Es sind bereits
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Stellungnahmen eingegangen. Bei einigen haben uns die Autor:innen erlaubt, sie hier zu veröffentlichen:
Name Stellungnahme an die Staatsanwaltschaft
nur für die StA sichtbar Ich möchte mich hiermit gegen die Einordnung der Klima-Aktivisten als kriminelle Vereinigung aussprechen. Ihre Aktionen sind zwar unbequem und sollen aufrütteln, aber sie bringen niemanden bewusst zu Schaden. Zudem sind die Aktionen einem höheren gemeinschaftlichem Ziel untergeordnet und dienen nicht etwa dem Eigennutz. Damit fallen die Aktionen in die Kategorie „ziviler Ungehorsam“. Und der ist wichtig. Wie sonst soll man sich einsetzen gegen ungerechte Gesetze und für langfristigen Natur- und Klimaschutz? Die Mühlen der Gesetze mahlen oftmals zu langsam, die Zeit haben wir nicht mehr im Klima- und Naturschutz.
Ziviler Ungehorsam hat eine lange und rühmliche Geschichte. Erstmals rief der Philosoph Henry David Thoreau im Jahr 1849 dazu auf, keine Steuern mehr zu zahlen, bis die USA ihren Expansionskrieg gegen Mexiko einstelle und zudem die barbarische Sklavenhaltung abschaffe. Später rief Indiens Freiheitskämpfer Mahatma Gandhi zum Boykott gegen die Produkte der Briten auf, um sein Land von deren Herrschaft zu befreien. Die jüdische Philosophin Hannah Arendt hat den zivilen Ungehorsam als politische Handlungsform verteidigt, ebenso Jürgen Habermas, der ihn als Zeichen einer gefestigten Demokratie verstand.
Die Methoden des zivilen Ungehorsams sind unterschiedlich. Auch das Festkleben auf Straßen ist Ausdruck eines Aufbegehrens gegen die herrschende Gesetzgebung und gehört somit dazu.
Der zivile Ungehorsam der meist jungen Aktivisten kostet Mut. Wir sollten die Beteiligten nicht kriminalisieren und sie nicht mit Strafen mundtot machen, – sondern vielmehr ihre Botschaft ernst nehmen, ihnen zuhören und gemeinsam nach Lösungen suchen.
Jan Westermann auch wenn ich im Einzelnen nicht mit jeder Aktion der letzten Generation übereinstimme, denke ich doch, dass ein Verfahren wie das hier in Rede stehende keine angemessene Reaktion auf Aktionen wie beispielsweise Straßenblockaden sind. Insbesondere weil aus Sicht von normalen Menschen Aktionen von anderen Gruppen exakt den gleichen Effekt haben und somit auch als Nötigung ausgelegt werden könnten. Zumal hier nicht mal höhere Werte wie Bremsen des Klimawandels, sondern nur Eigeninteressen (Bauern, Spediteure, Lokführer) verfolgt werden. Hier wird jedoch meines Wissens bisher nicht staatsanwaltich ermittelt. Vielleicht weil es für die jeweilige Gruppe jeweils Unterstützer mit gewissem Einfluss gibt... (Bauern CDU CSU, Spediteure FDP, Lokführergewerkschaft SPD...??)

In jedem Falle wird hier gefühlt mit zweierlei Maß gemessen, auch wenn es formaljuristisch anders sein mag.

Somit sollte meiner Ansicht nach das Verfahren eingestellt werden.
Dennis Reif Ich halte die Anklage der betroffenen Menschen nach § 129 StGB äußerst verwerflich, da sie mit einer Unverhältnismäßigkeit dem wahren Problem gegenüber steht. Die Formulierung des Paragraphen benennt ganz klar Vereinigungen, deren Zweck oder Tätigkeit auf die Begehung von Straftaten ausgerichtet sind. Dies stellt nicht nur den aktuellen Sachverhalt nicht da, sondern lässt den wahren Zweck der betroffenen Organisation außen vor. Die Probleme folgend aus der Erderwärmung werden weitreichende Veränderungen unseres Lebens auf der Erde mit sich bringen und die Gesellschaft, sowie die Politik setzt sich nicht klar genug mit diesen zukünftigen Szenarien auseinander. Bereits heute lassen sich in Deutschland starke Fluktuationen von Temperatur und Niederschlag feststellen. Die heißen Tage (>30 Grad Celsius) nehmen zu, die kalten Tage (<0 Grad Celsius) nehmen ab. Der Niederschlag im Winter nimmt zu, im Sommer bleibt er nahezu konstant, aber die Trockenperioden werden länger. Was hier Sorgen bereiten soll ist die Sicht auf die letzten ca. 170 Jahre. Das Tempo der Temperaturzunahme steigt in einem immer schnelleren Tempo an und es ist keine Besserung in Sicht. Im Gegenteil, es werden jedes Jahr neue Rekorde gebrochen (Februar 2024 6,1 Grad Celsius über dem Mittel von 1961-1990) und jedes Jahr aufs neue Chancen verpasst das Ruder anzupacken und einen klareren Kurs in der Klimapolitik zu fahren. Zu dem Rekord aus dem Februar: ich habe nun einen Februar erlebt, der im Schnitt über 6 Grad Celsius wärmer als die Februare, die meine Eltern in ihrer Jugend erlebt haben. Über 6 Grad! Dieser Ausreißer mag ungewöhnlich hoch sein und vermutlich nicht voll repräsentativ für die derzeitige Lage, aber er sollte als weiterer Warnschuss gesehen werden, dass solche Perioden auftreten können und werden. In Angesicht dieser Tatsachen, wobei ich mich hier auf einzelne naheliegende Beispiele fokussiert habe, ist es dringend notwendig die (kommende) Klimakrise klar zu benennen, das Problem der Bevölkerung zu erklären und einen festen Kurs im Sinne der Menschheit einzuleiten. Während die Politik weitgehend passiv bleibt und mindere, teils rein symbolische, Maßnahmen unternimmt wächst das Problem weiter an und das wahre Ausmaß der Folgen der Erderwärmung werden wir erst an Haut und Knochen spüren, wenn es (fast) schon zu spät ist. Da die angeklagten Menschen an diesem Zeitpunkt in der Zukunft nicht zueinander sagen wollen: "Hätten wir nur mal etwas unternommen, wären wir nur die unbequemen Schritte gegangen, könnten wir jetzt in Ruhe leben." handeln sie jetzt, jetzt wo noch Zeit ist.
Dieser Vereinigung zu unterstellen ihr Zweck oder ihre Tätigkeit sei auf die Begehung von Straftaten gerichtet, ignoriert die momentane Lage der Menschheit auf der Erde nahezu restlos. Diese Menschen machen friedlich auf eine dramatische Zukunft der Menschheit aufmerksam, wollen durch ihren Protest Menschen erreichen und motivieren ihre Stimme zu erheben, wollen Politiker:innen auffordern ihre längst überfällige Verantwortung in dieser Sache anzunehmen und zu handeln. Fridays For Future zeigte ersten Widerstand durch nicht erscheinen in der Schule, es bildete sich eine Bewegung die ebengleich mehr Handeln der Politik in Anbetracht der Klimakrise forderte. Passiert ist leider wenig. Diese Menschen machen das wozu Politiker:innen nicht den Mut haben, sie benennen klar das Problem, sie wollen das Problem allen zugänglich machen und die Politik in eine Position bringen in der sie, im Sinne der Bevölkerung, handeln muss. Als 50te Person von 100 einen Konflikt zu benennen und anzugehen ist leicht, als erste Person diesen anzusprechen und zu erläutern erfordert Mut.
Lasst uns diese Menschen, die für uns alle einstehen, nicht kriminalisieren!
Diedrich Immer Ich frage mich warum die protestierenden Landwirte nicht auch angeklagt werden. Misst man mit denselben Maßstäben ,müssten auch sie verdächtigt werden, eine kriminelle Vereinigung zu sein.