Es sind bereits
2162
Stellungnahmen eingegangen. Bei einigen haben uns die Autor:innen erlaubt, sie hier zu veröffentlichen:
Name Stellungnahme an die Staatsanwaltschaft
Sigrid Werner Zivilcourage ist für unsere Gesellschaft dringend erforderlich.
Menschen, die zivilen Ungehorsam leisten, um gegen bedrohliche Entwicklungen zu protestieren, handeln nicht kriminell, sondern verantwortungsbewusst mit hohem persönlichen Einsatz.
Der § 129 StGB dient vor allem zur Einschüchterung und zum Ausforschen von KritikerInnen und – wie inzwischen bekannt ist – auch der Presse. Er wird offensichtlich angewendet, wenn eine Bewegung Aufmerksamkeit und Erfolge erzielt. Somit ist es ein überflüssiger und schädlicher Gesinnungs-Strafrechts-Paragraf und sollte gestrichen werden. Für die Verfolgung krimineller Straftaten gibt es ausreichend andere gesetzliche Grundlagen.

Ines Löwe Eine Gesellschaft die Kritik nicht akzeptiert ist nicht demokratisch. Wenn sich Menschen zusammentun und in einer Vereinigung gemeinsam für das Wohl der Gesellschaft und der Menschen einsetzen, ist das nicht kriminell sondern notwendig, um die Gesellschaft weiterzuentwickeln und ihr Bestehen zu sichern. Sie fügen der Gesellschaft keinen Schaden zu. Sie agieren im Rahmen ihrer Möglichkeiten die unsere Demokratie ihnen bietet und engagieren sich darüber hinaus zum Wohle aller Menschen. Sie wollen sich weder profilieren noch bereichern oder einen persönlichen Vorteil und Nutzen erlangen. Im Gegensatz zu Politikern oder Profiteuren die gegenwärtig unsere Geschicke lenken, sind sie nicht bestrebt zerstörerische Machenschaften für eigene Vorteile zu etablieren. Im Gegenteil wollen sie mit Hilfe ihrer gemeinsamen Aktionen auf Missstände hinweisen die unserer Gesellschaft jetzt und in Zukunft schaden. Da ihnen bei Anwendung sogenannter erlaubter Mittel kein Gehör geschenkt wird bzw. diese gehört aber ignoriert werden, ist offener Protest die einzige Möglichkeit das von ihnen eingeforderte Grundrecht auf unversehrtheit und der Schutz des Lebens, auf Gesundheit, auch für Zukünftige Generationen muß endlich Beachtung in Politik und Wirtschaft finden.Dafür stehen diese Menschen ein.Sie stehen dadür ein, das endlich offen über die Probleme vor der unsere Gesellschaft steht kommuniziert wird. Sie werden genau wie die vielen Wissenschaftler, der Klimarat und etliche Klimafolgenforscher ignoriert und totgeschwiegen. Darum ist es wichtig auf diese Missstände öffentlich aufmerksam zu machen. Klimaschutz ist kein Verbrechen. Klimaschutzmaßnahmen einfordern ist ein Menschenrecht.
Alexander Lott die Kriminalisierung der Aktivist*innen der letzten Generation, die nun in dem laufenden Verfahren mit dem § 129 StGB betrieben wird ist aus meiner Sicht völlig unbegründet und politisch motiviert. Ich fordere die Staatsanwaltschaft dazu auf das Verfahren einzustellen!
Es ist unerträglich, wie hier eine Bewegung, die sich um die Existenzgrundlage der in in Deutschland und auf der Erde lebenden Menschen bemüht verfolgt wird.

Hören Sie damit auf!
Michael Pfundstein ich möchte Sie zu Beginn meiner Stellungnahme an die Demokratie und die Rechtsstaatlichkeit, in der wir leben und die wir genießen dürfen, erinnern. So wie ich die Situation und die Rechtsstaatlichkeit sehe, obliegt der Staatsanwaltschaft nun die Entscheidung, ob Anklage erhoben wird. Ich hoffe, Sie sind sich bei dieser Entscheidung der weitreichenden Konsequenzen, die diese mit sich bringt bewusst.

Ich möchte Sie insbesondere daran erinnern, was die Hauptaufgabe einer Staatsanwaltschaft ist, so kann ich bei der Staatsanwaltschaft Neuruppin online nachlesen: "Die im Norden des Landes Brandenburg gelegene Staatsanwaltschaft Neuruppin nimmt die gesetzlichen Aufgaben der Strafverfolgung und der Strafvollstreckung in ihrem Zuständigkeitsbereich wahr."

Ihr gesetzlicher Auftrag ist es, die Strafverfolgung wahrzunehmen. In diesem Fall agieren Sie dabei im Kontext des Paragrafen §129 StGB. Dieser wird von vielen Rechtsexpert:innen scharf kritisiert. Warum? Weil er ein sogenannter Gummiparagraph ist. Weil er also theoretisch auf unzählige Situationen angewendet werden kann, die gar nicht dem Zweck des Paragrafen, nämlicher der Verfolgung von "Kriminellen Vereinigungen", entsprechen. Des Weiteren wird der Paragraph kritisiert, weil er den StAs damit Ermittlungsmöglichkeiten einräumt, die sehr weitreichend sind und Menschen und Gruppen betreffen können, die weit von der Bildung einer Kriminellen Vereinigung entfernt sind. Er kann also politisch missbraucht werden, um unliebsame politische Akteure in ihrer Arbeit zu behindern.

Ich möchte Ihnen das gewiss nicht unterstellen. Dafür habe ich zu viel Vertrauen in die Rechtsstaatlichkeit in Deutschland. Aber gerade deswegen ist es mir ein Anliegen, Sie einfach daran zu erinnern, in welchem Kontext Sie mit dem Paragraphen §129 Sie agieren und sehr sensibel mit den Möglichkeiten umzugehen, die er Ihnen bietet. Gehen Sie mit diesem Paragraphen so um, wie es sich für Sie eines Rechtsstaates würdig anfühlt, dann tun Sie das Richtige.

Aus meiner Sicht, ohne große juristische Expertise zu haben, wäre es eines Rechtsstaates würdig, in diesem Fall die Anklageerhebung zu unterlassen. Ich möchte Ihnen kurz darlegen, weshalb. Im Paragraphen heißt es: "Mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer eine Vereinigung gründet oder sich an einer Vereinigung als Mitglied beteiligt, deren Zweck oder Tätigkeit auf die Begehung von Straftaten gerichtet ist, die im Höchstmaß mit Freiheitsstrafe von mindestens zwei Jahren bedroht sind."
Nun gehört zum Kontext dazu, dass der Zweck der Vereinigung ist, für Klimagerechtigkeit zu protestieren. Ich denke niemand wird diese Intention der Letzten Generation abstreiten. Der Zweck der Begehung von Straftaten ist vielmehr im Kontext des Zivilen Ungehorsams zu sehen, in dem zwar bewusst Regeln übertreten werden, aber nur, um damit auf einen viel verheerenden Regelübertritt oder eine Ungerechtigkeit an anderer Stelle hinzuweisen. Und das ist offensichtlich die zerstörerische Klimapolitik der Bundesregierung.

Aber streng juristisch ist nicht mal die Tätigkeit der Letzten Generation zweifelsohne auf die Tätigkeit der Begehung von Straftaten zurückzuführen. Dafür wiegt das Versammlungsrecht in Deutschland viel zu stark und es gibt viel zu widersprüchliche Gerichtsurteile.

Aber wie gesagt, juristisch kenne ich mich nicht gut genug aus, an der Stelle kann ich nur auf eine ausführliche Besprechung in einer Folge des Podcasts Lage der Nation verweisen, die eine Prüfung vornehmen und zu dem Schluss kommen, dass eine Anwendung möglich, aber problematisch ist. Das Hauptproblem liege jedoch in der schwammigen Formulierung des Paragraphen. Daher möchte ich Ihnen zum Abschluss ans Herz legen, sich auch als StA für die Präzisierung dieses Paragraphen stark zu machen, um Ihnen die Arbeit zu erleichtern und sich als StA nicht von der Politik instrumentalisieren zu lassen, unliebsame politische Akteure zu schädigen.

Ich danke für die Kenntnisnahme!