Es sind bereits
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Stellungnahmen eingegangen. Bei einigen haben uns die Autor:innen erlaubt, sie hier zu veröffentlichen:
Name Stellungnahme an die Staatsanwaltschaft
Xenia Bühler Die Protestaktionen der "Letzten Generation" finden in aller Öffentlichkeit statt. Der Vorwurf der Bildung einer kriminellen Vereinigung erscheint vor diesem Hintergrund absurd.
Mit einer Anklage wegen Bildung einer kriminellen Vereinigung würde ein Präzedenzfall geschaffen. Unbequeme Aktivist/innen sollten nicht kriminalisiert werden, nur weil man mit ihnen nicht übereinstimmt oder ihren Aktivitäten hilflos gegenübersteht. Ziviler Ungehorsam und kriminelle Energie haben nichts miteinander gemein, jedenfalls nicht in diesem Fall. Für unsere Demokratie ist es fatal, das eine mit dem anderen zu verwechseln.
Jan Ciriack das Klima schützen ist KEIN Verbrechen!!!
Es ist weitgehend anerkannt und wissenschaftlich belegt, dass die aktuellen ökologischen Krisen (die Klimakatastophe, das Artensterben und die Umweltzerstörung) die größte Bedrohung für die Menschheit, die meisten anderen Lebewesen und den Planeten darstellen. Die Gefahr ist so groß, dass ein Massensterben und auch ein Aussterben nicht ausgeschlossen werden kann, sogar sehr wahrscheinlich ist. Diese Entwicklung hat bereits begonnen ist heute schon deutlich zu erkennen.
Unsere Regierung scheint nicht gewillt oder nicht in der Lage zu sein, dieses Problem ernsthaft anzugehen. Alle legalen Mittel haben bisher nicht die notwendige Wirkung erzielt. Wir sind immer noch auf dem gleichen Kurs.
Moralisch scheint mir in dieser Situation ungehorsamer Protest mehr als angemessen. Aber auch rechtlich lässt sich diese Form des Aktivismus für mich begründen.

§34 StGB Rechtfertigender Notstand sagt:

Wer in einer gegenwärtigen, nicht anders abwendbaren Gefahr für Leben, Leib, Freiheit, Ehre, Eigentum oder ein anderes Rechtsgut eine Handlung begeht, um die Gefahr von sich oder einem anderen abzuwenden, handelt nicht rechtswidrig, wenn bei Abwägung der widerstreitenden Interessen, namentlich der betroffenen Rechtsgüter und des Grades der ihnen drohenden Gefahren, das geschützte Interesse das beeinträchtigte wesentlich überwiegt. Dies gilt jedoch nur, soweit die Handlung ein angemessenes Mittel ist, die Gefahr abzuwenden.

Ich finde diesen Text sehr passend. Bei unseren Straßenblockaden steht auf der einen Seite das Interesse der Autofahrer*innen, die ihren Weg nicht in der geplanten Weise fortsetzen können. Diese Menschen sind zu Recht verärgert und fühlen sich in ihrer Freiheit eingeschränkt. Ich kann das gut verstehen.
Dem gegenüber steht das Anliegen, die Politik und die Gesellschaft auf die Dringlichkeit des Handelns gegen die Klimakatastrophe aufmerksam zu machen. Wir steuern momentan auf eine 3-5 Grad heißere Welt zu - Trockenheit, Dürre und Wetterextreme werden folgen. Ganze Länder werden sich in öde Wüsten verwandeln und unbewohnbar sein, was wiederum zu Massenflucht, Verteilungskämpfen und weiteren Kriegen führen wird. Das alles geschieht in anderen Ländern der Welt heute schon. Doch auch unser Alltag wird schon recht bald von Ressourcenknappheit und sozialen Spannungen bestimmt werden. Es geht hier also um das Rechtsgut Leben und das Interesse von Milliarden von Menschen zukünftiger aber auch bereits heutiger Generationen.
Und das ist nicht meine persönliche Meinung oder die von der Letzten Generation, sondern wissenschaftlicher Konsens. Dazu einige Zitate:

„Der Tag rückt näher, an dem der Klimawandel jeder Kontrolle entgleitet. Es ist Zeit für eine Revolution des politischen Handelns.“ Jaques Chirac, ehem. französicher Staatspräsident

„Wer jetzt noch nicht wach ist, der muss sich fragen, was denn eigentlich passieren muss, damit man den Ernst der Lage erkennt.“ Klaus Töpfer, ehemaliger Bundesumweltminister

„Der Klimawandel ist das bestimmende Thema unserer Zeit – und wir sind an einem bestimmenden Moment. Wir stehen einer direkten existentiellen Bedrohung gegenüber.“
Antonio Guterres, UN-Generalsekretär

Es sind also keine übertriebenen Weltuntergangsfantasien – vielmehr wird das Thema von der Politik, der Wirtschaft und den Medien bewusst klein gehalten weil es unbequem ist und massive Veränderung erfordert. Ich weiß nicht wie Sie das bewerten, aber für mich überwiegt das Interesse von Milliarden von Menschen zu überleben gegenüber 30 Minuten länger im Auto sitzen WESENTLICH.

Wie sieht es mit der Gegenwärtigkeit der Gefahr aus?
Die Klimakrise ist jetzt. Noch nie gab es so viele Waldbrände, Überschwemmungen und Dürren wie in diesem Jahr - fast täglich erreichen uns Nachrichten über neue Umweltkatastrophen. Menschen im globalen Süden leiden und sterben jetzt bereits an den Folgen der Klimawandels. Aber auch vor uns werden die hohen Temperaturen keinen Halt machen und die Krisen werden kommen.
Außerdem ist vorausschauendes Handeln hier notwendig weil wir es mit zeitversetzten Auswirkungen zu tun haben. Wenn Kipppunkte erst einmal überschritten sind, ist Reparatur nicht mehr möglich und es gibt keinen Weg zurück. Das könnte bereits bei 1,5 Grad Erderwärmung passieren – heute haben wir schon 1,2 Grad erreicht. Für mich ist das definitiv eine GEGENWÄRTIGE Gefahr.

Bleibt die Frage: Ist unsere Handlung geeignet um die Gefahr abzuwenden?
Die Lösung der Klimakrise ist komplex und groß. Sie erfordert ein kollektives Umdenken und einen grundlegenden Wandel in beinahe allen bestehenden menschlichen Systemen. Wahrscheinlich ist es die größte Herausforderung vor der die Menschheit je gestanden hat. In angemessener Zeit geht das nur mit Hilfe konsequenter Maßnahmen von oben, d.h. die Politik muss handeln und zwar schnell und radikal. Das tut sie aber nicht – seit Jahrzehnten ist das Problem bekannt und die umgesetzten Maßnahmen reichen bei weitem nicht aus. Gewählt von nicht ausreichend informierten Bürger*innen, beeinflusst von massiven Lobbyinteressen und geleitet von eigener Machtbesessenheit scheint das jetzige politische System außerstande, die ökologischen Krisen lösen zu können.
Ich habe mein ganzes Leben lang grün/links gewählt. Ich habe Petitionen noch und nöcher unterschrieben. Ich habe jeden Freitag mit den Fridays auf der Straße gestanden und ich meine, dass ich einen halbwegs ökologisch bewussten Lebensstil führe. Ich habe meinen Job als Softwareentwickler gekündigt und pflanze jetzt Bäume.
Und die CO2-Emissionen steigen weiter, das Artensterben ist so hoch wie noch nie und unsere Ökosysteme stehen kurz vor dem Kollaps. Ich bin etwas ratlos, um nicht zu sagen verzweifelt.

Was bleibt denn um wirklich etwas zu bewirken? Welche Möglichkeiten habe ich noch, um gehört zu werden? In die Politik gehen und ein eigenes Programm aufstellen? Bei der Kürze der Zeit die uns noch bleibt wird das in unserem starren System wohl kaum die zeitnah benötigten Veränderungen herbeiführen. Wenn der Zug mit 200 km/h auf den Abgrund zufährt und der zugführende Mensch schläft oder ist anderweitig nicht bei Sinnen ist, dann schlage ich Türen ein und verschaffe mir mit allen Mitteln Zugang zur Notbremse. Klingt irgendwie logisch – würden wahrscheinlich alle so machen.
Um genau diese Situation geht es hier gerade. Wenn Sie sich die wissenschaftlichen Fakten angucken und mit offenen Augen auf diese Welt schauen, gibt es keinen Zweifel mehr: Wir sind in einem lebensbedrohlichem Klimanotstand und friedlicher ziviler Ungehorsam ist das Mittel, was uns in der verbleibenden Zeit noch retten kann.
Auch mit dieser Meinung stehe ich nicht alleine da:

„Ziviler Ungehorsam hat eine ehrenvolle Geschichte, und wenn die Dringlichkeit und moralische Klarheit eine bestimmte Schwelle überschreiten, dann denke ich, dass ziviler Ungehorsam durchaus verständlich ist und eine Rolle zu spielen hat.“ Al Gore, US-Präsidentschaftskandidat

„Manchmal muss man ein Gesetz brechen, um das Richtige zu tun. Und der Schlüssel dazu liegt im zivilen Ungehorsam.“ Edward Snowden

„Protest über das Gesetz hinaus ist keine Abkehr von der Demokratie; es ist absolut wesentlich dafür.“ Howard Zinn, US-Historiker

Konnte ich nun durch mein Handeln die Gefahr abwenden? Natürlich nicht, große Veränderungen stellen sich nicht von heute auf morgen ein. Aber vielleicht habe ich einen kleinen Teil dazu beigetragen dass sich etwas bewegt. Ein kleiner Anstoß der weiter geführt und wachsend zu einer großen Kraft werden kann. Wir sind noch nicht genug. Um wirkliche Veränderung herbeizuführen braucht es massenhaften Widerstand. Zehntausende Menschen die jeden Tag immer und immer wieder auf die Straße gehen und die Normalität, das „Weiter So“ blockieren, können nicht mehr ignoriert werden.

Unser Protest mag in Ihren Augen eine Straftat sein aber meine Rechtfertigung fußt nicht nur auf einem Paragraphen im Strafgesetzbuch – hier wird gerade das Grundgesetz gebrochen. §20a sagt es klar und deutlich:

Der Staat schützt auch in Verantwortung für die künftigen Generationen die natürlichen Lebensgrundlagen und die Tiere…

Das ist nicht der Fall. Die Regierung erzählt uns dass sie das im Griff hat, aber das stimmt nicht. Unser höchstes Recht, die Verfassung wird hier nicht eingehalten und wir machen darauf unübersehbar aufmerksam. Das sollte nicht nur moralisch legitim sein, sondern auch rechtlich geschützt, weil es einfach richtig ist das zu tun.
nur für die StA sichtbar Ich kann nicht glauben das sie eine Vereinigung die sich für den Klimaschutz einsetzt als kriminell einstufen wollen.
Diese engagierten Menschen aus der Zivilgesellschaft dürfen nicht kriminalisiert werden.
Viel mehr sollte es ein Anliegen der Staatsanwaltschaften sein, die Politik und die Emissionsverursacher in Haftung zu
nehmen das sie die Gesundheit der Menschen billigend in Kauf nehmen und durch ihre Handlungen, bzw. ihr nicht handeln
Menschen in einem solchen Ausmaß gefährden das man sie als kriminell einstufen sollte. Vereinigungen wie "Die letzte Generation"
versuchen Menschen zu schützen und das darf nicht bestraft werden!
Luca Schulz Ich fordere sie auf, § 129 StGB im Bezug auf die Letzte Generation nicht anzuwenden. Ein derart hartes Sanktionieren von zivilem Ungehorsam, der das Überschreiten von Gesetzen nur als Mittel zur Erreichung eines höheren Zwecks (in diesem Fall der Schutz unserer Lebensgrundlagen - einen höheren Zweck gibt es nicht) verwendet, wäre ein Ausdruck autoritären Legalismus. Während ziviler Ungehorsam durchaus demokratisch interpretierbar ist, stellt die Kriminalisierung von legitimem politischen Protest in diesem Kontext die eigentliche Gefahr für Demokratie und Rechtsstaat dar! Ich bin selbst nicht Teil der Letzten Generation, dennoch macht mir die zunehmende Kriminalisierung von Menschen, die sich für Menschenrechte oder den Schutz unserer Lebensgrundlagen selbstlos einsetzen, unfassbar Angst. Ich erwarte, dass sie ihren rechtlichen Spielraum hier ausnutzen und klarstellen, dass eine friedliche, dem Schutz unserer Lebensgrundlagen verpflichtete Bewegung wie die Letzte Generation - möge man ihre Mittel nun unterstützen oder nicht - keine "kriminelle Vereinigung" nach § 129 StGB darstellt!