Es sind bereits
2162
Stellungnahmen eingegangen. Bei einigen haben uns die Autor:innen erlaubt, sie hier zu veröffentlichen:
Name Stellungnahme an die Staatsanwaltschaft
Lucas Valter Abos Deutschland wird mittlerweile von Amnesty International als ein Land eingestuft, in dem die Versammlungsfreiheit beschränkt ist. Das macht mich zutiefst traurig, denn gerade wir sollten uns historisch verpflichtet fühlen, ein Vorbild bezüglich der Einhaltung demokratischer Grundsätze zu sein. Es kann nicht sein, das Aktivist*innen, deren Wertekonsens unmissverständlich Gewaltfreiheit als unbestreitbar erklärt, als mitglieder einer kriminellen Vereinigung strafrechtlich verfolgt werden. Ziviler Widerstand, wie ihn die Letzte Generation leistet ist ein fester bestandteil einer jeden Demokratie, das sieht man an der erkämpfung der Bürgerrechte in den USA, am Mauerfall, an der befreiung Indiens von dem Vereinigten Königreich und an vielem mehr. Dieser Umstand ist wissenschaftlich belegt (siehe einen von über 2000 Wissenschaftler*innen unterschriebenen Brief "Handeln statt kriminalisieren" https://handeln-statt-kriminalisieren.com/ )
Unsere Regierung verstößt gegen das Grundgesetz und sie Verstößt gegen das Pariser Abkommen. Wird sie jetzt auch noch gegen das Recht auf friedlichen zivilen Widerstand gegen eine Politik, die die Vernichtung unserer Lebensgrundlagen in kauf nimmt verstoßen? Die fünf angeklagten sind die Menschen, die Gewahrsam, Hohe Geldstrafen, polizeiliche Repressionen und physische Gewalt gegen sie in Kauf nehmen, um auf das Unrecht der Regierung aufmerksam zu machen. Und da sollte man wirklich nichtmehr das Argunent nennen, das könne man ja auf anderem Wege machen. Wenn dem so wäre, würde das jeder der hier angeklagten Aktivist*innen nämlich sehr begrüßen und aufhören Freizeit, Geld und körperliche unversehrtheit zu Opfern, nur um spöter zum Sündenbock gemacht zu werden. Man muss sich hier wirklich die Frage stellen: Wer ist eigentlich kriminell? Die jenigen, die das Grundgesetz brechen, oder die die gewaltlos darauf aufmerksam machen?
Alicia Bühler hiermit möchte ich Ihnen meine Stellungnahme zukommen lassen. Die Anwendung von § 129 StGB auf einzelne Mitglieder der Letzten Generation schafft in meinen Augen eine Grundlage dafür, jede Form der Unterstützung oder des Engagements in einer Gemeinschaft zur kiriminellen Handlung erklären zu können und setzt damit potentiell einen gefährlichen Maßstab.

Ich habe mich immer glücklich geschätzt, in einem Land aufgewachsen zu sein, das mir das Recht auf freie Meinungsäußerung erlaubt. Es will mir nicht in den Kopf, dass wir täglich Verfahren anstrengen, um die Menschen zu maßregeln, die mit friedlichem Protest und Störaktionen (die sicherlich hin und wieder Umstände, nie aber Leid erzeugen!) auf einen der größten Missstände unserer Zeit verweisen, während wir die Verursacher dieser Missstände nicht nur gewähren lassen, sondern sogar vor legitimem Protest schützen. Ich würde mir wünschen, dass wenn schon meine Steuergelder für Subventionen in klimaschädliche Branchen fließen, ebendiese Steuergelder auch dafür genutzt werden, unseren Rechtsstaat und unseren Menschenverstand zu nutzen, um genau zu ergründen, WOVOR wir die Menschen in unserem Land und weltweit wirklich schützen müssen: vor mutigen Menschen, die ihre Bequemlichkeit, ihr gesellschaftliches Ansehen und letztlich ihre Freiheit aufs Spiel setzen für unser aller Zukunft und die Zukunft unserer Nachkommen auf diesem Planeten? Oder vielleicht vor der Zerstörung unserer Lebensgrundlagen und einer zunehmend verwüsteten, beraubten und zerstörten Welt, in der Ressourcenknappheit und unberechenbare Extremwetter unseren Alltag bestimmen?

Wie soll man das als logisch denkender Mensch jemals vor sich rechtfertigen können? Wie soll man das seinen Kindern erklären?

Ich appelliere an die Staatsanwaltschaft, die Bedeutung der Freiheit des Einzelnen anzuerkennen, seine Meinung frei zu äußern, auf Missstände zu verweisen und sich für positive gesellschaftliche Veränderungen einzusetzen. Bitte berücksichtigen Sie dies bei der Auslegung des Gesetzes und bei Ihrer Entscheidung über die Erhebung einer Anklage.
Claudia Kubis Bitte unterstützen Sie mit Ihrer Arbeit das Engagement von Menschen in unserem Land, die Missstände aufzeigen und sich für einen Wandel einsetzen, indem Sie eine Anklage unterlassen. Wenn engagierte Menschen hin und wieder sehr drastig vorgehen, ist dies auf jeden Fall zu hinterfragen! Auch in dem Sinne, wie konnte es soweit kommen? Wo haben Politik und Zivilgesellschaft zu lange nicht hingeschaut und notwendige Veränderungen herbeigeführt? Bitte unterstützen Sie mit Ihrer Arbeit den demokratischen deutschen Rechtsstaat - für eine enkeltaugliche Zukunft! Danke!
Eckart Pscheidl-Jeschke Die Welt, die wir teilen, ist in einer Notlage. In mehreren Bereichen, die sich überlappen und beeinflussen, gibt es desaströse Entwicklungen. Darüber sind sich Wissenschaft und Forschung einig. Es ist ein couragiertes und zügiges Handeln nötig, um solche Entwicklungen abzuschwächen und gestaltbar zu machen. Dieses Handeln bleibt aus, oder ist nur in einem Maß erkennbar, welches weit davon entfernt ist wirksam zu sein.
Dies wird seit Jahren von verschiedenen Organisationen, Wisssenschaftsvereinigungen, dem Weltklimarat und auch kürzlich von der EU-Umweltagentur kommuniziert und trifft selten auf die Aufmerksamkeit und den Gestaltungswillen der Politik.
An dieser Stelle positioniert sich der friedliche zivile Ungehorsam der Letzten Generation, ihre Forderungen leiten sich aus der beschriebenen Handlungsverweigerung ab und haben appellativen Charakter. Ihr Ziel ist damit eindeutig und unmissverständlich ausgesprochen und kann deshalb nicht mit kriminellen Intensionen verwechselt werden. Gerade das Herstellen von Öffentlichkeit ist ein Beleg für die Denk- und Handlungsweise der Letzten Generation und sollte deshalb nicht mit Strukturen zur Bereicherung und Vorteilsnahme gleichgesetzt werden, wie sie bei kriminellen Vereinigungen anzufinden sind.
Unterstützt werden diese kurzen Ausführungen von verschiedenen Stellen der Gesellschaft, der Forschungen zu Zivilem Ungehorsam und auch durch den im Februar 2024 veröffentlichten Bericht des UN-Sonderberichterstatters, der insbesondere Deutschland für die Kriminalisierung von Protesten der Letzten Generation kritisiert.
Überdies hinaus werden im internationalen Rahmen die Protestformen selbst als rechtlich gedeckt eingestuft: „Störende, aber friedfertige Proteste, insbesondere Sitzblockaden, sind in der Regel von der grund- und menschenrechtlich garantierten Versammlungsfreiheit geschützt. Beeinträchtigungen Dritter wie z.B. solche durch Verkehrsbehinderungen heben den Schutz der Versammlungsfreiheit grundsätzlich nicht auf.“ (Menschenrechtsausschuss General Comment No. 37 (2020) (CCPR/C/GC/37))

Unter diesen Voraussetzungen kann nicht von einer Staatsanwaltschaft in Deutschland die dringend notwendige Kommunikation über die Lage der Welt und das Anprangern von Handlungsverweigerung als organisierte Kriminalität angesehen werden.