07.06.2024: Anklage von der Staatsanwaltschaft Flensburg eingetroffen: Miriam M. angeklagt

Am 07. Juni 2024 erhielt Miriam Meyer, Aktivistin der Letzten Generation, eine 371 Seiten lange Anklageschrift per Post. Die Staatsanwaltschaft Flensburg klagt nun, neben der Staatsanwaltschaft Neuruppin, eine Unterstützerin der Letzten Generation im Rahmen des § 129 StGB an. Ihr wird vorgeworfen, sich an einer kriminellen Vereinigung beteiligt zu haben. Anders als in dem Neuruppiner Verfahren wird Miriam Meyer nicht die Bildung einer solchen Vereinigung vorgeworfen und sie ist alleine angeklagt. 

Dies ist besonders erschreckend für die Aktivistin, da sie bisher alleine als Angeklagte aufgeführt ist - dementsprechend auch anstehende Verhandlungstage nicht gemeinsam mit weiteren Aktivist:innen auf der Anklagebank sitzen darf, sondern alleine mit ihren Anwält:innen. 

Miriam Meyer am Tag der Anklage zu den Vorwürfen: „Hat die Staatsanwaltschaft Flensburg wirklich nichts besseres zu tun, als während Süddeutschland unter Wasser steht, diejenigen anzuzeigen, die davor warnen?“

23.05.2024: Kundgebung in Berlin: Stimmen aus der Zivilgesellschaft sind schockiert.

Am 22. Mai 2024, ein Tag nach der Anklageerhebung im Neuruppiner Verfahren gegen fünf Aktivist:innen der Letzten Generation, fand in Berlin eine Kundgebung zur Anklageerhebung gegen 5 Beschludigte der Letzten Generation im Verfahren wegen Bildung einer kriminellen Vereinigung statt. 
Neben dem Bündnis Menschen gegen Öl riefen Amnesty, Greenpeace Berlin, Green Legal Impact, Extinction Rebellion, Letzte Generation, Hungern bis ihr Ehrlich seid, Scientist Rebellion, Queermany, und Eltern gegen die Fossilindustrie zu der Kundgebung auf, die gleichtzeitig als Pressekonferenz fungierte.

Vor Ort sprachen drei der fünf Beschuldigten, sowie Vertreter:innen von der Gesellschaft für Freiheitsrechte, Brot für die Welt, Amnesty, Green Legal Impact, Scientist Rebellion, Queermany, und Hunger bis ihr Ehrlich seid. Außerdem waren Heinrich Strößenreuther von der Klimaunion und Ferhat Kocak, der klimapolitische Sprecher der Linken vor Ort.

Die Redebeiträge können über den Instagramkanal von Menschen gegen Öl abgerufen werden.

Alle Redner:innen vor Ort haben bekräftigten: Wir stehen zusammen! 
Alle, die ihr Schicksal nicht denen überlassen wollen, die es zerstören. Alle, die hinter dem verfassungsmäßigen Schutz unseres Lebens stehen und fossile Konzerne und die Regierung mit ihren Profit- und Machtinteressen nicht durchkommen lassen wollen. Wir alle sind in diesem Zuge Menschen für die Demokratie, Menschen für Gerechtigkeit und damit Menschen gegen Öl. 

21.05.2024: Staatsanwaltschaft Neuruppin erhebt Anklage gegen 5 Unterstützer:innen der Letzten Generation

Am 21. Mai 2024 erreichte die Anklageschrift im Neuruppiner Verfahren gegen die Letzte Generation wegen Bildung einer kriminellen Vereinigung (nach § 129 StGB) die Anwält:innen der fünf Angeklagten. 

Die Staatsanwaltschaft Neuruppin hat die 236 Seiten lange Anklageschrift nun bei der Staatsschutzkammer des Landgerichts Potsdam eingereicht. Dort muss in naher Zukunft entschieden werden, ob das Verfahren eröffnet wird. In der Pressemitteilung der Staatsanwaltschaften des Landes Brandenburg heißt es, Anklage werde bei der Staatsschutzstrafkammer des Landgerichts Potsdam eröffnet wegen Angriffen gegen Raffinerieanlagen der PCK GmbH Schwedt und der MVL GmbH Schwedt, den Flughafen Berlin-Brandenburg und das Barberini-Museum in Potsdam im Zeitraum von April 2022 bis Mai 2023.

Die Verteidigung der Angeklagten kritisiert die Anklageerhebung mit diesem Vorwurf scharf. Einer der Rechtsanwälte stellt klar: Weder verfassungsrechtlich, noch einfachgesetzlich sei die „Letzte Generation“ eine kriminelle Vereinigung, wie der Gesetzgeber sie gemeint habe.

Hier wird der Versuch unternommen, den Boten der wissenschaftlich fundierten Nachricht, nämlich dass nur wenige Jahre in der Klimakatastrophe bleiben, um klimaneutral zu werden, wenn Menschen in Zukunft noch auf der Erde leben wollen, zu kriminalisieren und damit mundtot zu machen.

Das sagte die Rechtsanwältin von Henning Jeschke als erste Reaktion.

Die politisch Verantwortlichen brechen das Recht, wenn internationale Vereinbarungen zum Klimaschutz und die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zum Klimaschutz ignoriert werden.

ergänzte der Rechtsanwalt von Jakob Beyer. Seine Kollegin fügte an:


Das wird ein langes Verfahren. Wir sind im Recht und wir werden für dieses Recht kämpfen.

Die Verteidiger:innen stellen in Frage, warum tatsächlich gewaltsame Bauernproteste mit Traktoren und verunglückten Menschen anders behandelt werden als der friedliche Protest ihrer Mandant:innen.

Unsere Aufgabe als Strafverteidiger:innen ist es, den vorschnellen und politisch geforderten Griff nach strafrechtlicher Sanktionierung zu verhindern. Das werden wir hier mit Überzeugung und Freude tun,

schließen zwei der Rechtsanwälte.

Was kommt nun?

Der Verein Rückendeckung für eine Aktive Zivilgesellschaft (RAZ) e.V. unterstützt die fünf nun Angeklagten juristisch wie auch emotional-psychologisch. Im Zuge der Kampagne Menschen gegen Öl wird weiterhin öffentliche Sichtbarkeit gegen diesen erschreckenden Schritt der Staatsanwaltschaft Neuruppin geschaffen.
Die Letzte Generation veranstaltet im Zuge der Kampagne Menschen gegen Öl am 22. Mai 25, dem Tag nach der Anklageerhebung, eine Versammlung in Berlin, bei die Angeklagten wie auch diverse Personen aus Kunst, Kultur, Politik, Wirtschaft und Zivilgesellschaft ihr Wort erheben werden.

Verhandlungstermine sind bisher keine angesetzt. Es ist davon auszugehen, dass das Verfahren sich über Monate ziehen wird, in denen die fünf Beschuldigten sich wöchentlich zu Verhandlungen in Potsdam einfinden müssen.
Allein die Ermittlungsakten im Verfahren sind tausende Seiten lang.

Konkret droht den fünf Angeklagten eine Haftstrafe von bis zu 5 Jahren – die Konsequenzen der Ermittlungen sind aber viel weitreichender. Der Tatbestand im Paragraphen ist so weit gefasst, dass selbst kleinste Unterstützungshandlungen darunter fallen könnten. Kaffee kochen beim Gemeinschaftstreffen, Flyer verteilen für Vorträge, Grafikdesign für die Website: die Ermittlungen schaffen eine bedrohliche Atmosphäre, die Menschen von ihrem gesellschaftlichen Engagement abbringt.
Die häufig unscharfen Trennlinien zwischen verschiedenen Kampagnen und Organisationen schaffen noch mehr Unsicherheit.

Auch öffnet dieser erste Dammbruch Tür und Tor für Ermittlungen gegen weitere Gruppen, die sich für Gerechtigkeit und Demokratie und gegen Zerstörung und Unrecht einsetzen.

14.05.2024: Ermittlungen der Staatsanwaltschaft München und Flensburg - ein reines Ermittlungsglücksrad

Abhöraktionen, Hausdurchsuchungen und das Erstellen von Bewegungsprofilen haben es vermuten lassen. Nun steht fest: Neben Neuruppin ermitteln auch München und Flensburg gegen einzelne Unterstützer:innen der Letzten Generation wegen Bildung einer kriminellen Vereinigung. Die Letzte Generation nimmt dies zum Anlass, die Willkür und absurde Härte, mit der gegen friedlichen Protest vorgegangen wird, zu verdeutlichen. 

In der Münchner Innenstadt haben Unterstützer:innen der Letzten Generation ein „Glücksrad“ aufgestellt, das von einer Person in schwarzer Jurist:innen-Robe gedreht wird. Der Zufall entscheidet, in welcher Stadt die anstehenden Personen angeklagt werden sollen - oder ob sie fürs Erste verschont bleiben. Zur Auswahl standen eine strafrechtliche Verfolgung durch die Staatsanwaltschaft Neuruppin, München oder Flensburg, sowie der glückliche und zutiefst erleichternde Fall in keinem der Verfahren als Hauptverdächtigte:r geführt zu werden. 

Die Ermittlungen der verschiedenen Staatsanwaltschaften betreffen eine große Bandbreite an Personen: Einige haben in Museen protestiert, andere haben sich an Straßenblockaden beteiligt. Letztlich geht es in den Ermittlungen nicht darum, was die Menschen konkret getan haben. Es geht darum, dass sie sich mit anderen zusammengetan haben, um in der Krise gemeinsam etwas zu verändern.

Lina Johnsen, Sprecherin der Letzten Generation und Kandidatin für die diesjährige EU-Wahl, erklärt: „Der Protest heute zeigt auf: Die absurde Willkür der Justiz im Umgang mit Klimaprotest kann jede*n treffen. Die vollkommen unübersichtlichen Ermittlungen und das willkürliche Herauspicken Einzelner haben ein ganz klares Ziel: Einschüchterung und Abschreckung. Dabei ist Protest, auch oder gerade wenn er stört, essentieller Bestandteil einer lebendigen Demokratie. Und gerade in Zeiten einer eskalierenden Klimakatastrophe, in der rechtsextreme Kräfte an unseren Grundwerten sägen, darf kein Mensch sich davor fürchten, aktiv zu werden, um unsere Demokratie am Leben zu erhalten.“

28.03.2024: Über 2000 Stellungnahmen an Staatsanwaltschaft Neuruppin

Zwei der Beschuldigten von der Letzten Generation im Neuruppiner Verfahren wegen Bildung einer kriminellen Vereinigung liefern über 2000 Stellungnahmen, die über die Menschen gegen Öl Kampagne gesammelt wurden, in Aktenordnern bei der Staatsanwaltschaft Neuruppin ab. 

Unter den Verfasser:innen der Stellungnahmen sind unter anderem Rechtswissenschaftler:innen, Lehrer:innen, Doktor:innen, Handwerker:innen, Ingenieru:innen, Schüler:innen und Rentner:innen. Unternehmen, wie die GLS-Bank, der Mobilfunkanbieter WEtell, und die Stromanbieter EWS, Naturstrom und Green Planet Energy veröffentlichen ebenfalls Stellungnahmen, sowie Pressemitteilungen und Aufrufe zur Beteiligung. Des Weiteren beteiligen sich Vertreter:innen zahlreicher Organisationen und Vereine wie Amnesty International und Greenpeace. 

Auch Personen des öffentlichen Lebens äußern sich kritisch zur geplanten Anklage. Darunter sind die Autorin Cornelia Funke, der Schriftsteller Marc-Uwe Kling, die Kabarettistin Anny Hartmann, die Aktivistin und Politiker Carola Rackete, Priester Jörg Alts SJ, sowie der Mitbegründer der KlimaUnion Heinrich Stößenreuther.

Nach eingereichter, formeller Beschwerde der fünf Beschuldigten bei dem UN-Sonderberichterstatter für Klimaschützer:innen Michel Forst, hat dieser zugesagt, aufgrund seines Mandats unter der Aarhus-Konvention tätig zu werden. Er wendet sich direkt an die Staatsanwaltschaft Neuruppin.

19.02.2024: Aufforderung zur Stellungnahme

Die Anwält:innen der 5 Beschuldigten im Neuruppiner Verfahren erhalten Post von der Staatsanwaltschaft. Die Beschuldigten haben nun die Möglichkeit, bis 28.03.2024 zur Anklage Stellung zu nehmen.

21.10.2023: Ermittlungen gegen fünf "Rädelsführer:innen"

Mirjam Herrmann hält ein Mikrophon in der Hand.Mirjam Herrmann legt auf der Buchmesse Frankfurt offen, dass Neuruppin die Ermittlungen auf 5 Menschen beschränkt - inklusive ihr.


In Telefongesprächen mit der Staatsanwaltschaft zeichnet sich ab, dass im Herbst entschieden werden soll, ob nach § 129 StGB Anklage erhoben wird, oder ob die Einzeltaten (Pipeline abdrehen, Gemäldeprotest, BER-Blockade, etc) angeklagt werden. Bis zum Ende des Jahres 2023 soll die Anklage erhoben werden.

19.07.2023: Berliner Strafverfolgungsbehörden verneinen Anfangsverdacht

Berliner Strafverfolgungsbehörden verneinen erneut einen Anfangsverdacht der Bildung einer kriminellen Vereinigung im Fall der Letzten Generation. 

Die neue Justizsenatorin Berlins, Felor Badenberg, hatte im Mai erneut eine rechtliche Prüfung in Auftrag gegeben. Ein Sprecher der Justizverwaltung gab am 19.07.2023 bekannt, dass ein solcher Anfangsverdacht abzulehnen sei. 

https://www.lto.de/recht/nachrichten/n/letzte-generation-keine-kriminelle-vereinigung-berlin-justizsenatorin-pruefung-ergebnis/ 

07.07.2023: Forderung nach Überprüfung der Abhörmaßnahmen

Die Gesellschaft für Freiheitsrechte e.V. (GFF) und Reporter ohne Grenzen (RSF) fordern gemeinsam mit drei Journalisten eine gerichtliche Überprüfung der Abhörmaßnahmen 

Gemeinsam mit der GFF und RSF reichen Ronen Steinke (SZ), Henrik Rampe (frei) und Jörg Poppendiek (rbb) einen Antrag beim Amtsgericht München ein, um die Abhörmaßnahmen der Generalstaatsanwaltschaft München gegen das Pressetelefon der Letzten Generation gerichtlich prüfen zu lassen. 

Statement der GFF: Abhören des Pressetelefons der Letzten Generation verstößt gegen die Pressefreiheit – GFF und Reporter ohne Grenzen gehen mit betroffenen Journalisten vor Gericht 
Später geht auch der bayerische Journalistenbund juristisch gegen die Überwachung vor.

23.06.2023: Bekanntwerden von Abhöraktionen

Es wird bekannt, dass Ermittlungsbehörden, laut einem Bericht von Ronen Steinke, monatelang Telefongespräche von Unterstützer:innen der Letzten Generation abgehört haben. Neben dem Pressetelefon wurden weitere Zugänge überwacht, u.a. das Mobiltelefon von Carla Hinrichs, Sprecherin der Letzten Generation. Ein Ermittlungsvermerk stamme anscheinend vom 07. November 2022. Dies deute darauf hin, dass bereits monatelang Gespräche mitgehört wurden. https://www.sueddeutsche.de/politik/letzte-generation-bayerisches-lka-pressefreiheit-1.5960778?reduced=true 

24.05.2023: Hausdurchsuchungen, Gelder eingefroren, Website beschlagnahmt

15 Hausdurchsuchungen im Auftrag der Staatsanwaltschaft München in sieben Bundesländern. Betroffen sind neben Unterstützer:innen der Letzten Generation auch zwei Werbeagenturen aus Berlin, die Flyer für Fridays for Future gedruckt haben und ein Bühnentechniker von Fridays for Future. Hier wird unter anderem eine Liste mit Namen von tausenden Menschen beschlagnahmt, die Mobi-Material bei Fridays for Future bestellt haben. Hintergrund ist der Tatvorwurf Bildung einer kriminellen Vereinigung. 
In diesem Zusammenhang wurden Gelder beschlagnahmt und Konten eingefroren. Vorwurf gegen die Beschuldigten war, dass Spendengelder von mindestens 1,4 Millionen Euro zur Finanzierung weiterer Straftaten eingesammelt wurden. 

Außerdem wurde die Domain der Letzten Generation beschlagnahmt und auf eine Website der Polizei Bayern umgeleitet. Dort wurde folgender Hinweis eingeblendet: „Die Letzte Generation stellt eine kriminelle Vereinigung gemäß § 129 StGB dar! (Achtung: Spenden an die Letzte Generation stellen mithin ein strafbares Unterstützen der kriminellen Vereinigung dar!)“

Im Laufe des Tages kam es zu zahlreichen Solidarisierungen von zivilgesellschaftlichen Akteur:innen, sowie Kundgebungen und Demonstrationen. 

 

Nach reichlich Kritik (Verstoß gegen die Unschuldsvermutung) musste die Generalstaatsanwaltschaft München im Laufe des Tages einräumen, dass sie bei der Beschlagnahmung der Domain der Letzten Generation einen Fehler gemacht hat. Hier nachzulesen: https://www.tagesschau.de/investigativ/ndr/letzte-generation-website-behoerden-bayern-100.html 

09.01.2023: Selbstanzeigen

Abgabe von über 1.700 Selbstanzeigen an die Neuruppiner Staatsanwaltschaft. Bereits Ende Dezember haben sich mehr als 1300 Menschen als Unterstützer:innen der Letzten Generation bei der Staatsanwaltschaft Neuruppin selbst angezeigt. Im Januar wurde dann eine Liste mit 1700 Namen an die Neuruppiner Staatsanwaltschaft übergeben.
https://www.tagesschau.de/inland/letzte-generation-selbstanzeigen-101.html 

13.12.2022: Hausdurchsuchungen

Hausdurchsuchungen bei elf Unterstützer:innen der Letzten Generation, fünf davon zu der Zeit in Präventivhaft in Bayern, im Auftrag der Staatsanwaltschaft Neuruppin. Die Durchsuchungen scheinen im Zusammenhang mit Protesten in Brandenburg, z.B. bei der PCK-Raffinerie Schwedt, zu stehen. Vorwurf lautet “Bildung einer kriminellen Vereinigung”. 

https://www.tagesschau.de/inland/innenpolitik/razzien-letzte-generation-101.html