Es sind bereits
2162
Stellungnahmen eingegangen.
Bei einigen haben uns die Autor:innen erlaubt, sie hier zu veröffentlichen:Name | Stellungnahme an die Staatsanwaltschaft |
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Thomas Heckendorn | Über einen deutschen Professor lässt Gottfried Keller seinen "Grünen Heinrich“ sagen, er gehöre „ein wenig zu jener grossen Schule derer…, die das Wesentliche vom Unwesentlichen nicht zu unterscheiden wissen…“. Im Sinne dieser Schule muss natürlich „Die letzte Generation“ den ordentlichen Behördenweg beschreiten, um die rasende Fahrt des Homo Sapiens in den Abgrund zu vermelden. Zudem soll sie nicht schreien, sondern lieber still weinen. Nun aber stellt sich die Frage, ob junge Leute wie die "Letzte Generation" oder die Aktivisten, Aktivistinnen von "Fridays for Future" eine kriminelle Vereinigung darstellen, wenn sie durch verzweifelte Verhaltensweisen manifestieren, dass der ordentliche Behördenweg länger sei als der Weg zum Abgrund. Meines Erachtens sind solch verzweifelte Manifestationen nicht kriminell, sondern geistig nachvollziehbar - zumindest für belesene Geister. Daher plädiere ich auf Freispruch. |
Theodor Schnarr | „Das Leben auf der Erde steht unter Belagerung. Wir befinden uns jetzt in unerforschtem Gebiet.“ Mit diesen Worten beginnt eine Gruppe führender Klimawissenschaftler:innen um Sir David Arthur King ihren Bericht zum Zustand unserer Welt im Jahr 2023 (Ripple et al., 2023). Die Ergebnisse sind erschütternd: unsere Welt befindet sich jetzt in einem Zustand, wie die Menschheit sie in ihrer Jahrtausende währenden Geschichte noch nie erlebt hat. Das Meereis erreicht nie da gewesene Tiefstände, die Oberflächentemperatur bricht täglich Höchststände. Die Oberflächentemperatur der Ozeane befindet sich so massiv außerhalb bisheriger Messwerte, dass das Vokabular der warnenden Wissenschaftler:innen kaum noch ausreicht. Und auch die Konsequenzen sind bereits klar spürbar: im letzten Jahr wütete das Sturmtief „Daniel“ für ca. zwei Wochen im Mittelmeerraum mit schrecklichsten Konsequenzen. Durch die Küstenstadt Darna in Libyen schoss eine Flutwelle, dass ganze Stadtteile ins Meer geschwimmt wurden. Über 10000 Menschen starben. In Griechenland wurden durch den Sturm 25% der landwirtschaftlichen mit Schlamm überschwemmt. Dort ist für 5 Jahre kein Ackerbau möglich. Für die Menschen vor Ort bedeutet es das Ende von Existenzen, für die Nahrungsversorgung ergibt sich ein bitteres Bild. Denn die Oberflächentemperatur der Ozeane ist weiter auf einem Hoch! Jeden Tag ist sie weiterhin heißer als sie bisher gemessen wurde. Was bedeutet es also für unser Leben, wenn jetzt jedes Jahr derartige Extremwetter über unser Land fegen? Wir verlieren Nahrungsmittelsicherheiten, wir verlieren Wohlstand, viele Menschen verlieren ihr Leben. Es ist denkbar, dass Versicherungen derartige Schäden nicht mehr versichern werden können. Dann verlieren Sie Ihr Dach über dem Haus und es kommt kein Mensch dafür auf. Dabei gibt es Verantwortliche für diese Krise. Wir dürfen nicht vergessen, dass diese massiven Veränderungen, diese Bedrohungen für unser Leben, bewusst herbeigeführt wurden und weiter bewusst in Kauf genommen werden. Den Firmen, die mit fossilen Brennstoffen (Öl, Gas und Kohle) ihr Geld verdienen, wissen seit den 70er Jahren Bescheid über die schrecklichen Konsequenzen ihres Geschäftsmodells und haben sich bewusst entschieden, diese Katastrophe zuzulassen. Mehr noch: seit Jahrzehnten investieren sie massiv Geld, um die öffentliche Meinung zu beeinflussen. Sie versuchen, die Klimakrise zu leugnen, herunterzuspielen, auf die individuelle Ebene zu drücken usw. usf. Was wie eine abgedrehte Verschwörungstheorie klingt (wer würde schon die Welt opfern, um Geld zu verdienen?), ist Fakt. Es gibt da einen guten Beitrag vom Reschke-Fernsehen (ARD) zu, er heißt „Der Kampf ums Klima – wie die Öl-Industrie uns belügt“ (vom 01.06.2023). Es ist völlig offen nachlesbar, dass z.B. die Beteiligungsgesellschaft „KKR“ die Mehrheit der Anteile am Axel Springer-Konzern hält. Womit verdient KKR v.a. Geld? 78% der Investments liegen in Öl, Gas und Kohle. Nun sollte man meinen, dass eine gewählte Regierung ihre Bevölkerung vor derartigen Bedrohungen beschützt. Aber auch das passiert nicht, nicht unter den CDU-geführten Regierungen der letzten Jahre, aber auch nicht durch die Ampel. Stattdessen werden völlig unnötige LNG-Terminals wie jenes vor Rügen in Naturschutzgebiete gesetzt. Doch auch auf höchster Ebene müssen die Konsequenzen bekannt sein, schließlich bereitet sich sogar die Bundeswehr auf etwaige Herausforderungen der Zukunft wie Verteilungskonflikte um Wasser oder Nahrungsmittel oder nie dagewesene Fluchtbewegungen vor. Ein Wahren der Menschenrechte? Völlig undenkbar. Insbesondere, wenn Sie betrachten, was bereits heute an den Grenzen der EU passiert. Menschen werden dem Tod überlassen – durch Ertrinken, durch Verdursten, durch Erfrieren. Und wo kommt das ganze Öl und Gas eigentlich her? Ganze Landflächen werden zerstört, Menschen vertrieben – wir erleben eine neue Form des Kolonialismus. Und das alles für die Profite von Konzernen mit Geld im fossilen Geschäft. Wenn wir im Rahmen dieses Prozesses von einer kriminellen Vereinigung sprechen, erscheint der Begriff also schon ganz gut gewählt. Irritierend ist nur, warum dann auf der Anklagebank Menschen Platz nehmen sollen, die sich diesem klar erkennbar unmoralischen und kriminellen Treiben in den Weg gestellt haben. Die diesen Verbrechen an der Menschheit im wahrsten Sinne des Wortes den Hahn abdrehen wollten. Die Anklage von Edmund Schulz, Jakob Beyer, Mirjam Herrmann, Lukas Popp und Henning Jeschke sollte also nie ihren Weg in eine Hauptverhandlung finden. Als Staatsanwaltschaft werden Sie hier zu Mittäter:innen gemacht, zu Handlanger:innen eines verbrecherischen Geschäftsmodells. Weisen Sie das von sich und lassen Sie die Anklage fallen. Sie sind wie die fünf Angeklagten Teil der letzten Generation, die die ausufernden Katastrophen noch aufhalten kann. Was wollen Sie Ihren Kindern in 15 Jahren sagen, was Sie heut getan haben? Auf welcher Seite der Geschichte stehen Sie – auf der Seite der Zerstörung oder auf der Seite der Hoffnung? |
Rolf Seemann | Wo bitte bleibt die Verhältnismäßigkeit? Die Judikative hat genügend Möglichkeiten, bestehendes Recht milde auszulegen und dabei das Rechtsempfinden zu wahren. Die Klimaaktivisten auf eine Stufe mit organisierter Kriminalität und demokratiefeindlichen extremistischen Gruppierungen zu stellen sollte juristisch nicht möglich und moralisch erst gar nicht in Erwägung zu ziehen sein. |
Christoph Koch | Eine Kriminelle Vereinigung sollte auch das Ziel haben, Verbrechen zu begehen. Das ist nicht der Fall, vielmehr werden neue Formen des politischen Protests versucht. Diese sind effektiv und wurden bereits von Landwirten im Ganzen Land ohne Konsequenzen kopiert. Nur weil euch Leute lästig sind, sind Sie nicht kriminell. Der Klimawandel stellt wissenschaftlich belegt eine noch nie dagewesene Bedrohung des Lebensraums aller Menschen auf der Erde da und andere Protestformen versagen darin, in angemessener Geschwindigkeit auf das Problem aufmerksam zu machen. Parallel gab und gibt es Tausende von Umweltskandalen großer Konzerne, die allerdings immer noch nicht als kriminelle Vereinigungen gelten. |