Es sind bereits
2162
Stellungnahmen eingegangen.
Bei einigen haben uns die Autor:innen erlaubt, sie hier zu veröffentlichen:Name | Stellungnahme an die Staatsanwaltschaft |
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Klaus Lichtenwalder | Ich halte es für vollständig überzogen, eine derartige Einstufung der "Letze Generation" als kriminelle Vereinigung überhaupt auch nur in Erwägung zu ziehen. Auch renommierte Juristen, wie (ehemalige) Richter an renommierten Institutionen sehen die "Letzte Generation" auf fest verankerten Grund des Grundgesetzes. Dem kann ich mich nur anschliessen! Es gibt einfach keine Verankerung in nicht demokratischen Strukturen, gar Extremismus, die dieses rechtfertigen würden. |
Susanne Heim | mit großer Sorge habe ich Kenntnis von den Ermittlungen genommen, die auf der Grundlage des § 129 StGB gegen einzelne Personen geführt werden. Der Verdacht auf Bildung einer kriminellen Vereinigung steht im Raum. Zu Recht? Schauen wir uns den Vorwurf etwas genauer an. Der § 129 StGB erfordert zunächst, dass sich mindestens drei Menschen zu dem Zweck zusammengeschlossen haben, wiederholt Straftaten mit einem Strafrahmen von mindestens zwei Jahren im Höchstmaß zu begehen. Zwar werden bei den Protestaktionen der Ende 2021 gegründeten Klimaschutz-Gruppierung in Museen, Stadien, an Erdölpipelines oder Flughäfen häufig Straftaten begangen - wie etwa Nötigung, Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte oder Sachbeschädigung. Dennoch ist ihr alleiniges Ziel, die Politik zum Handeln zu bewegen, um die drohende Klimakatastrophe abzuwenden, und nicht um Straftaten zu begehen. Die Aktionen der Letzten Generation mögen nerven, aber macht sie das wirklich zu einer „kriminellen Vereinigung“? Oder hält die Politik dem Druck, den die AktivistInnen seit Monaten aufbauen, einfach nicht mehr stand? Das Ganze wirkt wie ein großer Einschüchterungsversuch. Die UN haben vor kurzem die Rolle von Klimaaktivisten für den Umweltschutz betont und ihrer Sorge um einen verhältnismäßigen Umgang mit ihnen Ausdruck verliehen: "Wir brauchen sie mehr denn je. Sie müssen geschützt werden.", sagte der Sprecher von UN-Generalsekretär António Guterres, Stéphane Dujarric. Ohne sie wären die weltweiten Klimaziele bereits außer Reichweite. Die Berliner Staatsanwaltschaft hat die juristische Bewertung anders entschieden als die Staatsanwaltschaft Neuruppin und sieht keinen Anfangsverdacht. In einem Beschluss vom Dezember 2022 schreibt die Staatsanwaltschaft Berlin: ”Dabei ist insbesondere zu berücksichtigen, dass die Anliegen der Gruppierung nicht nur durch die verfassungsrechtlich verbürgte Meinungsfreiheit gedeckt sind, sondern sogar im Einklang mit der Staatszielbestimmung des Schutzes der natürlichen Lebensgrundlagen (Art. 20a GG) stehen.” Zudem seien die Aktionen der „Klimakleber“ juristisch nicht leicht zu bewerten. Tatsächlich sind viele Aktionen zunächst von der Versammlungsfreiheit gedeckt und werden erst nach einer Auflösung durch die Polizei strafbar. Für einen rechtsstaatlichen Umgang mit zivilem Ungehorsam würde es genügen, wenn die AktivistInnen für die Delikte bestraft werden, die sie konkret begangen haben, also vor allem für die Nötigung von AutofahrerInnen. Dass zusätzlich auch noch jede mitgliedschaftliche Handlung und jede Unterstützung, zum Beispiel durch Geldspenden, unter Strafe gestellt wird, scheint mit Blick auf den Schutz der Demokratie dagegen unverhältnismäßig. Schließlich lehnt die Letzte Generation die Demokratie nicht ab – ganz im Gegenteil. Sie setzt auf die Demokratie und appelliert mit ihren Aktionen an die gewählten demokratischen Organe, also an die Bundesregierung und den Bundestag. Es mag für JuristInnen nur schwer zu verstehen sein, aber ziviler Ungehorsam ist nicht demokratiefeindlich. Er versteht sich als notwendiges Korrektiv innerhalb der Demokratie. „Klimaaktivismus wird in Deutschland zunehmend durch staatliche Repressionen behindert und delegitimiert“ – das sagt der „Green Legal Spaces Report“, den die Organisation Green Legal Impact (GLI) veröffentlichte. GLI ist ein Zusammenschluss umweltaktivistischer JuristInnen. Bekanntestes Vorstandsmitglied ist die Hamburger Anwältin Roda Verheyen, die den Klima-Beschluss des Bundesverfassungsgerichts miterstritten hat. In einer Fleißarbeit hat GLI auf 52 Seiten die „zunehmenden Repressionen“ gegen die Klima-Bewegung aufgelistet. Der § 129 StGB ist nicht unumstritten, wie Sie sicher wissen. Im Strafprozessrecht wird er ausdrücklich dem „Gebiet des Staatsschutzes“ zugeordnet (§ 110a StPO mit Verweis auf § 74a GVG, wo wiederum der § 129 StGB genannt ist). Tatsächlich betrafen in den 1970er und 80er Jahren knapp 85 Prozent der eingeleiteten Ermittlungsverfahren nicht etwa den schwerwiegenden Vorwurf der Mitgliedschaft, sondern lediglich den minder schweren der Unterstützung oder des Werbens. Zumeist sind das rein verbale "Taten". Deshalb haben wir es hier mit Gesinnungsstrafrecht zu tun. Will die Staatsanwaltschaft Neuruppin sich wirklich dem Vorwurf aussetzen, den dringend benötigten Klimaaktivismus einzuschüchtern und sich zum Handlanger der fossilen Industrie zu machen? Ich hoffe nicht. Sie würden unserer Demokratie einen schweren Schaden zufügen. |
Dirk Hansen | Die Aktionen der "letzten Generation" sind aus meiner Sicht aus Hilflosigkeit geborene Handlungen des zivilen Ungehorsams, die in Anbetracht der gravierenden Konsequenzen der fortlaufenden Verbrennung fossiler Brennstoffe angemessen und legitim sind. Als Naturwissenschaftler (Meteorologe) kann ich bestätigen, dass die Anliegen der LG die volle wissenschaftliche Berechtigung haben. Straßenblockaden sind ein adäquates Mittel, um endlich die Öffentlichkeit auf die Bedrohung aufmerksam zu machen. Selbst Sachbeschädigungen wie Farbattacken halte ich persönlich für angebracht, solange sie keine Privat- oder Einzelpersonen schädigen. Am Beispiel der Bauernproteste, die aus wirtschaftlichem Eigennutz und unter Einsatz erheblicher Machtmittel sowie der Zweckentfremdung von Steuermitteln stattfinden, aber Anerkennung finden und nicht geahndet werden, erkenne ich auch eine Unverhältnismäßigkeit, die in mir Zweifel am Rechtsstaat weckt. Kriminalisierung des Engagements der LG wird die Hilflosigkeit in Teilen der Gesellschaft steigern und könnte nach Einschätzung von Sozialforschern Radikalisierung nach sich ziehen. Dafür gibt es einige Beispiele aus der Vergangenheit (Suffragetten, USA-Rassismus). In Anbetracht der aktuellen politischen Entwicklungen öffnet eine Kriminalisierung zivilen Ungehorsams die Tür für demokratiefeindliche Kräfte. Wägen Sie bitte Ihre Entscheidung gut ab. |
nur für die StA sichtbar | Sehr geehrte Richter und Richterinnen der Staatsanwaltschaft Neuruppin, als Bürgerin dieses freien, demokratischen Landes, welche sich große Sorgen um das Klima macht, sehe ich es als Pflicht an, den Staat -gewaltfrei- an seine grundlegendsten Aufgaben , den -Schutz und Erhalt unserer Lebensgrundlagen- zu erinnern! Eine Kriminalisierung dieser friedlichen, gewaltfreien Proteste der Aktivisten der letzten Generation, wäre eine unverhältnismäßige und der Demokratischen Ordnung dieses Landes unwürdige Beschneidung des Rechtes auf freie Meinungsäußerung und des Demonstrationsrechtes / Streikrechtes! Deutschland ist der 4.größte Emittent von Treibhausgasen Weltweit. Viele Klagen und Beschwerden vor Deutschen und Internationalen Instanzen sind anhängig. Im Frühjahr 2021 gab das Bundesverfassungsgericht einen bahnbrechenden Beschluss bekannt: Klimaschutz hat Verfassungsrang!! Das Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg hat die Klimaschutzpolitik der Bundesregierung in mehreren Punkten als -rechtswidrig- verurteilt. Es verpflichtete die Ampelkoalition dazu, Sofortprogramme für mehr Klimaschutz im Verkehr und bei Gebäuden aufzulegen. Verkehrsminister Volker Wissing (FDP) lehnte jedoch ein Sofortprogramm ab. zitiert aus: https://www.tagesschau.de/inland/klimaschutz-regierung-100.html Viele weitere Klagen sind anhängig. Leider erkennt die Bundesregierung die Urteile ihrer eigenen Gerichte offenbar nicht an! Deutschland hat in den Sektoren Verkehr und Gebäude sowohl 2021 als auch 2022 gegen die Vorgaben des Klimaschutzgesetzes verstoßen. Ich bin der Meinung, dass die friedlichen Proteste der Aktivisten der letzten Generation ein zulässiges Mittel sind und es das Recht der Zivilgesellschaft sein muss, den Staat an seine grundlegendsten Pflichten zu erinnern! Eine Politisierung der Gerichtsbarkeit wäre eine Bankrotterklärung der Demokratie und würde das Vertrauen der Bürger in den Staat erschüttern!! Wir brauchen jedoch eine starke Demokratie, einen offen und ehrlichen Diskurs über die Probleme und endlich den politischen Willen tragfähige Lösungen durchzusetzen !!! Der Klimawandel verändert unser aller Leben, wir haben nicht das Recht den folgenden Generationen die Last unserer Untätigkeit aufzubürden!! Die Aktivisten der letzten Generation stellen für mich KEINE kriminelle Vereinigung dar, sondern engagieren sich in zulässiger Weise für eine lebenswerte Zukunft, da der Staat diese Aufgabe grob vernachlässigt!! |