Es sind bereits
2162
Stellungnahmen eingegangen.
Bei einigen haben uns die Autor:innen erlaubt, sie hier zu veröffentlichen:Name | Stellungnahme an die Staatsanwaltschaft |
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Karen Sondhof | eine Demokratie, die einen gewaltfreien Widerstand von Menschen, die einander darin bestärken, durch das Eintreten für unsere Lebensgrundlagen für die Zukunft aller Menschen einzutreten, kriminalisiert, ist die Bezeichnung nicht wert. Ziviler Ungehorsam findet nicht nur einzeln wie von Greta Thunberg statt, es gehören selbstverständlich Absprachen und Zusammentreffen von Menschen dazu. Als 56-jährige, immer "brave" Bürgerin kann ich den Rechtsruck staatlicherseits nur schwer fassen. Daher bin ich Teil der letzten Generation. Es heißt endlich Abstand nehmen von fossilen Brennstoffen. Wer wenn nicht wir, und zwar jetzt? |
Lucy Hauser-Steinlein | ich schreibe Ihnen heute um zu Ihrer geplanten Anklage von Mitgliedern der Letzten Generation (LG) nach § 129 StGB Stellung zu nehmen. Der Zweck der Vereinigung der LG ist nicht die Begehung von Straftaten, sondern die Organisation und Ordnung der Proteste ihrer Teilnehmer, die auf die drohende Gefahr durch den Klimawandel aufmerksam machen wollen. Nach friedlichen und juristisch einwandfreien Massendemonstrationen, mit der Forderung nach wirksamem Klima- und Umweltschutz zur Vermeidung einer Klimakatastrophe, zum Beispiel am 20.09.2019 mit deutschlandweit über einer Million Teilnehmenden, hat sich die Politik zu wenig mehr als Lippenbekenntnissen durchringen können. Dass Deutschland derzeit angeblich auf einem guten Weg ist, die gesetzten Klimaziele bis 2030 zu erreichen, ist nur der Rezession geschuldet und nicht der ambitionierten Durchsetzung von Klima- und Umweltschutz. Sobald die Wirtschaft wieder wächst, wird auch die Hoffnung auf eine nachhaltige Reduktion der Treibhausgasemissionen zunichte sein. Dabei sind diese, durch die Politik gesetzten, Klimaziele schon nicht ambitioniert genug um die, im Pariser Klimaschutzabkommen vereinbarte, 1,5 Grad Grenze der Erderwärmung einzuhalten, wie Berechnungen der deutschen Institute Climate Analytics und NewClimate ergeben. Unter dem Eindruck dieser ausbleibenden adäquaten Reaktion der Politik auf die drohende Gefahr, trotz der Dringlichkeit und der deutlichen Aufforderung durch die Bevölkerung, bleibt nur die Intensivierung der Bemühungen durch Aktivisten und die Wahl von unbequemeren Handlungsweisen. Ein friedliches und ignorierbares Demonstrieren führt offensichtlich nicht dazu, die Politik zu nachhaltigem Handeln zu bewegen und daher müssen Formen des zivilen Ungehorsams angewendet werden, um auf die Dringlichkeit der Botschaft hinzuweisen. Dabei muss beachtet werden, dass das Ziel des Zusammenschließens als Vereinigung der LG nicht der Organisation von illegalen Aktivitäten dient, sondern umgekehrt der Vermeidung von Exzessen in den Aktionen dient. Indem die Vereinigung Leitlinien für das Handeln vorgibt, verhindert sie, dass wilde, unorganisierte Aktionen durchgeführt werden und deren Teilnehmer in diesen über die Stränge schlagen. Die LG betont in jeder Konferenz, in jeder Schulung und in allen Veranstaltungen immer wieder, dass für sie Gewaltfreiheit den höchsten Wert darstellt. Insofern wäre eine strafrechtliche Verfolgung der LG als kriminelle Organisation nicht dahingehend zielführend die Aktionen fortan zu unterbinden. Vielmehr würde dies zu ungeordneten und womöglich gewaltsamen Aktionen führen, da sich den aufgebrachten und vom Klimawandel zurecht bedroht fühlenden Personen eben kein regelndes, ausgleichendes Umfeld für Diskussionen und Austausch mehr bieten würde. Insofern muss die in bestimmten Medien vorgebrachte Behauptung, bei der LG würde es sich um eine Art "Klima-RAF" handeln, als im besten Fall undurchdacht, schlimmstenfalls bewusst hetzend bezeichnet werden, da es die Tatsachen geradezu auf den Kopf stellt. Die potentiell strafrechtlich relevanten Handlungen von Einzelpersonen müssen in einem Rechtsstaat juristisch bewertet und ggf. verfolgt werden. Eine Vereinigung die mäßigend und regelnd auf ihre Mitglieder einwirkt zu kriminalisieren, wäre aber völlig kontraproduktiv und in höchstem Maße gefährlich. Ich bitte Sie daher dringend auf eine Anklage nach § 129 StGB zu verzichten. |
Annika Gehrmann | Mich erschüttert die Anklage gegen Menschen, die sich mit gewaltlosen Mitteln gegen eine Situation wehren, in der fortgesetzt unsere Lebensgrundlagen zerstört werden. Kriminalisierung von Menschen, die ihre grundgesetzlich garantierten Rechte wahrnehmen, ist eines Rechtsstaats unwürdig. Andere Protestierende, die mit Traktoren und Misthaufen sogar aktiv Menschenleben auf Autobahnen gefährden, werden weniger kriminalisiert - ein echter Missstand. Bitte sehen Sie von einer strafrechtlichen Verfolgung ab. |
Dipl.-Psych. Monika Faatz | Der Paragraph 129 StGB wird normalerweise verwendet, um gegen organisierte Kriminalität vorzugehen. Doch nun wird er gegen gewaltfrei protestierende Klimaaktivist*innen angewandt. Das ist absurd: Anstatt einzelne Taten anzuklagen - wie das Blockieren von Flugverkehr oder Pipelines - richtet sich die Anklage gegen Menschen, die sich zusammengetan haben, um in der Krise gemeinsam etwas zu verändern. Dabei ist dies eigentlich durch die Grundrechte auf Vereinigungsfreiheit und Versammlungsfreiheit geschützt! Dieses Verfahren betrifft uns alle: Mirjam, Henning, Lukas, Edmund und Jakob sind Menschen wie du und ich, denen unsere Demokratie am Herzen liegt. Sie kämpfen für eine sichere Zukunft ihrer Familien und wollen die Ungerechtigkeit nicht hinnehmen. Es gibt einen Satz der sagt: wo das Unrecht zur Regel wird, wird Widerstand zur Pflicht! Diesem Satz schließe ich mich an: Wenn die Klimaungerechtigkeit, die in Deutschland und auch in Europa aktuell man kann sagen praktiziert wird, indem wir soviel Co2 und auch andere schädliche Gase wie Methan, übermäßig produzieren, und - nur um ein Beispiel zu nennen, kein wirksames Tempolimit einführen und oder natürlich andere wirksame Maßnahmen ergreifen um unseren Kindern und Enkelinnen und Enkeln! eine lebenswerte Zukunft, ein lebenswertes Leben zu ermöglichen, wirklich zu ermöglichen, dann sind wirksame Mittel zu ergreifen, dies zu verhindern. Dann ist auch ein z.B. öffentliches bzw. öffentlichkeitswirksames Blockieren von Verkehr erlaubt bzw. zuzulassen, bzw. höchstens mit einer Verwarnung zu bestrafen! Menschen stehen jeden Tag im Stau. Stundenlang. Weil es viel Individualverkehr gibt. Und viele Transporte, weil wir viel konsumieren. Herr und Frau Staatsanwältin und Staatsanwalt, es geht doch auch immer um Angemessenheit, der Mittel und der Folgen! Auch ich appelliere daher an die Staatsanwaltschaft und die Justiz, die Anklage gegen die Letzte Generation sorgfältig zu prüfen und dabei die Bedeutung des zivilen Engagements und der Meinungsfreiheit in einer lebendigen Demokratie zu berücksichtigen. Es ist essenziell, dass der Rechtsstaat die Balance zwischen der Wahrung der öffentlichen Ordnung und dem Schutz fundamentaler Bürgerrechte wahrt." Dem schließe ich mich an. Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit und hoffe, dass diese Stellungnahme respektiert wird mit den anderen Stellungnahmen und dass wir den Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern und unserer aller Vernunft zuhören und entsprechend handeln. Danke. |