Es sind bereits
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Stellungnahmen eingegangen. Bei einigen haben uns die Autor:innen erlaubt, sie hier zu veröffentlichen:
Name Stellungnahme an die Staatsanwaltschaft
Amir El-Omari man mag es durchaus mit gemischten Gefühlen sehen, ob die Aktionen der Letzten Generation zielführend sind oder nicht. Daraus kann sich letzten Endes jeder Mensch seine eigene freie Meinung bilden, unabhängig davon ob man die Letzte Generation mag oder nicht. Wozu es allerdings keine zweite Meinung gibt, ist der Versuch die Letzte Generation als kriminell einzustufen und sie im Sinne des "Mafia-Paragraphen" einzuordnen.

Während sich große Öl-Konzerne in großem Stil an unseren Ressourcen bedienen und damit unsere einzige Lebensgrundlage, die Erde, zerstören, steht die Letzte Generation für genau jede Ideale die fordern jede Konzerne dazu zur Rechenschaft zu ziehen. Jeder sich auch nur halbwegs bei Sinnen befindende Mensch sollte mittlerweile kognitiv in der Lage sein die Schäden die hier unserem Planeten zugefügt werden, mit der Klimakatastrophe und der stetig schwindenden Möglichkeit einer lebenswerten Existenz von uns und zukünftigen Generationen in Verbindung zu setzen.
Der Einsatz der Letzten Generation und ihr Versuch eben genau ein solches Szenario zu verhindern bzw. abzumildern ist daher nicht hoch genug anzuerkennen und eine Kriminalisierung dessen ist ein absoluter Skandal und ein Schlag ins Gesicht einer jeden Demokratie und dem Recht eine lebenswerte Existenz auf diesem Planeten sein Menschenrecht nennen zu dürfen.
Daher macht sich die Staatsanwaltschaft im Falle eines Schuldspruches zum willfährigen Vasallen reaktionärer und opportunistischer Politiker:innen, diverser Medienhäuser und profitgierigen Lobbygruppen.
Wie bereits aus der einknickenden Reaktion der Bundesregierung auf die "Bauernproteste" herauszulesen war, macht man sich hier ebenfalls einer beispiellosen Doppelmoral schuldig, die ihresgleichen sucht. In gleicher Weise kann man hier von einem Kniefall vor populistischer Meinungsmache und rechter Hetze sprechen.

Dies ist keine Bitte, sondern eine Aufforderung nicht jene zu bestrafen die die "schlechte Nachricht" überbringen und sich dagegen erhoben haben sondern die zu bestrafen, die für die "schlechte Nachricht" verantwortlich sind. DIe dafür verantwortlich sind, dass wir sehenden Auges in die Klimakatastrophe hinein schlafwandeln.
Dr. rer. nat. Carsten Otto laut § 129 StGB geht es in diesem Verfahren insbesondere darum, ob "Zweck oder Tätigkeit auf die Begehung von Straftaten gerichtet ist". Dies ist hier nicht gegeben.

Der Zweck ist vielmehr, die Gesellschaft und Politik auf die aktuelle Krise aufmerksam zu machen, Missstände zu offenbaren und auf bereits politisch beschlossene Veränderungen hinzuwirken. Dadurch sollen die langfristige Ziele, das Abwenden der Klimakrise und das Wohlergehen aller Menschen, erreicht werden.
Viola Döbel Ich habe keine juristische Bildung, um ermessen zu können, wieviel Substanz hinter einer solchen Anklage stecken könnte und wieviel lediglich Symbolik ist. Rein von meinem Gefühl her, ist es jedoch ein großer Anteil Symbolik. Das sieht man dort, wo offene Verfassungsfeinde fröhlich ihre Vereine bilden und unbehelligt bleiben. Wäre dieses Mittel also ein wirksames Werkzeug gegen kriminelle Vereine, wäre ich sicher, würde es unsere Justiz auch konsequent einsetzen.
Die LG aber anzuklagen, obwohl sie für unser aller Lebensgrundlage protestiert und aufruft, dass die Politik die vom Verfassungsgericht als Grundrecht definierte Klimaschutzmaßnahmen einhält, zu denen sie sich selbst verpflichtet hat, empfinde ich als Farce. Die LG protestiert bewusst gewaltfrei. Niemandem zu schaden, ist oberste Maxime. Zusätzlich führen nicht alle Mitglieder diese Protestform aus? Werden die jetzt alle via Sippenhaft mit verurteilt?
Kann die Staatsanwaltschaft dann auch eine Anklage gegen Die Bauern (tm) prüfen?
Was hier erreicht wird, ist, dass vor allem die wieder von unserem Rechtssystem enttäuscht werden, die derzeit für den Erhalt unserer Demokratie kämpfen. Die Leute aus dem linkeren Spektrum mögen unbequem sein, querulantisch veranlagt, aber sie stehen hinter unserer Verfassung und schaden keinen Menschen.
Wiederholt zusehen zu müssen, wie Personen, die Umstürze planen, die Häuser anzünden, die Grundrechte einschränken wollen, als Einzeltäter klassifiziert und noch nicht mal angeklagt werden, wohingegen eine absolut gewaltfreie Protestaktion mit der Mafia gleichgesetzt wird, erschüttert das letzte Bisschen Vertrauen, dass diese Leute noch in unseren Staat haben.
Vielleicht ist diese Symbolik ja wirklich gewollt. Ich warne aber davor. Damit werden die Verfassungsfeinde weiter Boden gut machen. Rechtsaußen beeindruckt man auch nicht mit dieser Art Symbolik. Die haben sich schon entschieden, dass sie Verfassung, Gewaltenteilung und Pressefreiheit ablehnen. Wem wollen Sie also mit diesem Aktionismus gefallen?
Thomas Rötgers

so weit ich unser System des Zusammenlebens (des Miteinanderklarkommens) richtig begreife, landen Richter*innen, Staatsanwält*innen, Rechtsanwält*innen sehr selten vor Gericht. Sie stehen eher „automatisch“ auf der stabilen Seite des Lebens. Geregeltes Einkommen, Mitte der Gesellschaft, keine Ausflüge in radikale geschweige denn extremistische Aktionen, die mit der Rechtslage kollidieren könnten.

Systemstabilisierend würde das der Fachmann vielleicht nennen.

Eine Auflehnung einzelner Bürger*innen und auch Gruppen von Bürger*innen gegen den gesellschaftlichen Status quo steht da auf sehr viel wackligeren Beinen. Ist eine Auflehnung, ist ein Protest (pro testari: für etwas einstehen) automatisch eine Destabilisierung des Systems? Rhetorische Frage, die Antwort kann nur Nein lauten.

Die Vertreter*innen von Staat und Gesellschaft stehen logischerweise auf der schiefen Ebene namens „Machtgefälle“ an einer weniger riskanten Position als Kritiker*innen von Staat und Gesellschaft. Im Gegenzug dürfen viele von ihnen nicht streiken und/oder sollen sich einer politischen Einflussnahme enthalten. Riskanter also leben Staatsbürger, die sich für Veränderungen einsetzen. Edward Snowden, Whistleblower. Julian Assange, Aufdecker staatlichen Mordens. Martin Luther King.

Wenn es für den protestierenden Staatsbürger „gefährlich“ wird - wegen der staatlichen Reaktion auf den Protest -, mag manch anderer Bourgeois sagen: „Und? Selber schuld. Wer sich in Gefahr begibt… Wem es in der Küche zu heiss wird, der… Wer nichts zu verbergen hat, der braucht auch nichts…“

…nichts zu befürchten? - Ohne Martin Luther Kings Ingefahrbegebung, ohne seinen Gang in die heisse Küche hätten wir heute vielleicht immer noch Rassentrennung in den USA. Ich möchte aus Wikipedia kurz zitieren, wie das alles damals begann:



(…) „Am Donnerstag, dem 1. Dezember 1955, trat genau dieser Fall ein. Ein weißer Fahrgast verlangte die Räumung der reservierten Sitzreihe, in der Parks saß. Die anderen schwarzen Fahrgäste gaben ihre Plätze auf, doch die damals 42-jährige Parks weigerte sich, da sie nicht die ganze restliche Fahrt stehen wollte. Der Busfahrer James Blake rief daraufhin die Polizei und bestand auf ihrer Verhaftung. Parks wurde wegen Störung der öffentlichen Ruhe festgenommen, am Abend aber wieder freigelassen. Bereits am Tag darauf kam es zu lokalen Protesten und einem ersten Aufruf zum Bus-Boykott für den darauffolgenden Montag, organisiert durch den Women's Political Council.[1] An diesem Montag musste Parks vor Gericht erscheinen und wurde zu einer Geldstrafe von 10 Dollar plus 4 Dollar Gerichtskosten verurteilt.
Teilweise als Antwort auf ihre Verhaftung organisierte Martin Luther King, zu diesem Zeitpunkt ein relativ unbekannter Baptistenprediger, mit seiner Montgomery Improvement Association den Montgomery Bus Boycott, der später die Behörden dazu zwang, die Rassentrennung in Bussen und Zügen aufzuheben, und der als Auslöser weiterer Proteste der Bürgerrechtsbewegung in Amerika gilt.“ (…)




Ich erwähne noch kurz, wie ich die Wahrnehmung der Letzten Generation im Leserforum des „Tagesspiegel“ gefühlt erlebe. Da schreiben dann naturgemäß nur Leute, die sich fürs Thema interessieren: 60 Prozent massive Ablehnung, 20 Prozent neutral, 20 Prozent Verständnis und Befürwortung zugunsten der LG. Das mein Gefühl bei der Lektüre. Das bedeutet, dass ein Großteil der Gesellschaft (von uns allen) auf der „sicheren“ Seite steht - er muss nicht in die heisse Küche. Und der Großteil der Gesellschaft hat auch nichts zu verbergen.

Die LG verbirgt allerdings auch nichts. Im Gegenteil, ihr Daseinskern ist ja demonstrativer Protest. Und doch muss sie schlimme Folgen dafür befürchten. Und zwar die Vernichtung der bürgerlichen Existenz ihrer Repräsentanten - weil dem Staatsgebilde solche Ausflüge in die heisse Küche nicht gelegen sind.
In Moskau reicht eine weisse Din-A-4-Seite, in die Höhe gehalten auf öffentlichem Platz, für die Einlieferung ins Straflager. Das ist ein guter Indikator für die Nulltoleranz eines Staates; der Staat hat einen großen Feind in manchem Staatsbürger. Einen Staatsfeind? Einen Volksschädling? Dagegen hat dann Moskau und haben andere Diktaturen Fliegenklatsche und Paral.

Deutschland war immer ein Staat - nach dem „Reich“ - der auch ein wenig Toleranz, das Ertragen einer Anti-Haltung, im Programm hatte. Erst dadurch wurde Deutschland ein demokratieunterstützendes Gebilde. Große Nutzniesser der staatlichen Toleranz waren und sind: Rechtsextremisten. Es scheint ja bewiesen zu sein, dass eine Demokratie, indem sie sehr demokratisch und tolerant ist und alles mögliche zulässt, sich selbst abzuschaffen imstande ist.

Keine großen Nutzniesser der staatlichen Toleranz waren: die RAF und Leute, denen Willy Brandts „Radikalenerlass“ auferlegt wurde. Berufsverbot in Sachen KPD/SHB. „Berufsverbot“ hatte es als Fremdwort ins Französische geschafft (erfuhr ich gerade in der Wikipedia).

Dass ein neuer Begriff wie „Klima-RAF“ den Weg in die mediale Verbreitung findet, zeigt uns, wie es um den Zustand der Demokratie in Deutschland steht. Die Letzte Generation als Staatsumstürzler? Wohl doch nicht im Ernst? Ich erkenne die LG als einsame Rufer in der Wüste, und vielleicht braucht Deutschland, so tragisch das wäre, eine zweite und dritte Ahrtal-Katastrophe, damit es ihm wie Schuppen von den Augen fällt. Der Mensch scheint dafür anfällig zu ein, eine globale Temperaturerhöhung von 2 Grad Celsius als Sommertemperatur von 32 Grad anstelle von 30 Grad wahrzunehmen. War was? Problem, äh… wo genau jetzt? - Was 2 Grad Celsius anrichten, sehen wir an massiv schmelzenden Gletschern und kalbenden Eismassen. Wenn in der Antarktis ein Eisstück wegbricht von der Größe des Saarlandes. Und die Rufer bleiben einsam in ihrer Wüste.

Ein Staat, der Furcht oder Abscheu oder Ekel vor manchen seiner Bürger*innen hat, wird repressiv. Das leere Din-A-4-Blatt in Moskau als Bedrohung des Staatsgebildes. Repression ist das, wörtlich: Zurückdrücken von etwas, das einem widerlich ist oder das einem einfach nicht in den Kram passt. Ein guter Staat stellt sich dem, was ihm nicht in den Kram passt. Repression ist die wenig elegante Lösung eines Gordischen Knotens. Aus dem Auge, aus dem Sinn.

Der „Staat“ - das sind wiederum Individuen, die ihn repräsentieren. Auch Staatsanwält*innen. Staatsanwält*innen haben einen guten Anteil daran, wie fit ein Staat ist. Und auch Staatsanwält*innen haben Kinder und Enkelkinder, die in der Welt leben müssen, wie die Leute im 21sten Jahrhundert sie ihnen hinterlassen haben werden. Mit vielleicht 2 Grad Celsius mehr, mit vielleicht 3 Grad Celsius mehr. Das wird nicht leicht werden; Lebensraum weg, keine Ernten mehr, Überlebensmigration ohne Ende, die perfekte Dystopie.

Die LG ist nicht eigennützig. Das trifft bei Clan-Kriminalität, Mafia, Menschenhandel und Sklaverei zu, den Kriminalitätsformen, die ihre Effektivität durch Organisation steigern. Jeder Karnickelzüchterverein ist organisiert, und natürlich ist auch die Letzte Generation organisiert. Und auch die Staatsanwaltschaft ist organisiert. Organisation ist ganz offenbar etwas Gutes.

Die Letzte Generation ist nicht kriminell. Nur ein schwacher Staat würde sie zu Kriminellen machen, den Gordischen Knoten durchhauen, mit Paral nachsprühen. Ein guter Staat wäre eigentlich stolz darauf, wenn eine Organisation wie die Letzte Generation an der Begrenzung der Klimakatastrophe, als einsame Rufer in der Wüste, als wichtiger Nebendarsteller im Drehbuch zum Film „Nach uns die Sintflut“ teilnimmt. Es geht nicht um ein Klein-Klein, es geht ums große Ganze. Auch wenn das unsern Horizont übersteigt. Noch können wir uns so eine enge Stirn locker leisten. Noch tut's kaum weh. Noch ist nicht die halbe Welt unterwegs nach einem Überlebensraum.

Einer Organisation wie der Letzten Generation das Etikett der „organisierten Kriminalität“ zu verpassen wäre, für mich Nichtfachmann im Juristischen, ein Zeichen der Schwäche des Staates, der Schwert, Fliegenklatsche und Paral braucht, um ein paar lästige (aber für uns alle superwichtige) Fliegen plattzumachen und einen allzu komplizierten und unbequemen Knoten durchzuhauen. Wenn die LG organisiert kriminell gemacht wird, mithilfe aller sprichwörtlichen und realen „Härte des Gesetzes“, verliert Deutschland einen Demokratie-Bonuspunkt. Diese Leute sind doch keine Nazis, Luden, Drogenhändler, Kriegsverbrecher.

Sie sind Rufer in der Wüste.

Etwas länglich geworden. In der Kürze liegt die Würze. Aber nicht alle Plädoyers kommen ohne Länge aus.