Es sind bereits
2162
Stellungnahmen eingegangen.
Bei einigen haben uns die Autor:innen erlaubt, sie hier zu veröffentlichen:Name | Stellungnahme an die Staatsanwaltschaft |
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Angelika Mühleck | Ich möchte Stellung nehmen zum angestrebten Verfahren gegen Unterstützer*innen der Letzte Generation wegen Bildung einer kriminellen Vereinigung (§129 StGB). Für mich als Durschschnittsbürgerin (50 J, weiblich, selbständige PR-Beraterin, keine Kinder, 'gut situiert') ist es ein Unding, dass in diesem Verfahren Handlungen als Taten angeklagt werden, die unser aller Leben, Wohlstand, weltweite Menschenrechte und nichts weniger als die Rettung unseres Planeten zum Ziel haben. Während die Politik sich dem Thema in großen Teil verweigert und so die notwendigen Schritte zur Einhaltung des 1,5-Grad-Ziels NICHT ENDLICH gegangen werden, weil Lobbyisten es verhindern und PolitikerInnen wiedergewählt werden wollen, werden Menschen kriminalisiert, die für das absolut Notwendige aufstehen. Politischer Ungehorsam und Wiederstand gegen entscheidungsunwillige Establishments muss eine Demokratie verkraften! Wir müssen als gesamte Menschheit sehr viel schneller den Ausstieg aus einer Wirtschaft schaffen, die auf fossilen Rohstoffen basiert. Das ist unbestritten und dennoch wird dieser Ansatz nicht hinreichend vorangetrieben. Ich sehe in der Letzten Generation eine verzweifelte Generation. Denn die Hochrechnungen, wie unsere Welt, wie Europa und Deutschland bereits in wenigen Jahrzehnten aussehen, wenn nicht JETZT gehandelt wird, ist düster. Dazu folgender Literaturhinweis (einer von vielen): "Deutschland 2050" von Toralf Staud + Nick Reimer). Die nächste Generation treibt eine berechtigte Angst an. Und dafür auf die Straße zu gehen, ist das Beste, was sie tun können! Auch mit drastischen Maßnahmen wie das Festkleben auf Straßen und Landebahnen. Ohne diese besonderen Aktionen hätten sie niemals Gehör bekommen. Sie mussten m.M. nach polarisieren. In Deutschland gibt es das Grundrecht auf Vereinigungsfreiheit und Versammlungsfreiheit (Art.9 und Art.8 GG). Ich bin betrübt und zweifle an unseren demokratischen Grundfesten, wenn dies nicht (mehr) für Themen und Gesellschaftsgruppen gilt, die unbequem sind, die der Gesellschaft den Spiegel vorhalten über unser umweltzerstörerisches Verhalten der letzten 40 Jahre! Angeklagt werden sollen die Falschen. Sie sind genau genommen die Helden in diesem 'Spiel'. Angeklagt werden sollten Politiker, Wirtschaftsbosse, Lobbyisten. Sie müssen haftbar gemacht werden für die "true costs" hinter jedem Produkt, jedem Flug, der spaßeshalber abhebt, jeder Umweltzerstörung, die wir in andere Länder externalisiert haben. Doch wir sind weit entfernt, dass die Richtigen zur Verantwortung gezogen werden. Stattdessen vergreift sich der Staat an ein paar Jugendlichen, die Angst um ihre Zukunft haben. Das ist schandhaft und ich halte es für gefährlich, wenn ein gerichtliches Verfahren diese Menschen kriminalisiert. Schlimm genug, das Politiker sie als Terroristen bezeichnen - die, die für Gerechtigkeit und den Erhalt unserer Erde einstehen. Ich hoffe und wünsche mir, dass diese Verfahren nicht angestrebt werden, dass diese jungen Leute den Ritterschlag erhalten für das, was sie wagen - persönlich, körperlich, ihre ganze Zukunft betreffend! Sie verdienen unsere Hochachtung - und endlich unser Gehör! |
Sabine Dorn-Pfahler | Das Recht zu protestieren ist auf besondere Weise geschützt. Gewaltfreien Widerstand gegen herrschende Zustände müssen wir als Demokratie und Gesellschaft aushalten, auch wenn wir nicht mit dem Inhalt einverstanden sind. Die Wissenschaftler sind sich einig - der Klimawandel ist eine ernsthafte Bedrohung und wir können - müssen - jetzt entschieden handelt, um die verheerenden Folgen zumindest abzumildern. Dieses entschiedene Handeln ist in der Politik nicht erkennbar. Auch ich persönlich halte es für unabdingbar, unsere Lebensgrundlagen auf besondere Weise zu schützen. Menschen, die sich dafür einsetzen - die dafür auf die Straße gehen - dürfen nicht Polizeigewalt und Kriminalisierung ausgesetzt werden. Es ist nicht angenehm, sich auf die Straße und allen Blicken auszusetzen. Es ist nicht angenehm, mit Schmerzgriffen durch die Polizei behandelt zu werden. Es kostet Zeit und Energie. Die Menschen, die das auf sich nehmen, handeln nicht aus egoistischen Motiven, Geldgier, Habsucht, sie handeln nicht, um anderen zu schaden. Sondern aus einer tiefen Sorge um unser aller Lebensgrundlagen. Sie sind kein Freiwild! Und sie sind schon gar keine KRIMINELLE Vereinigung. |
Anke Vangerow | Eine Anklage wäre für mich unfassbar. Ich empfände dies als undemokratisch und falsch. Wir haben als Gesellschaft auch eigentlich keine Zeit mehr, uns mit so etwas aufzuhalten. Es besteht ein zukunftsgefährdendes Problem aber wir werfen uns auf dem Weg zur Lösung gegenseitig Knüppel zwischen die Beine? Wo bleibt da die demokratische Gemeinschaft? Die LG hat einen Anfang gemacht, der eigentlich von anderer Stelle hätte kommen müssen. Dafür darf niemand bestraft werden. |
Sara Josephine Reiners (für Christians for Future Hamburg) | fünf Mitgliedern der Gruppe „Letzte Generation“ wird auf der Grundlage von Paragraph 129 StGB vorgeworfen, sich der „Bildung einer kriminellen Vereinigung“ schuldig gemacht zu haben. Es ist in unseren Augen ein falsches Signal, dass nun erwogen wird, ausgerechnet gegen die Personen vorzugehen, die seit Jahren darauf hinweisen, dass die Bundesregierung mit ihrer Politik offenen Rechtsbruch begeht: Sie setzt sich über die Grundrechte hinweg, die durch Artikel 20a GG verfassungsrechtlich gesichert sind. Ein solches Vorgehen gegen Klimaaktivisti lenkt die öffentliche Debatte um die Klimaproteste weg von den tatsächlich schwerwiegenden Problemen, vor denen die Menschheit derzeit steht. Die „Letzte Generation“ verfolgt mit ihren Aktionen die Absicht, ein Bewusstsein für die bereits begonnene Klimakatastrophe zu schaffen. Gleichzeitig schlägt sie klimapolitische Maßnahmen vor, die möglichst sozial gerecht sind und alle Schichten der Gesellschaft miteinbeziehen. Dadurch soll das Überleben der nächsten Generationen gesichert und die Demokratie gestärkt werden. Wir finden: Das sind nicht die Ziele einer „kriminellen Vereinigung“! Und wir fragen uns: Wie konnte es überhaupt so weit kommen, dass die Regierung angesichts der größten Krise der Menschheit so wenig Handlungsbereitschaft und Kommunikation an den Tag legt? „Klimaaktivisten – angeführt von der moralischen Stimme junger Menschen – haben ihre Ziele auch in den dunkelsten Tagen weiter verfolgt. Sie müssen geschützt werden und wir brauchen sie jetzt mehr denn je“, so äußerte sich vor einigen Monaten der Sprecher des UN-Generalsekretärs António Guterres. Doch anstatt Schutz, erleben Klima- und Umweltaktivisti weltweit das Gegenteil: Immer häufiger sind sie Gewalt und staatlicher Repression ausgesetzt. Auch wir, als eine christliche Klimagerechtigkeitsgruppe, die im Gegensatz zur „Letzten Generation“ selbst keinen zivilen Ungehorsam praktiziert, sehen besorgt auf diese Entwicklung. In seinem Sendschreiben „Laudate Deum“, das sich der Klimakrise widmet, äußerte sich Papst Franziskus so über klimaaktivistische Gruppen: Seiner Ansicht nach würden sie eine „Lücke in der Gesellschaft als Ganzer“ füllen, „die einen gesunden Druck ausüben müsste“, damit nicht die Zukunft der Menschheit aufs Spiel gesetzt würde. Dieser Einschätzung können wir nur beipflichten! Ohne einen Klimaaktivismus, der laut, auffällig und unbequem ist, kann nicht der „gesunde Druck“ erzeugt werden, der nötig wäre, um einen Politikwechsel herbeizuführen, den es so dringend braucht, um die drohende Klimakatastrophe einzudämmen. Ob es sich bei dem stets gewaltfreien Protest der Gruppe tatsächlich um juristisch relevante Straftaten handelt, kann und soll von uns nicht beurteilt werden. Als Christ*innen fühlen wir uns jedoch neben den menschlichen Gerichten auch einer höheren Gewalt gegenüber verantwortlich, die uns lehrt, einen universalen Gerechtigkeitsbegriff zu vertreten und unsere Stimme gegen das Unrecht zu erheben. Die juristische Verfolgung von Menschen, die sich mit Hilfe von zivilem Ungehorsam ebenfalls gegen das herrschende Unrecht einsetzen, führt nicht nur zu einer Verstärkung der Ignoranz in Bezug auf die Klimakatastrophe – durch sie wird der Rechtsstaat selbst zu einem Werkzeug des Unrechts! Wir Christians for Future Hamburg befürchten, dass unser Rechtssystem durch die Kriminalisierung von Klimaprotesten seine eigentliche Funktion verliert und mehr zu einer Schädigung des Allgemeinwohls beiträgt als zu seiner Verbesserung. Wir fordern, dass diejenigen vor Gericht gebracht werden, die die Zerstörung unserer Lebensgrundlagen zu verantworten haben, und nicht diejenigen, die für ihren Erhalt kämpfen. Darum appellieren wir mit Nachdruck an Sie, von einer weiteren Kriminalisierung der „Letzten Generation“ und einer Anklage der Beschuldigten auf Grundlage des § 129 StGB abzusehen! |