Es sind bereits
2162
Stellungnahmen eingegangen. Bei einigen haben uns die Autor:innen erlaubt, sie hier zu veröffentlichen:
Name Stellungnahme an die Staatsanwaltschaft
Lilly Schubert der Civicus Monitor hat den gesellschaftlichen Handlungsspielraums vergangenen Dezember von offen auf beeinträchtigt herabgesetzt.
Maßgeblich ausschlaggebend dafür war der Umgang des Staates und der Polizeien der Länder mit Versammlungsteilnehmer*innen, der Umgang mit Klimaaktivist*innen und die in Bayern auf Grundlage des Polizeiaufgabengesetzes angewendete Präventivhaft gegenüber friedlihen Protestierenden, die sich selbstlos für das Gemeinwohl aller Bürger*innen einsetzen. Was kaum Wellen geschlagen hat, ist erschreckend, fatal und ein Armutszeugnis für unsere Demokratie.
Ich bin 25 und im Glauben aufgewachsen, in einem sicheren, rechtstaatlichen, fairen Land zu leben. Einem Land, in dem alle vor dem Gesetz gleich sind, in dem wir eine funktionierende Gewaltenteilung haben, in der "die Machthabenden", also Politiker*innen das tun, was für die Menschen aktuell und zukünftig gut ist. Eine Demokratie ist nie ein fester Zustand, es gibt Kompromisse, und was genau richtig ist und wie dies umgesetzt wird, ist immer Aushandlungssache.
Was definitiv nicht richtig ist, ist das Versagen Deutschlands im Angesicht der Klimakrise. Was nicht richtig ist, ist der Umgang mit Menschen, die ihre Jobs, Ausbildungen, die Schule nuterbrechen, um sich dafür einzusetzen, dass meine Generation, die meiner Kinder eine gute Zukunft haben. Ich bin 25 und sorge mich davor, den Glauben an den Guten Willen von Gericht, Staatsanwaltschaft und Politiker*innen zu verlieren.
Es wird oft davon ausgegangen, dass die Demokratie in Deutschland eine Vorzeigedemokratie ist - das ist sie. Aber diese Tatsache wird genutzt, um jede Kritik am Status Quo als antidemokratisch, verfassungsfeindlich darzustellen. Menschen, die sich im Zuge zivilen Ungehorsams dem Gesetz widersetzen sind keine Verfassungsfeinde. Sie sind nicht organisiert kriminell. Sie versuchen, Politiker*innen, Demokrat*innen daran z erinnern, sich an ihre eigenen Gesetze zu halten. Und langfristig die Demokratie und Sicherheit zu schützen, für alle.
Eine Anklage der fünf Beschuldigten stellvertretend für die tausenden Menschen, die die Letzte Generation unterstützen und aktiv darin sind, ist ein Dammbruch in unserem Rechtsstaat, vor dem ich Angst habe: Er öffnet die Tore für Staatsanwaltschaften, dieses extreme Mittel viel freier zu nutzen gegen Grunddemokratische Bürger*innen, die zu kritischen Individuen erzogen wurden und nicht in politische Lethargie verfallen.
Sehen Sie davon ab, es tatsächlich zu einer Anklage wegen Bildung einer kriminellen Vereinigung nach Paragraph 129a kommen zu lassen - finden sie es in ihren Herzen, in ihrer juristischen Ausbildung und in ihrer Menschlichkeit, diesen weiteren Schlag gegen engagierte Menschen nicht zu führen. Oder klagen Sie uns alle an, die wir vor 1 1/2 Jahren uns selbst angezeigt haben als Unterstützer*innen und Aktive der Letzten Generation. Als engagierte, aufmerksame und aktive Menschen, die für sich, ihre lieben und alle eine sichere Zukunft wollen.

Ludwig Winchenbach Die von Ihnen mit der Anklage der 5 Klimaaktivisten beabsichtigte Täter-Opfer-Umkehr hat schon der UN-Generalsekretär Antonio Guterres entlarvt. Am 4.4.22 sagte er zu dem Bericht des Weltklimarats: "Klimaaktivisten werden manchmal als gefährliche Radikale dargestellt, aber die wirklich gefährlichen Radikalen sind die Länder, die die Produktion fossiler Brennstoffe steigern."
Nach allen wissenschaftlichen Prognosen wird mit der derzeitigen Klimapolitik in Deutschland und weltweit der Klimakollaps nicht abgewendet (Weltklimabericht des IPCC 2023). Derzeit sterben unter normalen Umständen weltweit jährlich ca. 50 Mio. Menschen. Lt. der Klimawissenschaft bedeutet die derzeitige Klimapolititik in Deutschland und weltweit jedoch, daß in 20-30 Jahren jedes Jahr 100-200 Mio. Menschen allein klimabedingt zusätzlich sterben werden. Durch Hunger , Dürre, Hitze, Kriege um Nahrung und Wasser, Seuchen usw.. Schellnhuber, einer der weltweit renommiertesten Klimaexperten, bis 2018 Chef des Potsdam-Instituts für Klimafolgenforschung (PIK), seinerzeit auch offizieller Berater von Angela Merkel, drückt die Gefahr so aus: Wir verhalten uns so, als setzten wir unsere Kinder in einen Bus, der mit einer Wahrscheinlichkeit von 97% in einen Abgrund stürzt. Guterres sagte im November 2022, auf der COP 27, die Welt sei auf dem "Highway to Hell". Auf deutsch: wir sind auf dem Weg in den Selbstmord.
Die Aktivisten der LG, zu denen ich mich auch zähle, auch wenn ich mich alters-und gesundheitsbedingt (bin 81 J., künstliches Hüftgelenk und künstliches Schultergelenk) nicht auf die Straße setze, sehen sich als Menschen, die diesen Selbstmord verhindern wollen. Etwa 80% der Gesellschaft ist, wie offenbar auch Ihnen, ihr eigener Selbstmord nicht bewußt. Ein weiterer Unterschied zu gewöhnlichem Selbstmord ist hier, daß durch dieses selbstmörderische Verhalten auch die Mitmenschen getötet werden, die diesen Selbstmord gerade verhindern wollen. Auch dies ist den 80% nicht bewußt, sie sind also ohne Vorsatz. Allerdings Fahrlässigkeit und teilweise auch grobe Fahrlässigkeit würde ich bejahen, soweit diesen „Selbstmördern“ die klimawissenschaftlichen Fakten bekannt sind. Evtl. kommt sogar dolus eventualis, also bedingter Vorsatz in Betracht. Der Täter hält hierbei den Eintritt des Schadens für möglich, nimmt ihn aber billigend in Kauf, ohne ihn zu beabsichtigen (vgl. das BGH-Urteil zu den Autorennfahrern in Berlin: Mord).
Wir, die LG-Aktivisten fühlen uns deshalb auch wie Eltern, die ihre Kinder vor deren unbewußten Selbstmord bewahren wollen, wozu Eltern auch verpflichtet sind. Natürlich wollen wir auch uns selbst vor dem mörderischen Verhalten unserer Mitmenschen schützen, wozu wir auch berechtigt sind (Notstand, §54 StGB). Um unsere, unserer Kinder und unserer Enkel Freiheit, Gesundheit und Leben zu schützen, wollen wir mit den Blockaden Regierung und Bevölkerung aufrütteln, damit die Regierung Maßnahmen ergreift, um diesen Massenmord und -Selbstmord abzuwenden.
Nicht die LG, sondern Politiker wie Dobrinth selbst (CSU-Landesgruppenchef) sind also in Wirklichkeit die "Klima-RAF". Nicht für die LG, sondern für CDU-Chef Merz selbst sind also in Wirklichkeit härtere Strafen zu fordern.
Auch wenn wegen ihrer Straßenblockaden geschimpft wird: Die LG hat die Regeln unseres Gemeinwesens sehr genau verstanden und hält sich meist akribisch an die politischen Spielregeln. Die Aktivisten sind sehr gut (und oft besser als ihre KritikerInnen) informiert – Aussteiger sind sie nicht. Sie haben sich zusammengeschlossen, eigene Aktionsformen entwickelt, um die Gesellschaft zu verändern – „No Future“ ist nicht ihre Parole. Sie akzeptieren ein Risiko für ihre eigene Gesundheit und ihre eigene Karriere – Profilierung auf Kosten anderer kann man ihnen nicht vorwerfen. Sie sind in Verbände und Vereine gegangen, engagieren sich in Parteien – Politikverachtung sieht anders aus. Sie haben sich mit anderen Lobbygruppen vernetzt – Hilflosigkeit ist nicht ihr Problem. Sie haben sich ihre Forderungen vom höchsten deutschen Gericht bestätigen lassen – Verfassungsfeinde sind sie nicht. Und vor allem: Sie bleiben friedlich – die „Klima-RAF“ bleibt ein Phantom. Wer es herbeifantasiert, will die junge Protestbewegung für eigene Zwecke einspannen oder diskreditieren. Es ist im Gegenteil bemerkenswert, wie diszipliniert und politisch klug die AktivistInnen ihre Gewaltfreiheit trotz allen Gegenwinds und allen Frusts durchhalten. Anderswo brennen bei geringeren Anlässen die Barrikaden. Wenn Sie dennoch von krimineller Vereinigung schwadronieren, zeigen sie nur, wie hilflos Sie einer Bewegung gegenüberstehen, die Sie nicht verstehen – und daß Sie sich grundlegende Veränderungen in unserem System offenbar nur gewalttätig vorstellen können.

Die Beschuldigten haben niemanden getötet oder verletzt. Sie dagegen werden durch das Strafverfahren gegen die Klimaaktivisten den Tod von Kindern und deren Kindern als Mittäter auf dem Gewissen haben. Können Sie eigentlich Ihren eigenen Kindern und Enkeln noch in die Augen sehen? Wenn Sie die Klimaaktivisten anklagen, die nur die durch Art. 2 Abs. 1 GG geschützten Freiheitsrechte unserer Kinder und Enkel für die Zukunft bewahren wollen, wie es auch das BVerfG im Beschluß vom 24.3.2021 fordert, was aber durch die unzureichende Reduktion der CO2-Emissionen durch die derzeitige Politik bedroht ist, dann scheißen Sie in Wirklichkeit auf unsere Kinder und Enkel –auf gut bayrisch gesagt. Vor diesem Makel sollten Sie sich bewahren.
Susanne Wimmer Ich habe großen Respekt vor (jungen) Menschen, die sich selbstlos, weit jenseits der persönlichen Komfortzone für das Wohl der gesamten Menschheit, des Planeten und vor allem auch für nachfolgende Generationen einsetzen.
Als selbst aktive Künstlerin bin ich vlt. nicht mit allen Aktionen d‘accord, weil ich sie nicht nachvollziehen kann, aber ich schätze den großen Mut, die Geduld, die Unbeirrbarkeit, die Phantasie der ’Next Generation‘.
Aus einigen Berichten von unbeteiligten Passanten habe ich gehört, daß einige Aktionen auch genutzt wurden, die Next Generation‘ zu diskreditieren: Z.B. wurde die Sonnenstrasse in München komplett gesperrt, obwohl die Aktivisten der Next Generation lediglich am Rand aktiv waren, der Verkehr also eigentlich hätte weiterlaufen können...
Junge Menschen setzen sich wohlüberlegt, mutig, niemand (maximal sich selbst) gefährdend für überlebensnotwendige Bedingungen für die Allgemeinheit ein, und müssen sich von jener Allgemeinheit beschimpfen und diffamieren lassen, weil es dem eigentlich nicht mehr tragbaren Konsumverhalten und der Bequemlichkeit ans Leder geht.
Ich finde, den Menschen der Next Generation gebührt ein großer Applaus. Sie sollten für ihren Einsatz, ihren Mut nicht verfolgt, sondern im Gegenteil geehrt und belohnt werden! Danke Next Generation!
Jörg Peter mit Sorge habe ich von dem Verfahren gegen Mirjam Herrmann, Henning Jeschke, Lukas Popp, Edmund Schulz und Jakob Beyer erfahren, die unter Anwendung des §129 StGB angeklagt werden. Diese Anwendung des Paragraphen gegen friedlich protestierende Klimaaktivist*innen der Letzten Generation betrachte ich mit großer Sorge.

In einer Zeit, in der die Bewältigung der Klimakrise entschlossenes Handeln erfordert, sollten die Stimmen der Zivilgesellschaft nicht nur gehört, sondern auch geschützt werden. Die Grundrechte auf Vereinigungs- und Versammlungsfreiheit sind Säulen unserer Demokratie und sollten als solche respektiert werden. Die Anwendung eines Paragraphen, der für den Kampf gegen organisierte Kriminalität gedacht ist, auf Aktivist*innen, die gewaltfrei für eine lebenswerte Zukunft kämpfen, wirft ernste Fragen hinsichtlich der Verhältnismäßigkeit und der Achtung dieser Grundrechte auf.

Die Bemühungen von Mirjam, Henning, Lukas, Edmund und Jakob sowie der gesamten Letzten Generation verdienen Anerkennung, nicht Kriminalisierung. Ihr Einsatz für Klimagerechtigkeit und eine sichere Zukunft für alle Generationen ist ein Ausdruck tiefgreifender Sorge um unser gemeinsames Wohl und unseres Planeten. Solch ein Engagement sollte in einer demokratischen Gesellschaft gefördert, nicht unterdrückt werden.

Ich appelliere daher an Ihre Verantwortung und Ihr Ermessen, die Anklage im Licht der Bedeutung zivilen Engagements und der Bewahrung demokratischer Freiheiten zu überdenken. Die Kriminalisierung von friedlichem Protest sendet ein besorgniserregendes Signal an die Zivilgesellschaft und untergräbt das Vertrauen in den Rechtsstaat.