Es sind bereits
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Stellungnahmen eingegangen. Bei einigen haben uns die Autor:innen erlaubt, sie hier zu veröffentlichen:
Name Stellungnahme an die Staatsanwaltschaft
Katharina Simons Ich halte es für völlig falsch, die Letzte Generation als kriminelle Vereinigung zu klassifizieren. Die LG versucht mit ihren Aktionen auf einen existenziellen Notstand hinzuweisen und aufzurütteln. Wenn es nicht diesen bedrohlichen Notstand gäbe, der alle betrifft, würden sie sicherlich viel lieber genauso gemütlich Serien gucken, wie die meisten anderen Menschen. Zum Glück tun sie, was sie tun, und lassen sich nicht ablenken, wie viele andere. Es ist sehr respektabel und achtenswert, wenn jemand auf seine persönliche Bequemlichkeit verzichtet und Verantwortung übernimmt, um sich für die Gemeinschaft einzusetzen. Und wenn es erforderlich ist, dabei störende Aktionen zu organisieren, dann liegt das weniger an den Aktivist*innen der Letzten Generation als an dem Versagen unserer politischen Prozesse im Angesicht der ökologischen Krisen. Die Aktivist*innen der Letzten Generation, genauso wie alle anderen Umweltaktivist*innen, wie Baumbesetzer*innen, Fahrradaktivist*innen der Critical Mass oder Aktivist*innen gegen die fossile Energiewirtschaft sind durch unsere rechtsstaatlichen Institutionen zu schützen und keinesfalls zu verfolgen, solange ihr Protest friedlich ist. Sie schützen unser aller Lebensgrundlagen.
Nora Yazdandoost Menschen die zivilen Ungehorsam ausüben, um auf fehlerhafte Strukturen und illigales Handeln (ja wir haben uns für die Klimaziele verpflichtet, werden sie aber höchstwahrscheinlich nicht einhalten können) aufmerksam zu machen, sind keine kriminellen Menschen.
Den Frust und das Unverständnis der Gesellschaft, welches den Aktivist:innen entgegen gebracht wird, ist abartig. Dennoch darf dieses generelle Klima die juristische, objektive Sicht nicht beeinflussen.
Sabine Kräuter-Stockton als Juristin im Ruhestand (seit 9 Monaten) halte ich es zwar eigentlich für ausgeschlossen, dass Sie im konkreten Fall den Sachverhalt unter den Tatbestand des § 129 StGB subsumieren und Anklage erheben, möchte aber dennoch auch persönlich und ausdrücklich die Rechtsauffassung unterstreichen, wonach die Mitglieder der sog. Letzten Generation keine kriminelle Vereinigung im Sinne des genannten Tatbestands gegründet haben.
Es fehlt bereits an der erforderlichen "Unterordnung unter den Willen der Gesamtheit" und dem Gefühl, einen einheitlichen Verband zu bilden. Solange der Wille des Einzelnen maßgeblich bleibt und eine Unterordnung unter einen Gruppenwillen unterbleibt, verbindet der Wille mehrerer Personen, gemeinsam Straftaten zu begehen, diese Personen nicht zu einer Vereinigung (wistra 06, 462).
Die Mitglieder der Letzten Generation kommen und gehen, wechseln offensichtlich, finden sich in unterschiedlichen eher losen örtlichen Gruppierungen zusammen, wenden unterschiedliche, auch hinsichtlich der Bewertung als Straftaten verschiedenste Methoden an um die Öffentlichkeit auf die Klimakrise aufmerksam zu machen (neben Sitzblockaden/Festkleben, was möglicherweise als Straftat bewertet werden kann auch zweifelsfrei nicht strafbare Handlungen wie Veröffentlichung von Videos in den sozialen Medien und das Streben nach einem Sitz im Europaparlament). Insbesondere entscheidet jede einzelne Person darüber, welche Maßnahme sie oder er trifft, eine „Unterordnung unter den Gruppenwillen“ würde dem Denken und der Einstellung dieser Menschen zuwiderlaufen.
Daher kann ich bereits den Tatbestand des § 129 StGB nicht als erfüllt ansehen – wobei ich noch darauf hinweisen möchte, dass die höchstrichterliche Rechtsprechung während der letzten Jahrzehnte das Tatbestandsmerkmal „Gewalt“ mehrfach konträr ausgelegt hat. Sie erinnern sich vielleicht.
Ergänzend weise ich darauf hin, dass angesichts der eher geringen Anzahl von durch die Gruppe verursachten Störungen und der Zielrichtung (Autoverkehr, wobei stets Platz für Rettungswagen pp. eingeplant war) auch die nach h.M. erforderliche "erhebliche Gefahr für die öffentliche Sicherheit" weder gegeben war noch gegeben ist – gerade auch angesichts der Tatsache, dass die Gruppe mittlerweile nicht mehr den Verkehr durch "Kleben" stört sondern sich aktiv um einen Sitz im Europaparlament bemüht. Letzteres spricht auch für die Nähe zu einer politischen Partei, sodass zumindest der Rechtsgedanke des Abs. 3 Ziff. 1 von § 129 StGB in Ihrer Entscheidung über die Anklageerhebung oder Verfahrenseinstellung zu berücksichtigen wäre.
Zur Frage der Rechtswidrigkeit äußere ich mich hier nicht, da ich vermute, dass Sie hierzu bereits etliche Stellungnahmen erhalten haben und ich möchte Sie nicht mit Wiederholungen langweilen.
Dieter Erke Menschen die sich gegen die Förderung und Verwendung von fossilen Energieträger einsetzen, setzen sich für unsere Zukunft als Menschheit ein und dürfen für diesen Einsatz nicht strafrechtlich verfolgt werden