Es sind bereits
2162
Stellungnahmen eingegangen. Bei einigen haben uns die Autor:innen erlaubt, sie hier zu veröffentlichen:
Name Stellungnahme an die Staatsanwaltschaft
Karsten Diekmann Der Vorwurf, dass die „Letzte Generation“ eine kriminelle Vereinigung sein soll, trifft in meinen Augen nicht zu. Der „Mafia-Paragraf“ §129 StGB trägt seinen Namen auch deshalb, weil mit ihm die organisierte Kriminalität adressiert werden soll. Organisierte Kriminalität plant Straftaten und führt sie durch, um sich zu bereichern und illegal Gewinne zu erzielen. Der Zweck organisierter Kriminalität ist von Egoismus und Habgier geprägt. Andere sollen geschädigt werden. Ein weiteres Merkmal besteht darin, dass im Rahmen organisierter Kriminalität die Straftaten heimlich geplant werden.
Zwar hat die Letzte Generation kleinere Straftaten begangen, aber diese waren ganz klar einem höheren Zweck untergeordnet. Man muss nicht alle Aktionen gutheißen, aber man muss klar konstatieren, dass die Mitglieder der Letzten Generation und ihre Sympathisanten sich Sorgen um die Zukunft des Planeten machen. Sie streben nach einer lebenswerten Umwelt und sind demzufolge zum Wohl der gesamten Gesellschaft aktiv. Die Bemühungen der Regierung zum Klimaschutz sind nicht ausreichend und selbst das Bundesverfassungsgericht hat klargestellt, dass hier besonders mit Blick auf die Generationengerechtigkeit nicht genug getan wird. Niemand in der Letzten Generation will sich bereichern. Stattdessen setzen die Mitglieder teilweise ihre persönliche Existenz aufs Spiel, um die Politik zu einem Handeln zu bewegen, welches aus Sicht der Wissenschaft und des IPCC (Zwischenstaatlicher Ausschuss für Klimaänderungen der UN) dringend geboten ist und keinen Aufschub mehr duldet. Die Kriminalisierung der Letzten Generation entbehrt damit jeder Grundlage.
Im Gegensatz zu kriminellen Vereinigungen macht die Letzte Generation auch kein Geheimnis aus ihren Aktionen, weder in der Planungsphase noch während der Durchführung. Anders als bei kriminellen Organisationen bedarf es keines großen Aufwands, sich über bevorstehende Aktionen der Letzten Generation zu informieren, auch wenn sie nicht offiziell angemeldet werden. Die Teilnehmenden stehen bei Aktionen und Kundgebungen mit ihrem Namen und mit ihrem Gesicht ein. Außerdem bleiben sie gewaltfrei. Dies wäre bei einer mafiösen Organisation unvorstellbar.
Ich bitte darum, das Ermittlungsverfahren gegen die Letzte Generation einzustellen und von einer Anklageerhebung abzusehen.
Cornelia Ludwig
„Wir stehen vor gewaltigen und überaus beunruhigenden Umweltproblemen: Klimawandel, Lebensmittelsicherheit, Überbevölkerung, Rückgang der Artenvielfalt, Epidemien, Übersäuerung der Meere. All diese Phänomene zeigen uns, dass wir gerade am gefährlichsten Zeitpunkt der Menschheitsgeschichte stehen. Wir haben die Technologien entwickelt, die den Planeten, auf dem wir leben, nach und nach zerstören, aber nicht die Fähigkeit, der Erde zu entkommen“, schreibt der berühmte Astrophysiker Stephen Hawking 2017 zu seinem 75. Geburtstag. Denn
„… derzeit haben wir nur diesen einen Planeten, und wir müssen alle zusammen daran arbeiten, ihn zu bewahren.“

Offensichtlich hat die Gesellschaft nicht begriffen, dass wir mit Vollgas dem Untergang zustreben. Oder diejenigen, die wegschauen (wollen), haben eine starke Lobby. Wer wegschaut, lässt zu, dass jeder verlorene Tag Lebensräume zerstört. Die Not kulminiert global. Sie trifft unsere Kinder und Kindeskinder exponentiell stärker als uns.
Ziviler Ungehorsam ist eine Form des Protestes, bei dem die Aktivisten der Letzten Generation bewusst gegen bestimmte Gesetze oder Richtlinien verstoßen, um auf ein höheres moralisches und politisches Anliegen aufmerksam zu machen. Wegen der Dringlichkeit der Klimakrise bleibt ihnen nur noch dieser Weg, denn störungsfreie Aktionen verhallen seit Jahrzehnten ungehört in politischen Kanälen. Sie führten bisher nicht zu ausreichenden Veränderungen. Indem die Aktivisten bewusst gegen Regeln oder Eigentumsrechte verstoßen, setzen sie sich dem Risiko von rechtlichen Konsequenzen aus. Dennoch scheint es für sie eines der letzten wirksamen Mittel, um die Aufmerksamkeit auf die verheerenden Auswirkungen des Klimawandels zu lenken und die Entscheidungsträger dazu zu bewegen, konkrete Schritte zur Bekämpfung des Klimawandels zu unternehmen.

Nichts gegen den Klimawandel zu unternehmen, ist unterlassene Hilfestellung an der Menschheit.
Ziviler Ungehorsam entsteht nicht entgegen den Freiheitsrechten von Menschen, sondern im Einsatz für die Gesellschaft und für eine lebenswerte Zukunft  auch kommender Generationen. Das Ziel der Letzten Generation, sich aktiv in den Dienst für das Fortbestehen der Menschheit zu stellen, ist selbstlos und damit das Gegenteil von krimineller Absicht und persönlicher Profitgier. 
Kann der Einsatz für Leben und Klima eine Anklage nach § 129 StGB rechtfertigen?
Udo Baumgartner Die Gruppe "letzte Generation" hat keine klaren Verbindungen zu extremistischen oder terroristischen Aktivitäten. Ein Verfahren nach § 129 wäre eine übermäßige Kriminalisierung und eine selektive Abschreckung von Protest zu Umwelt- und Klimafragen. Es ist wichtig sicherzustellen, dass strafrechtliche Maßnahmen im angemessenen Verhältnis zu den begangenen Straftaten stehen. Dies wäre hier nicht der Fall.
werner kachel hallo,
ich finde sowohl die derzeitige öffentliche debatte als auch der umgang mit mitgliedern der `letzten generation` unsäglich. ja, man kann sicherlich darüber streiten, welche protestformen in einer demokratie angemessen sind; aber z.b. im vergleich zu den protesten der bauern in jüngster zeit erachte ich so manches richterliches urteil gegen die letzte generation für überzogen und wohl politisch gewollt (mangels lobby). ich selbst würde mich nicht auf der strasse festkleben o.ä., dennoch habe ich höchsten respekt vor denen, die es tun. die zeit wird kommen, wo wir uns werden fragen müssen, warum wir nicht mehr getan haben gegen den klimawandel und sogar meinten, diejenigen, die sich dafür einsetzen, bestrafen zu müssen. den corona-leugnern ist man mit worten begegnet wie `auch wenn man`s nicht sieht, ist es trotzdem da`; so ist es auch mit dem klimawandel: nur, weil wir nicht hinsehen wollen, passiert er dennoch. und je länger wir wegsehen und nichts tun, desto schlimmer wird es werden.