen Gesetzte, wie zum Beispiel Artikel 20 a des Grundgesetzes: „Der Staat schützt auch in Verantwortung für die künftigen Generationen die natürlichen Lebensgrundlagen …“!
Dass nun aber diejenigen kriminalisiert werden, die auf die Klimakatastrophe hinweisen und nicht deren Verursacher, lässt an der bisher als vorbildlich geltenden Demokratie in Deutschland zweifeln.

Bislang galt Deutschland als Staat mit einer "offenen" Zivilgesellschaft. Nun aber stuft der neue "Atlas der Zivilgesellschaft" Deutschland aus der höchsten Kategorie in "beeinträchtigt" ab. Dies sollte laut Dagmar Prurin, Präsidentin von "Brot für die Welt" uns allen ein Weckruf sein, Demokratie und Rechtstaatlichkeit mit ihr verbundene Freiheitsrechte vollumfänglich zu verteidigen.

In einem Brief von 60 führenden Verfassungsrechtsexpertinnen und Experten aus dem Jahr 2023 wird die Verschärfung von straf-und polizeirechtlichen Reaktionen als "beunruhigend und in vielen Fällen verfassungsrechtlich fragwürdig" benannt. Das Versammlungsrecht schütze auch Protestformen, die "disruptiv wirken und von der Mehrheit als Störung empfunden werden".

Laut dem Generalsekretär der Vereinten Nationen, António Guterres, rasen wir in die Klimahölle. Dasselbe sagen auch deutsche Wissenschaftler, wie z.B. Professor Rahmstorf und Professor Schellnhuber, zwei der weltweit renommiertesten Klimaexperten.
Fast alle Staaten der Erde haben auf der 21. UN-Klimakonferenz 2015 mit dem Übereinkommen von Paris einen Vertrag unterzeichnet, nach dem sie Anstrengungen unternehmen wollten, die 1,5 Grad nicht vor zum Jahr 2100 zu erreichen. Im Jahr 2023 lag die Erderhitzung fast durchgehend bereits über dem Ziel von 1,5 Grad.

Die Bundesregierung ignoriert ihre eigenen Klimagesetze. Sie hört nicht auf den eigenen Expertenrat für Klimafragen. Sie stellt die bisher eingeleiteten Maßnahmen und deren Ergebnisse als ausreichend dar, dem die Wissenschaftler allerdings widersprechen.

Die Zivilgesellschaft ist gefordert, den Menschen die Augen zu öffnen und gegenzusteuern. Wenn sich mehrere Menschen dafür engagieren, dürfen sie nicht als kriminelle Vereinigung diffamiert werden.
Der Einsatz für Klimagerechtigkeit ist der Einsatz für Demokratie, denn keine Demokratie würde eine Katastrophe diesen Ausmaßes überleben. Die Folge der Überwachung von Mitgliedern der "Letzten Generation" bedeutet eine Verunsicherung, die weiteren Einsatz von Bürgern für unsere Demokratie erschwert.

Der Einsatz für unsere Demokratie darf nicht unter Strafe fallen.
Der Einsatz für eine bessere, lebenswerte Zukunft darf nicht bestraft werden.
Der Einsatz für das Leben unserer Kinder und das deren Kinder darf nicht mit Freiheitsstrafen und der Verletzung des Rechtes auf Privatsphäre strafrechtlich verfolgt werden.

Daher bitte ich Sie darum dieses Verfahren einzustellen.
Vielen Dank!
Dr. Andreas Röhsler Ich bin ehrlich gesagt erschüttert über über Vorgehen Ihrer Behörde. Mehrere Menschen, Mitglieder und Unterstützende der „Letzten Generation“, sollen angeklagt werden eine terroristische Vereinigung gebildet zu haben. Dies ist ebenso lächerlich als verstörend. Engagierte Menschen, die sich für das Überleben von Millionen und Milliarden von der Klimakatastrophe Betroffener einsetzen- und dies mit friedlichen Mitteln- so zu kriminalisieren ist ein Skandal. Das politische Versagen war mir bereits klar, bricht die Bundesrepublik doch täglich ihre eigenen klimapolitischen Ziele. Eine Anklage im Sinne des Paragraphen 129 StGB zeugt nun aber ebenfalls von einem vollkommenen juristischen Versagen. Ihrem Versagen. Die Menschen der „Letzten Generation“ verdienen unseren höchsten Respekt und unsere Anerkennung dafür, dass sie sich für uns alle einsetzen und sich dem zerstörerischen Kurs des Status Quo, dem Extremismus der Normalität, der unsere Lebensgrundlagen vernichtet, in den Weg stellen. Dies tuen sie nicht nur mit dem moralischen Recht, sondern auch dem Grundgesetz auf ihrer Seite. Dieses verpflichtet uns alle gleichsam zum Schutz kommender Generationen und zum Leisten zivilen Widerstandes zum Schutz unserer Demokratie. Beide stehen durch die Klimakatastrophe auf dem Spiel. Was bleibt also, da sonstige Formen friedlichen Protests schon viel zu lange kein Gehör mehr finden?
Ich bitte Sie, lassen Sie von der Anklage ab.
Annemarie Brückner Die Gruppe "Letzte Generation" ist keine kriminelle Vereinigung, sie bringt keine Menschen in Gefahr sondern setzt sich mit deutlichem aber friedlichem Nachdruck für ein lebenswerte Zukunft auf unserem Planeten ein. Ich finde die strafrechtliche Verfolgung ihrer Mitglieder absolut unangemessen.
Alina Eggert Es besorgt mich in hohem Maße, wie viel Aufwand in Kauf genommen wird, um Bürgerinnen und Bürger eines demokratischen Staates von friedlichem Protest abzuhalten, anstatt mit ihnen ins Gespräch zu gehen und ihre Forderungen anzuhören. Ich halte die Kriminalisierung der Letzten Generation und ihrer Unterstützer für ein klares Zeichen der Überforderung seitens der Bundesregierung. Vor allem im Kontrast zu der Reaktion auf die teilweise eskalierten sogenannten Bauernproteste ist der Umgang mit den Klimaktivistinnen und - aktivisten der Letzten Generation nicht nur unsolidarisch und doppelmoralisch, sondern in meinen Augen auch symptomatisch für eine gesellschaftliche und politische Verharmlosung und Verdrängung der existenziellen Krise, auf die sie hinweisen. Im Angesicht ebendieser Krise brauchen wir mehr denn je Solidarität, Gemeinschaft und Menschlichkeit, um vor allem für zukünftige Generationen die letzten Weichen zu stellen, die eine unaufhaltsame globale Kettenreaktion aufhalten. Die wissenschaftlichen Daten hierzu sind eindeutig: Was wir als Menschheit in den nächsten drei bis sechs Jahren tun, entscheidet über unser Überleben. Eine Einstufung der Letzten Generation als kriminelle Vereinigung würde zu einer gefährlichen Einschränkung der in einer Demokratie essentiellen Protestfreiheit gehören, deren Tendenz Amnesty International bezüglich Deutschland bereits festgestellt hat. Sie wäre außerdem das absolut falsche Signal an die Bevölkerung und würde das Vertrauen in die Regierung und einen freiheitlichen Rechtsstaat enorm beschädigen. Ich fordere Sie als Vertreter der StA Neuruppin dazu auf, sich diese demokratiegefährdenden Faktoren vor Augen zu führen und sich außerdem zu fragen, ob Mitglieder der Letzten Generation sowie anderer Vereinigungen der Klimagerechtigkeitsbewegung wohl tatsächlich von kriminellen Motiven angetrieben sind oder ob sie schlicht und einfach so hartnäckig für die Einhaltung des Grundgesetzes durch die Regierung kämpfen, das eine Überschreitung legaler Grenzen an Stellen unvermeidbar ist, insbesondere aufgrund der angesprochenen mangelnden Gesprächsbereitschaft. Ich rufe Sie als Vertreter der StA Neuruppin außerdem dazu auf, sich mit der Geschichte des zivilen Ungehorsams vertraut zu machen und sich zu fragen, ob eine Anwendung dessen angesichts der unbestreitbaren und unmittelbaren Bedrohung unser aller Lebensgrundlagen und vor allem derer unser aller Kinder angemessen ist. Damit appelliere ich an Ihr Demokratieverständnis sowie auch an Ihre Menschlichkeit. Ich bedanke mich für die Berücksichtigung meiner Stellungnahme.